Posted: 01 Feb. 2022 6 min. read

USt-frei oder USt-pflichtig? EuGH zur Einheitlichkeit der Leistung vs. Aufteilungsgebot bei Betriebsvorrichtungen

Überblick

Der deutsche BFH hat dem EuGH eine Frage betreffend das Spannungsverhältnis zwischen der Einheitlichkeit der Leistung und dem Aufteilungsgebot zur Vorabentscheidung vorgelegt. Im Ausgangssachverhalt wurde ein Stallgebäude zur Putenaufzucht samt der auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen verpachtet. In diesem Zusammenhang ist fraglich, ob der gesamte Umsatz von der Umsatzsteuer befreit ist oder ob das Entgelt auf einen umsatzsteuerfreien und einen umsatzsteuerpflichtigen Teil aufgeteilt werden muss.

Sachverhalt

Der Kläger verpachtete ein Stallgebäude zur Putenaufzucht mit auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen, welche speziell abgestimmte Ausstattungselemente für die vertragsgemäße Nutzung als Putenaufzuchtstall sind. Der Kläger ging davon aus, dass die Verpachtung der Stallgebäude und der Vorrichtungen und Maschinen insgesamt von der Umsatzsteuer befreit ist. Grundsätzlich sehen die Mehrwertsteuersystemrichtlinie und das deutsche Umsatzsteuergesetz eine Befreiung für die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken vor. Jedoch sind bestimmte Umsätze – wie auch die Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen - hiervon ausgeschlossen. Das Finanzamt war hierbei der Ansicht, dass das Pachtentgelt, welches auf die Verpachtung der Vorrichtungen entfällt, umsatzsteuerpflichtig ist. Im Rechtsmittelverfahren ging das Finanzgericht jedoch davon aus, dass insgesamt und somit auch im Umfang der Verpachtung der eingebauten Vorrichtungen und Maschinen eine steuerfreie Leistung vorliegt. Dies wurde mit Verweis auf ein EuGH-Urteil begründet, nach welchem eine einheitliche Leistung vorliegt, wenn ein zur Miete angebotenes Gebäude mit begleitenden Leistungen in wirtschaftlicher Hinsicht objektiv eine Gesamtheit bildet.

Vorlagefrage

In einem weiteren Schritt befasste sich der BFH mit der Rechtssache, wobei der BFH folgende Frage an den EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt hat: Erfasst die Steuerpflicht für die Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen nur die isolierte (eigenständige) Vermietung derartiger Vorrichtungen und Maschinen oder auch die Vermietung (Verpachtung) derartiger Vorrichtungen und Maschinen, die auf Grund einer zwischen denselben Parteien erfolgenden Gebäudeverpachtung (und als Nebenleistung zu dieser) steuerfrei ist?

Würdigung des BFH

Zu Beginn führt der BFH aus, dass grundsätzlich nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ein Umsatz nicht künstlich aufgespalten werden soll. Deshalb liegt eine einheitliche Leistung vor, wenn mehrere Einzelleistungen oder Handlungen des Steuerpflichtigen für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Für den Vorrang der einheitlichen Leistung führt der BFH folgende Argumente an:

  • In einem vorangegangenen Urteil hat der EuGH im Zusammenhang mit Fahrzeugabstellplätzen (Anm Fahrzeugabstellplätze sind wie auch Betriebsvorrichtungen grundsätzlich von der Befreiung ausgenommen) entschieden, dass die Vermietung des Grundstücks und die Vermietung des Fahrzeugabstellplatzes einen „einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang“ darstellen, wonach insgesamt eine steuerfreie Leistung vorliegt.
  • In einer anderen Rechtssache hat der EuGH festgehalten, dass die Überlassung von Inventar, welches grundsätzlich nicht unter die Steuerbefreiung fällt, Nebenleistung zu einer steuerfreien Gebäudeüberlassung sein kann. Der Charakter der Nebenleistung führte hier dazu, eine ansonsten nicht bestehende Steuerfreiheit zu erlangen.
  • Der BFH führte auch noch eine weitere Rechtssache an, bei welcher die zugrunde liegenden Leistungen ein geführter Stadionrundgang sowie der anschließende Besuch eines Museums des Fußballclubs waren. Eine reine Museumsbesichtigung war nicht möglich. Der EuGH entschied in diesem Zusammenhang, dass eine einheitliche Leistung, die aus zwei separaten Bestandteilen, einem Haupt- und einem Nebenbestandteil, besteht, für die bei getrennter Erbringung unterschiedliche Steuersätze gelten, nur zu dem für diese einheitliche Leistung geltenden Mehrwertsteuersatz zu besteuern ist.

Als Konsequenz wäre der Ausschlusstatbestand für Betriebsvorrichtungen nur auf die isolierte Überlassung von Vorrichtungen und Maschinen anwendbar.

Als Argument für die Anwendung des Aufteilungsgebots brachte der BFH vor, dass sich die Überlassung von Grundstücken und die von Maschinen und Vorrichtungen ihrer Art nach unterscheiden. Für diese Sichtweise könnte sprechen, dass die Verpachtung von Vorrichtungen und Maschinen im Widerspruch zum passiven Charakter der Vermietung steht. Als Folge wäre das Entgelt auf einen steuerfreien und einen steuerpflichtigen Teil aufzuspalten.

Fazit

Die Entscheidung des EuGHs bleibt mit Spannung abzuwarten. Diese wird auch für österreichische Fälle von Relevanz sein, da die Befreiung und der Ausschlusstatbestand im nationalen Umsatzsteuergesetz umgesetzt sind. 


Anmeldung zum Erhalt von Informationen und Newslettern

Ihr Kontakt

Mag. (FH) Verena Gabler

Mag. (FH) Verena Gabler

Partner Steuerberatung | Deloitte Österreich

Verena Gabler ist Partner im Bereich Steuerberatung und leitet die Tax Management Consulting Abteilung bei Deloitte Österreich. Die Umsatzsteuer-Spezialistin hat sich auf die Prozessberatung spezialisiert und unterstützt ihre Klienten bei der Entwicklung und Implementierung von Steuerkontrollsystemen. Dabei begleitet sie ihre Klienten bei der Analyse und Reduktion von steuerlich relevanten Risiken, der Optimierung von Prozessen und der Erhöhung des Automatisierungsgrades der Steuerfunktion durch den Einsatz von steuerrelevanter Software.