Das Abgabenänderungsgesetz 2022 wurde am 7.7.2022 vom Nationalrat beschlossen. Es enthält ua eine Neuerung iZm der Anrechnung von Lohnsteuer im Veranlagungsweg bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, die nach einem anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen von der österreichischen Besteuerung zu befreien sind. Die Neuregelung ist somit vor allem für alle grenzüberschreitend tätigen Arbeitnehmer:innen relevant, die eine Steuerbefreiung nach einem Doppelbesteuerungsabkommen in Anspruch nehmen können, bei denen die Steuerbefreiung jedoch nicht unmittelbar im Rahmen der Lohnverrechnung berücksichtigt wurde oder berücksichtigt werden konnte.
Nach der bisherigen Regelung im Einkommensteuergesetz wurden die durch Steuerabzug einbehaltenen Beträge - allen voran die Lohnsteuer - im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer auf die Einkommensteuerschuld angerechnet, soweit sie auf veranlagte Einkünfte entfallen. Um einen Rechtsschutz für Abgabepflichtige in jenen Fällen zu bieten, in denen keine Anrechnung der durch Steuerabzug einbehaltenen Beträge auf die Einkommensteuerschuld im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer möglich ist, sieht die Bundesabgabenordnung die Möglichkeit vor, die Rückzahlung von zu Unrecht einbehaltenen Abgabenbeträgen zu beantragen. Zu Unrecht einbehaltene Abgabenbeträge sind ua jene, die auf gemäß einem anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen steuerbefreite Einkünfte entfallen. Die Antragsmöglichkeit einer Rückzahlung gemäß Bundesabgabenordnung besteht jedoch dann nicht, wenn die zu Unrecht einbehaltenen Beträge bis zum Ablauf des betreffenden Kalenderjahres ausgeglichen werden (zB durch eine Rollung im Rahmen der Lohnverrechnung), ein Ausgleich im Wege der Veranlagung erfolgt, im Wege der Veranlagung zu erfolgen hat oder im Fall eines Antrages auf Veranlagung zu erfolgen hätte.
In der Praxis war in vielen Fällen unklar, in welchen Fällen ein Ausgleich der zu Unrecht einbehaltenen Abgabenbeträge im Rahmen der Veranlagung zu erfolgen hat oder im Falle eines Antrages auf Veranlagung zu erfolgen hätte. In vielen Fällen haben Arbeitnehmer:innen in der Vergangenheit unter Berücksichtigung des anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommens daher zunächst eine Steuerfreistellung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und eine Anrechnung der zu viel abgeführten Lohnsteuer im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer beantragt, also über ihre Arbeitnehmer:innenveranlagung oder Einkommensteuererklärung. In manchen Fällen wurde die Freistellung der steuerbefreiten Einkünfte und Anrechnung der Lohnsteuer unmittelbar im Rahmen des Einkommensteuerbescheides gewährt, in anderen Fällen wurden die Arbeitnehmer:innen hingegen von der zuständigen Dienststelle des Finanzamtes auf den Rückzahlungsantrag gemäß Bundesabgabenordnung verwiesen. Langwierige Verfahren zur Refundierung der zu viel einbehaltenen Lohnsteuern konnten somit nicht verhindert werden.
Im Sinne einer Verfahrensbeschleunigung durch Reduktion der Komplexität und Verwaltungsvereinfachung sowohl für die Bürger:innen als auch die Finanzverwaltung wurde nunmehr eine Neuregelung zur Anrechnung der Lohnsteuer in das Einkommensteuergesetz aufgenommen. Nach dieser Neuregelung werden bei in Österreich unbeschränkt Steuerpflichtigen auf die Einkommensteuerschuld (nunmehr auch) die durch Steuerabzug vom Arbeitslohn (Lohnsteuer) einbehaltenen Beträge angerechnet, die auf jenen Teil des Arbeitslohns entfallen, der bei der Berechnung der Einkommensteuer unter Berücksichtigung eines Doppelbesteuerungsabkommens (oder einer unilateralen Maßnahme zur Steuerbefreiung) aus der inländischen Steuerbemessungsgrundlage auszuscheiden ist. Sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach einem Doppelbesteuerungsabkommen ganz oder teilweise von der österreichischen Besteuerung befreit, kann die entsprechend zu viel einbehaltene österreichische Lohnsteuer daher im Rahmen der Arbeitnehmer:innenveranlagung oder Einkommensteuererklärung zur Rückerstattung beantragt werden, sofern die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig ist. Ein aufwendiges Verfahren über einen Rückzahlungsantrag gemäß Bundesabgabenordnung kann in diesen Fällen somit vermieden werden. Aufgrund der Neuregelung ist jedoch klargestellt, dass in Österreich bloß beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer:innen (weiterhin) einen Rückzahlungsantrag gemäß Bundesabgabenordnung stellen müssen.
Das Abgabenänderungsgesetz 2022 enthält eine Neuregelung, wonach in Österreich unbeschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer:innen einbehaltene Lohnsteuerbeträge, die auf in Österreich nach einem Doppelbesteuerungsabkommen steuerbefreite Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit entfallen, unmittelbar im Rahmen ihrer Veranlagung zur Einkommensteuer anrechnen können. Ein Rückzahlungsantrag gemäß Bundesabgabenordnung ist für diese Steuerpflichtige somit nicht (mehr) erforderlich.
Arnold Binder ist Partner in der Steuerberatung und Experte für Auslandsentsendungen sowie Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Compliance. Er ist mit zunehmender Spezialisierung im Bereich Global Employer Services tätig, wo er sich verstärkt den digitalen Potenzialen annimmt.