Im Dezember 2021 traten in Österreich die Novellen zum Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) und zur Verpackungsverordnung (VVO) in Kraft. In Österreich fallen jährlich mehr als 900.000 Tonnen Plastikmüll an, wovon ungefähr 50.000 Tonnen auf Getränkeverpackungen entfallen. Mit Regelungen zum Ausbau von Mehrwegsystemen, der Reduktion von Einwegkunststoff-Verpackungen sowie Adaptierungen hinsichtlich der Sammlung von Kunststoffverpackungen, sollen ökologisch nachhaltige Zielsetzungen, wie die Reduzierung von Abfall aus nicht-abbaubaren Stoffen, umgesetzt und die stetig steigenden Müllmengen reduziert werden.
In Verkaufsstellen des Lebensmitteleinzelhandels mit über 400 m² wird ein verbindliches Mehrwegangebot von Getränkeverpackungen eingeführt. Bis Ende des Jahres 2025 haben Letztvertreiber:innen Getränke zu einer bestimmten Quote in Mehrwegverpackungen anzubieten. Von dieser Regelung der AWG-Novelle 2021 sind die Getränkekategorien Bier, Wässer, Saft, Milch und alkoholfreie Erfrischungsgetränke erfasst. Konkret sind hierbei, je nach Getränkekategorie, bestimmte Angebotsquoten zu erfüllen, wobei sich die Quote jeweils auf die Anzahl der insgesamt angebotenen Artikel in den einzelnen Kategorien bezieht. Für Bier soll beispielsweise eine Mehrwegquote von 15 % gelten; für Saft 10 %. Dies gilt ebenfalls für den Vertrieb im Fernabsatz.
Bereits seit 1.1.2022 sind alle Letztvertreiber:innen von Getränken im Lebensmitteleinzelhandel verpflichtet, Ein- und Mehrwegverpackungen sicht- und lesbar als solche zu kennzeichnen – dies gilt wiederum für Verkaufsstellen ab 400 m². Letztvertreiber:innen von Getränkeverpackungen im (elektronischen) Versandhandel haben ihren Kund:innen die Information „Einweg“ oder „Mehrweg“ vor dem Entschluss zum Kauf bereitzustellen, wie zB auf der Internetseite oder in ihrem Katalog.
Ab dem Jahr 2025 gilt für Plastikflaschen sowie Getränkedosen ein Einwegpfand. Das bedeutet für den Kunden, dass beim Kauf von Einweggetränkeverpackungen ein Pfand fällig wird, der bei Rückgabe der Verpackung im Geschäft rückerstattet wird. Glasflaschen und Getränkeverbundkartons (Einwegverpackungen aus Verbundstoffen für Getränke sowie sonstige flüssige Nahrungsmittel) sind davon nicht erfasst. Der jeweilige Primärverpflichtete ist somit ab 1.1.2025 verpflichtet, für Einwegverpackungen aus Metall oder Kunststoff ein Pfand einzuheben.
Das Inverkehrbringen von Einwegkunststoff-Verpackungen soll bis 2025 um 20 % reduziert werden. Zudem gibt es klare Kennzeichnungspflichten für bestimmte Einwegkunststoffprodukte. Konkret gilt dies für Getränkebecher, Tabakprodukte, Feuchttücher und Damenhygieneprodukte. Bestimmte Einwegkunststoffprodukte dürfen aufgrund der AWG-Novelle gar nicht mehr in Verkehr gebracht werden. Hierzu gehören beispielsweise Besteck, Teller und (nicht für medizinische Zwecke verwendete) Trinkhalme.
Das Inverkehrbringen von sogenannten „oxo-abbaubaren Kunststoffprodukten“ – das sind Produkte, die aus Kunststoffen bestehen, welche durch Oxidation einen Zerfall des Kunststoffs in Mikropartikel herbeiführen – ist verboten, da die natürlichen Kompostierungsbedingungen für den Abbau des Kunststoffes nicht gewährleistet sind. Sollten diese Bedingungen binnen einer bestimmten Zeit nicht gegeben sein, bleibt Mikroplastik übrig. Durch das Verbot soll dem ausufernden Mikroplastikaufkommen entgegengewirkt werden.
Zu beachten ist weiters, dass die Kennzeichnungspflichten bzw die Verbote des Inverkehrbringens bestimmter Kunststoffprodukte nur für das Erst-Inverkehrbringen in Österreich gelten. Das bedeutet, dass hiervon vor allem Hersteller:innen und Importeure betroffen sind, da alle einschlägigen Produkte, die Handelsunternehmen bereits zugekauft und auf Lager haben, weiterhin verkehrsfähig sind.
