Posted: 16 Jun. 2022 8 min. read

Keine Beseitigung der Doppelbesteuerung bei selbst verschuldeter Steuerzahlung im Ausland

Überblick

Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 30. Juni 2021, Ra 2021/15/0042, eine Revision zurückgewiesen, welche auf Beseitigung einer Doppelbesteuerung durch unilaterale Maßnahme gem § 48 BAO (nunmehr § 48 Abs 5 BAO) gerichtet war. Durch Zurückweisung der Revision machte der VwGH deutlich, dass der nunmehrige § 48 Abs 5 BAO nicht als Maßnahme zur Steuersanierung dient, wenn die Doppelbesteuerung selbst verursacht wurde. Zugleich bestätigt der VwGH seine bestehende Rechtsansicht, wonach eine Maßnahme iSd nunmehrigen § 48 Abs 5 BAO nur dann zulässig ist, wenn eine „echte (juristische) internationale Doppelbesteuerung“ vorliegt.

 

Sachverhalt

Im Jahre 2009 wurde durch den Revisionswerber in der Republik Malta eine Limited Gesellschaft (Ltd.) errichtet. Der Revisionswerber war alleiniger Gesellschafter der Ltd. Im Zeitraum 2010 bis 2013 erklärtet die Ltd. Einkünfte in Malta zwischen EUR 100.000,- und EUR 210.000,- . Diese Gewinne wurden effektiv mit einem Steuersatz von 5 % besteuert. Seit Anfang 2015 befand sich die Ltd. in Liquidation und wurde vom maltesischen Handelsregister gelöscht.

Nach der Liquidation der Gesellschaft wurde beim Einzelunternehmen des Revisionswerbers in Österreich eine Außenprüfung durchgeführt. Die Außenprüfung stellte dabei fest, dass die Ltd. die von ihr fakturierten Leistungen mangels persönlicher und organisatorischer Ausstattung gar nicht erbringen hätte können, weshalb die in Malta versteuerten Einkünfte dem Revisionswerber zugerechnet wurden. Gegen die entsprechenden Einkommensteuerbescheide wurde vom Revisionswerber keine Beschwerde erhoben. In weiterer Folge brachte der Abgabeverpflichtete in der Republik Malta einen Antrag auf Rückerstattung der entrichteten Steuer ein. Die maltesische Steuerbehörde teilte idZ mit, dass eine Rückerstattung aufgrund der bereits erfolgten Liquidation der Ltd. nicht mehr geltend werden könne. Der Revisionswerber beantragte daraufhin beim Bundesministerium für Finanzen (BMF) die Einleitung eines Verständigungsverfahrens mit Malta, welches jedoch scheiterte, da die zuständige maltesische Behörde an ihrer Position festhielt, wonach keine Möglichkeit mehr bestehe für eine bereits liquidierte Ltd. Steuern zurückzufordern – unabhängig davon, ob nach dem DBA Malta ein Besteuerungsrecht zukomme oder nicht.

In letzter Konsequenz stellte der Revisionswerber einen Antrag beim BMF auf unilaterale Steuerentlastung im Sinne des nunmehrigen § 48 Abs 5 BAO). Das BMF wies den Antrag mit der Begründung ab, dass der Revisionswerber einerseits die Besteuerung in Österreich durch eine Bescheidbeschwerde hätte bekämpfen können und andererseits hätte er in Malta – wenn er davon ausgegangen ist, dass die dortige Besteuerung entgegen seiner ursprünglichen Steuerentrichtung unrichtig war – von seinem Recht auf Erstattung der Steuer Gebrauch machen können. Dagegen erhob der Revisionswerber fristgerecht Beschwerde, welche vom BMF ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung dem BFG vorgelegt wurde.

 

Entscheidung des BFG

Das BFG (RV/7105428/2019) wies die erhobene Beschwerde als unbegründet ab. In seiner Entscheidung führte das BFG zu Beginn aus, dass das Tatbestandsmerkmal „Abgabenhoheit mehrerer Staaten“ erfüllt sei, da dieselben Einkünfte sowohl in Malta bei der Ltd., als auch in Österreich beim Revisionswerber der Besteuerung unterzogen worden seien. Laut BFG ist dieses Tatbestandsmerkmal auch dann erfüllt, wenn die (doppelte) Besteuerung bei unterschiedlichen Abgabepflichtigen erfolgt.

Im gegenständlichen Fall habe die Ltd. allerdings keinen Steuertatbestand verwirklicht, weil sie keine der maltesischen Abgabenhoheit unterliegenden Einkünfte erwirtschaftet habe. Vielmehr seien in Malta lediglich dem Revisionswerber für die Jahre 2010 bis 2013 persönlich in Österreich zuzurechnende Einkünfte erklärt worden. Zudem müssten Maßnahmen gem § 48 BAO zur Ausgleichung der in- und ausländischen Besteuerung „erforderlich“ und nicht nur „dienlich“ sein. Vom Vorliegen der „Erforderlichkeit“ kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden, da der Revisionswerber die Erhebung von Steuern in Malta selbst durch sein Verhalten verursacht hat und durch Liquidation der maltesischen Gesellschaft eine Steuerrückerstattung verunmöglicht hat.

