Posted: 09 May 2022 5 min. read

Finanztransaktionen: Annäherung deutscher Rechtsprechung an OECD- VPL

Überblick

Der deutsche Bundesfinanzhof (BFH) hat im abgelaufenen Jahr in zwei Urteilen die deutsche Rechtsansicht hinsichtlich konzerninterner Finanzierungen konkretisiert. In den Urteilen finden sich detaillierte Aussagen zu den Themen Methodenwahl, Erstellung von Ratings und Nachrangigkeit von Gesellschafterdarlehen.

Methodenwahl – Vorrang der Preisvergleichsmethode

Grundsätzlich sehen die OECD Verrechnungspreisleitlinien (OECD-VPL) zu Finanztransaktionen eine Präferenz der Preisvergleichsmethode für die Bepreisung von konzerninternen Darlehen vor. Im Gegensatz hierzu war dem nun aufgehobenen Urteil des Finanzgerichtes zu entnehmen, dass in erster Linie die Kostenaufschlagsmethode für die Bepreisung von konzerninternen Darlehen anzuwenden sei. Auch wenn der hiermit vergleichbare „Cost of Funds“ Ansatz grundsätzlich auch von den OECD Verrechnungspreisleitlinien vorgesehen ist, so handelte es sich hinsichtlich der Präferenz einzelner Methoden dennoch um eine wesentliche Diskrepanz zwischen der Ansicht des Finanzgerichtes und der OECD.

Der BFH urteilte am 18.5.2021 (I R 4/17), dass die Ausführungen des Finanzgerichtes nicht frei von Rechtsfehlern sind. Der BFH hält hierbei fest, dass der Preisvergleichsmethode durchaus der Vorzug zu geben sei. In seiner Begründung verweist der BFH hierbei unter anderem explizit auf die OECD-VPL zu Finanztransaktionen.

Erstellung von Ratings

In der oben angeführten Rechtssache vertrat das Finanzgericht auch die Meinung, dass Ratingeinschätzungen, welche auf nicht offengelegten Algorithmen beruhen, nicht zu akzeptieren sind, da diese nicht ausreichend nachvollziehbar seien. Im vorliegenden Sachverhalt handelt es sich um eine Ratingeinschätzung durch das „CreditModel“ der Ratingagentur Standard and Poor’s.

Zu Ratings für konzerninterne Kreditnehmer hielt der BFH fest, dass diese grundsätzlich auch mit derartigen Modellen erstellt werden können. Wesentlich ist, dass es sich bei diesen Modellen um „eine von der Marktpraxis anerkannte und angewandte Grundlage für die Bonitätsbeurteilung von Unternehmen handelt“.

Weiters hält der BFH fest, dass fremde Kreditgeber bei der Beurteilung der Kreditwürdigkeit einer Konzerngesellschaft einerseits nicht bloß auf des „Stand-Alone“ Rating eines Kreditnehmers abstellen würden, andererseits aber auch nicht automatisch auf die Konzernbonität abstellen würden. Vielmehr sei die strategische Bedeutung der kreditnehmenden Gesellschaft für den Gesamtkonzern entscheidend dafür, ob und in welchem Ausmaß die Konzernzugehörigkeit das Stand-Alone Rating einer Gesellschaft verbessert.

Gesetzlich angeordnete Nachrangigkeit vs. Fremdvergleichsgrundsatz

Im zweiten Urteil vom 18.5.2021 (I R 62/17) beschäftigt sich der BFH mit der Frage, inwiefern die Nachrangigkeit von konzernintern vergebenen Darlehen bei der Zinsermittlung relevant ist. Hierbei hält der BFH fest, dass unverbundene Kreditgeber für die Vergabe von nachrangigen, unbesicherten Krediten wohl eine höhere Vergütung als für vorrangige und/oder besicherte Kredite erwarten würden. Daher entspricht es nach Ansicht des BFH dem Fremdvergleichsgrundsatz auch bei konzerninternen nachrangigen bzw unbesicherten Krediten eine höhere Vergütung zur Vergütung der zusätzlichen Risiken aus der Nachrangigkeit/Unbesichertheit anzusetzen.

Im Urteil erwähnt der BFH auch, dass es nicht von Relevanz sei, ob diese Nachrangigkeit vertraglich vereinbart ist – wie dies auch mit fremden Dritten möglich ist – oder sich aus gesetzlichen Vorschriften ergibt – wie dies bei konzerninternen Darlehen oftmals der Fall ist. In beiden Fällen würde sich ein fremder Dritter Kreditgeber eine risikoadäquate Vergütung erwarten.

Fazit

Die beiden nun durch den BFH aufgehobenen Urteile von Finanzgerichten stießen in der Vergangenheit in Fachkreisen auf einiges an Unverständnis, da diese ein deutliches Abweichen von der bisherigen Praxis und Lehre hinsichtlich der fremdüblichen Bepreisung von konzerninternen Finanztransaktionen darstellten. Insbesondere das Urteil des FG Münster (siehe „Methodenwahl“ und „Erstellung von Ratings“) wurde, wie selbst der BFH in dessen Urteil festhält, im Schrifttum äußerst kritisch gesehen. Beide Urteile waren nur bedingt mit den Aussagen der OECD in derer Leitlinien zu Finanztransaktionen vereinbar. Diese abweichende Auslegung des Fremdvergleichsgrundsatzes in Zusammenhang mit Finanztransaktionen zwischen Deutschland und der OECD hätte wohl künftig zu einer Vielzahl von Besteuerungsstreitigkeiten geführt.

Es ist daher zu begrüßen, dass der BFH diese Urteile nun aufgehoben hat und dessen Begründung sehr stark an die OECD-VPL anlehnt bzw diese auch teilweise direkt zitiert. Der BFH bestätigt in dessen Rechtsprechung nun den Vorrang der Preisvergleichsmethode bei Finanztransaktionen (wenngleich auch andere Methoden im Einzelfall anwendbar sein können) sowie die gängige Praxis der Erstellung von Ratings für die Einstufung der Bonität von Kreditnehmern und hält auch fest, dass die Nachrangigkeit von Darlehen, sei diese auch nur gesetzlich angeordnet und nicht vertraglich vereinbart, Einfluss auf die Bepreisung von konzerninternen Finanztransaktionen hat. 

 

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Daniel Gloser, MSc (WU)

Daniel Gloser, MSc (WU)

Manager Steuerberatung | Deloitte Österreich

Daniel Gloser ist seit 2017 Berufsanwärter in der Steuerberatung bei Deloitte. Als Teil des Verrechnungspreis Teams unterstützt er in der Beratung von multinational agierenden österreichischen Unternehmen und österreichischen Geschäftseinheiten ausländischer Unternehmensgruppen. Der Tätigkeitsumfang reicht hierbei von der Erstellung über die Dokumentation bis hin zur Verteidigung von Verrechnungspreissystemen in Außenprüfungen.