Posted: 01 Dec. 2022 7 min. read

Kündigungsfristen für Arbeiter:innen im Hotel- und Gastgewerbe

Mit 1.10.2021 sind die Kündigungsfristen der Arbeiter:innen an jene der Angestellten angeglichen worden. Demnach normiert § 1159 ABGB in seiner neuen Fassung nunmehr für Arbeiter:innen die gleichen Kündigungsbedingungen wie für Angestellte. Gemäß § 1159 ABGB können für Branchen, in denen Saisonbetriebe überwiegen, abweichende Regelungen sowohl für die Arbeitgeber:innen als auch für die Arbeitnehmer:innenkündigung festgelegt werden.

Diese Ausnahmebestimmung beschäftigte zuletzt auch den OGH, der sich damit auseinandersetzen musste, ob die neuen Kündigungsfristen auch für Arbeitnehmer:innen, die in den Anwendungsbereich des Kollektivvertrages für Arbeiter:innen im Hotel- und Gastgewerbe fallen, gelten.

 

Die neuen Kündigungsfristen

 

Die neuen Kündigungsfristen richten sich nunmehr, wie bei Angestellten, nach der zurückgelegten Dienstzeit und können zwischen sechs Wochen und fünf Monaten betragen.

Darüber hinaus können Arbeitsverhältnisse mangels abweichender Vereinbarung  von dem:der Arbeitgeber:in nur zum Ende eines Quartals gekündigt werden, wobei es zulässig ist, vertraglich auch eine Kündigungsmöglichkeit zum 15. oder Monatsletzten vorzusehen.

Arbeitnehmer:innen können das Arbeitsverhältnis mangels einer für sie günstigeren Vereinbarung zum Monatsletzten unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist lösen. Wie auch bei Angestellten kann bei Arbeiter:innen diese Frist auf bis zu ein halbes Jahr ausgedehnt werden, solange die Kündigungsfrist des:der Arbeitnehmers:in nicht länger ist als jene des:der Arbeitgebers:in.

 

Abweichende Regelungen durch Kollektivvertrag für die Saisonbranche

 

Gemäß § 1159 Abs 2 und 4 ABGB können für Branchen, in denen Saisonbetriebe iSd § 53 Abs 6 ArbvG überwiegen, von gesetzlich normierten Kündigungsbestimmungen abweichende Regelungen und damit auch kürzere Kündigungsfristen für die Arbeitgeber:innen - als auch Arbeitnehmer:innenkündigung festgelegt werden. Das Gesetz normiert dabei weder was eine Branche noch was ein Saisonbetrieb ist und wann davon auszugehen ist, dass in einer Branche Saisonbetriebe überwiegen. Nach der korrespondierenden Bestimmung des § 53 Abs 6 ArbVG sind Saisonbetriebe Betriebe, die ihrer Art nach

  • nur zu bestimmten Jahreszeiten arbeiten oder
  • die regelmäßig zu gewissen Zeiten des Jahres erheblich verstärkt arbeiten.

Die nicht abschließende gesetzliche Definition der Saisonbetriebe bzw -branchen führte zu Uneinigkeit zwischen den Fachverbänden für Gastronomie und für Hotellerie der Wirtschaftskammer Österreich auf der einen und den österreichischen Gewerkschaftsbund auf der anderen Seite.

Zur Klärung richtete die Wirtschaftskammer Österreich an den OGH einen Feststellungsantrag und beantragte festzustellen, dass die im Kollektivvertrag für Arbeiter:innen im Hotel und Gastgewerbe enthaltene 14-tägige Kündigungsfrist über den 30.9.2021 hinaus wirksam ist, zumal es sich bei der Branche des Hotel- und Gastgewerbes um eine Branche handle, in der Saisonbetriebe überwiegen.