Gegen diese Entscheidung wurde außerordentliche Revision eingebracht. Zu Zulässigkeit der Revision wurde vorgebracht, dass hinsichtlich der Rechtsvoraussetzungen für die Anwendung des nunmehrigen § 48 Abs 5 BAO fraglich sei, ob diese dennoch erfüllt sein könnten, wenn sich nachträglich herausstelle, dass der Steuerpflichtige keine im Ausland der dortigen Abgabenhoheit unterliegenden Einkünfte erwirtschaftet habe. Hinsichtlich der Ermessensausübung der Behörde sei außerdem fraglich, unter welchen Gesichtspunkten eine Billigkeit zu interpretieren sei und ob der Ermessensspielraum überschritten werde, wenn die Behörde dem Steuerpflichtigen pauschal mit dem Argument die Anrechnung verwehre, dass in Steuerumgehungsfällen nicht mit einer nachträglichen Sanierung durch den nunmehrigen § 48 Abs 5 BAO gerechnet werden dürfe.

 

Entscheidung des VwGH

Zunächst äußert sich der VwGH zur Sichtweise des BFG, dass eine Doppelbesteuerung, die bei zwei verschiedenen Steuerpflichtigen eintritt, ebenfalls von der Maßnahme des nunmehrigen § 48 Abs 5 BAO erfasst sein kann. Dies steht im Gegensatz zur ständigen Rechtsprechung des VwGH, wonach die Zulässigkeit einer Entlastungsmaßnahme dann zu bejahen ist, wenn eine echte (also juristische) Doppelbesteuerung vorliegt. Dieses Thema war allerdings nicht Gegenstand der vorgelegten Revision.

Hinsichtlich Anwendbarkeit des nunmehrigen § 48 Abs 5 BAO erläuterte der VwGH, dass es der Revision nicht gelungen ist, im Bereich des Ermessens eine Rechtswidrigkeit der Entscheidung des BFG aufzuzeigen. Nach Rechtsprechung des VwGH hat der eine Begünstigung in Anspruch nehmende Abgabenpflichtige selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen aller jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann. Diesbezüglich ergänzt der VwGH, davon ausgehend, dass der Revisionswerber ein Rechtsmittel gegen die österreichischen ESt-Bescheide wegen Aussichtslosigkeit nicht erhoben hat, wäre es jedenfalls seine Aufgabe gewesen, im Verfahren darzulegen, aus welchen – im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigenden – Umständen er nicht von vornherein die Einkünfte in Österreich erklärt hat. Dies hat der Revisionswerber unterlassen, obwohl sich das BMF in seinem Bescheid darauf gestützt hat, dass unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit zu berücksichtigen sei, dass sich der Revisionswerber eines Steuerumgehungsmodells bedient habe, mit dem der Besteuerungshoheit Österreichs unterliegende Einkünfte in eine funktionslose Gesellschaft in Malta verschoben werden sollten. Dazu kommt, dass der Revisionswerber durch die Liquidation der Ltd. eine Möglichkeit auf Erstattung der Körperschaftsteuer in Malta verwirkt hat.

Die Revision war daher als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fazit

In der vorliegenden Entscheidung bestätigt der VwGH seine Rechtsprechung, wonach die Zulässigkeit einer Entlastungsmaßnahme des nunmehrigen § 48 Abs 5 BAO) nur dann zu bejahen ist, wenn eine echte (juristische) Doppelbesteuerung vorliegt. Darunter versteht man eine Erhebung gleicher/gleichartiger Steuern von demselben Steuerpflichtigen. Im Vergleich dazu erfasst die unechte (wirtschaftliche) Doppelbesteuerung Vorgänge, bei denen derselbe Besteuerungsgegenstand bei verschiedenen Steuerzahlern besteuert wird.

Darüber hinaus hält der VwGH fest, dass das Verfahren nach (nunmehr) § 48 Abs 5 BAO nicht dazu dient, im Festsetzungsverfahren unterlassene Einwendungen (hier Bescheidbeschwerde) nachzuholen. Das berechtige Interesse der Partei (Billigkeit) an der Vermeidung einer Doppelbesteuerung schlägt dann nicht durch, wenn das öffentliche Anliegen an der Einbringung der Abgabe (Zweckmäßigkeit) überwiegt (Steuerumgehungsmodell). 

 

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Wolfgang Prehal, MA

Wolfgang Prehal, MA

Senior Consultant Steuerberatung | Deloitte Österreich

Wolfgang Prehal ist Steuerberater bei Deloitte Wien. Sein Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der laufenden steuerlichen Beratung nationaler und internationaler Unternehmen und Konzernen. Als Teil des Verrechnungspreis Teams unterstützt er zudem in der Beratung von multinational agierenden österreichischen Unternehmen und österreichischen Geschäftseinheiten ausländischer Unternehmensgruppen.

Stefan Käppl, LL.B. (WU)

Stefan Käppl, LL.B. (WU)

Consultant Steuerberatung | Deloitte Österreich

Stefan Käppl ist in der Steuerberatung bei Deloitte Wien beschäftigt. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Bereich der Verrechnungspreisunterstützung.