Nach dem AWG besteht eine Verpflichtung zur Teilnahme an einem Sammel- bzw Verwertungssystem für elektronische Märkte und Fulfillment Dienstleister (Logistikdienstleister; meist in Zusammenhang mit E-Commerce). In jenen Systemen wird die Sammlung, Sortierung und Verwertung von Verpackungen organisiert. Mit der Novelle der VVVO wird ab 1.1.2023 die Verpflichtung zur Teilnahme auch auf Einwegkunststoffprodukte, Fangnetze und gewerbliche Verpackungen (mit Ausnahme der Lieferung an Großanlaufstellen oder Eigenimporte) ausgedehnt. Das bedeutet, dass künftig auch diese Produkte möglichst effizient von Anlaufstellen, welche sich darauf spezialisiert haben, sortiert sowie thermisch bzw stofflich verwertet werden müssen.
Die Sammel- und Verwertungssysteme für Haushaltsverpackungen müssen ihre Systemteilnehmer:innen aufgrund der VVO-Novelle dazu verpflichten, jährliche Meldungen über die Masse der in Verkehr gesetzten Einwegkunststoffprodukte abzugeben.
Nach der Novelle des AWG müssen ausländische Fernabsatzhändler:innen, welche in Österreich Elektrogeräte in Verkehr bringen, eine:n sogenannte:n Bevollmächtigtenvertreter:in bestellen. Nach der VVO-Novelle gilt dies ab 1.1.2023 generell für ausländische Personen und Versandhändler:innen, die Verpackungen in Österreich in Verkehr setzen. Für ausländische Hersteller:innen und Fernabsatzhändler:innen gilt die Regelung auch für (bestimmte) in Verkehr gebrachte Einwegkunststoffprodukte. Es gibt also künftig eine:n inländischen Vertreter:in, welche:r die rechtliche Verantwortung übernimmt und die Absatzmengen, die B2C im Fernabsatz abgesetzt werden, künftig an die Sammel- bzw Verwertungsstelle meldet.
Weiters werden Primärverpflichtete durch die VVO-Novelle ab 1.1.2030 dazu verpflichtet, nur mehr wiederverwendbare bzw recyclingfähige Kunststoffverpackungen in Verkehr zu setzen.
Um unsere Umwelt nachhaltig zu schützen, ist es ohne Zweifel erforderlich, nicht-abbaubare Kunststoffe schnellstmöglich zu reduzieren. Der Gesetzgeber unterstützt dieses Vorhaben vor allem durch konkrete Verbote des Inverkehrbringens bestimmter Kunststoffprodukte sowie durch die Einführung von Kennzeichnungspflichten bestimmter Einwegkunststoffprodukte bzw die Bezeichnung von „Einweg“ oder „Mehrweg“-Verpackungen bei Getränken. Durch jene Informationen an die Letztverbraucher:innen sollen diese zu einem umweltbewussteren Konsumverhalten herangeführt werden. Durch die Ausweitung der verpflichtenden Teilnahme an Sammel- bzw Verwertungssystemen, wird ein wichtiger Beitrag zur Optimierung des Sammlungs-, Sortierungs- und Verwertungsprozesses von Verpackungen geschaffen.
Gabriele Etzl ist Partnerin bei Jank Weiler Operenyi Rechtsanwälte (JWO), dem österreichischen Mitglied des globalen Anwaltsnetzwerkes Deloitte Legal, und leitet die Praxisgruppe Real Estate. Zuvor war sie 14 Jahre lang Partnerin im Immobilienbereich einer der größten Anwaltskanzleien Österreichs. Sie ist Expertin für Immobilienrecht mit dem Schwerpunkt nationale und internationale Immobilientransaktionen, Immobilienfinanzierung, Immobilienrestrukturierung, gewerbliches und privates Miet- und Wohnrecht, Bauträgervertragsrecht, sowie öffentliches Immobilienrecht. Sie spricht fließend Deutsch und Englisch und verfügt über Grundkenntnisse der spanischen und französischen Sprache. Gabriele Etzl ist Lehrbeauftragte für Immobilienrecht an der Juristischen Fakultät der Universität Wien und Autorin mehrerer immobilienbezogener Publikationen, insbesondere auch zu Immobilienrecht und Immobilienfinanzierungen in Österreich und CEE.
Kevin Nager ist Rechtsanwaltsanwärter bei Jank Weiler Operenyi RA | Deloitte Legal, der österreichischen Rechtsanwaltskanzlei im globalen Deloitte Legal Netzwerk. Seine Tätigkeitsschwerkpunkte liegen vor allem im Bereich Real Estate und Real Estate Finance.