 

Entscheidung des OGH zu GZ 9 ObA 116/21f

 

Der OGH sprach in der daraufhin ergehenden Entscheidung im März 2022 aus, dass die gesetzliche Neuregelung der Kündigungsfristen nicht automatisch zur Unwirksamkeit bestehender kollektivvertraglicher Regelungen führe, sofern sie nicht den gesetzlichen Regelungen widersprechen. Um zu klären, ob für Arbeiter:innen im Hotel- und Gastgewerbe nach wie vor die im Kollektivvertrag normierte 14-tägige Kündigungsfrist anzuwenden ist, sei zu klären, ob es sich bei der Branche des Hotel- und Gastgewerbes tatsächlich um eine Saisonbranche iSd § 53 Abs 6 ArbVG handelt.

Der OGH prüfte dabei zunächst die Abgrenzung der Branche iS eines eigenen Wirtschaftszweiges sowie die zahlenmäßige Verteilung bloß saisonaler, also nur zu bestimmten Jahreszeiten geöffneter Betriebe innerhalb der Branche.

Nach den Ausführungen des OGH handelt es sich bei der Branche des Hotel- und Gastgewerbes schon alleine aufgrund der kollektivvertraglichen Formulierung um eine eigene Branche. Hinsichtlich der Frage der Saisonbranche führt der OGH aus, dass es auf die zahlenmäßige Mehrheit der Betriebe und eine gewisse längere zeitliche Dimension ankomme. Ein bloß punktuelles Überwiegen von Saisonbetrieben sei nicht ausschlaggebend. Das Erfordernis „regelmäßig zu gewissen Zeiten des Jahres erheblich verstärkt“ zu arbeiten setze voraus, dass es regelmäßig und damit periodisch wiederkehrend auch Zeiten mit geringerem „normalen Arbeitsaufwand“ gibt. Wesentlich ist dabei, dass aufgrund des absehbaren erhöhten Arbeitsaufkommens regelmäßig ein erhöhter Personalstand (im Ausmaß von zumindest einem Drittel) erforderlich ist.

Auf Grundlage des im Verfahren vorgelegten umfassenden Zahlenmaterials kam der OGH zu dem Ergebnis, für die Branche des Hotel- und Gastgewerbes nicht von einem Überwiegen der Saisonbetriebe ausgehen zu können. Zwar ergeben sich regelmäßig Schwankungen des Personalstandes, diese seien aber nicht regelmäßig saisonbedingt und nur bestimmten Jahreszeiten zuzuordnen. Somit kann diese Branche auch keinen Gebrauch von den Ausnahmeregelungen des § 1159 ABGB machen. Die bislang geltende kürzere 14-tägige Kündigungsfrist des Kollektivvertrages ist demnach nicht mehr gesetzeskonform und ungültig. Für Arbeitnehmer, die dem Kollektivvertrag für Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe unterliegen, gelten demnach die neu geregelten Kündigungstermine und längeren Kündigungsfristen.

 

Fazit

 

Arbeitgeber:innen in der Branche Hotellerie und Gastgewerbe sind daher nunmehr für die von ihnen beschäftigten Arbeiter:innen mit längeren Kündigungsfristen und starren Kündigungsterminen (zum Quartalsende) konfrontiert. Es ist ihnen zu empfehlen, die Kündigungsbestimmungen in den Arbeitsverträgen entsprechend gesetzeskonform anzupassen bzw auszugestalten. Insbesondere sollte nicht übersehen werden, die Kündigungsmöglichkeiten zum 15. oder Letzten eines Kalendermonats vertraglich vorzusehen, um die maximale Flexibilität bei der Kündigung von Arbeitsverhältnissen nützen zu können.

 

Anmeldung zum Erhalt von Informationen und Newslettern

Ihr Kontakt

Mag. Friederike Hollmann

Mag. Friederike Hollmann

Deloitte Legal | Jank Weiler Operenyi RA

Friederike Hollmann ist Rechtsanwältin bei Jank Weiler Operenyi RA | Deloitte Legal und Mitglied des Praxisteams Employment Law. Ihre Tätigkeitssschwerpunkte liegen in den Bereichen Arbeitsrecht und Litigation. Sie verfügt über langjährige Beratungspraxis und vetritt Mandanten regelmäßig vor Gerichten und Behörden.