Posted: 01 Jul. 2022 7 min. read

RV AbgÄG 2022: Änderungen Forschungsprämie

Überblick

Die kürzlich veröffentlichten Regierungsvorlage zum AbgÄG 2022 sieht hinsichtlich der Forschungsprämie mehrere Änderungen vor, die durchwegs begrüßenswert sind. Erstmals wird im Ertragsteuerrecht im Rahmen der Forschungsprämie in Form eines fiktiven Unternehmerlohns die Möglichkeit geschaffen, fiktive steuerliche Aufwendungen als Teil der Bemessungsgrundlage geltend zu machen. Darüber hinaus soll entgegen der bisherigen Rechtslage eine vollständig von der Ertragsteuerveranlagung losgelöste Antragsfrist geschaffen und erstmals eine Antragsmöglichkeit zur teilweise frühzeitigen Festsetzung und Auszahlung der Forschungsprämie bei teilweise strittigen Gesamtanträgen vorgesehen werden.

Fiktiver Unternehmerlohn – Berücksichtigung fiktiver Aufwendungen als Bemessungsgrundlage

Prinzipiell folgt die Ermittlung der Bemessungsgrundlage steuerlichen Prinzipien, dh nur tatsächliche steuerrechtliche Aufwendungen können berücksichtigt werden. Dieses Prinzip durchbricht der Gesetzgeber im vorliegenden Begutachtungsentwurf, indem er erstmals die Möglichkeit vorsieht, einen fiktiven Unternehmerlohn für eine nachweislich in Forschung & Entwicklung (F&E) ausgeübte Tätigkeit zu berücksichtigen. Für Einzelunternehmer:innen, Mitunternehmer:innen, deren Löhne und Gehälter steuerlich einen Gewinnbestandteil darstellen, und für unentgeltlich tätige Gesellschafter:innen von Kapitalgesellschaften, deren Tätigkeit eine steuerlich unbeachtliche Nutzungseinlage darstellt, soll demnach pro nachweislich geleisteter Tätigkeitsstunde für F&E ein Betrag iHv EUR 45 in der Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden können. Eine Berücksichtigung soll jedoch lediglich bei entsprechend valider Dokumentation durch Zeitaufzeichnungen mit aussagekräftigen Tätigkeitsbeschreibungen möglich sein. Beschränkt werden soll dies mit EUR 77.400 (bzw 1.720 Stunden) pro Person und Wirtschaftsjahr. Der vom Gesetzgeber vorgesehene Stundensatz iHv EUR 45 orientiert sich dabei am Kostenleitfaden der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG), da ein Gleichklang mit der direkten Forschungsförderung angestrebt werden soll.

Verfahrensrechtliche Neuerungen – neue Antragsfristen und Teilfestsetzungen/-auszahlungen

Ist der Antrag für die Forschungsprämie nach derzeitiger Rechtslage an die entsprechende Ertragsteuerveranlagung geknüpft und kann für ein Wirtschaftsjahr bis zur Rechtskraft des jeweiligen Ertragsteuerbescheides beantragt werden, soll die Antragsfrist der Forschungsprämie nunmehr gänzlich von der Ertragsteuerveranlagung entkoppelt werden. Die Regierungsvorlage sieht nunmehr vor, dass die Forschungsprämie wie bisher unverändert frühestens nach Ablauf des betreffenden Wirtschaftsjahres beantragt werden kann, jedoch bis spätestens 4 Jahre nach Ablauf des betreffenden Wirtschaftsjahres. Etwaige Maßnahmen, welche die Ertragsteuerveranlagung betreffen, haben somit auf den Fristenlauf der Forschungsprämie keinen Einfluss mehr. Endet ein Wirtschaftsjahr daher bspw mit einem Regelbilanzstichtag am 31.12.X1, erstreckt sich die Antragsfrist für die Forschungsprämie für X1 vom 1.1.X2 bis zum 31.12.X5, bei einem Bilanzstichtag zum 30.6.X1 beginnt die Antragsfrist für die Forschungsprämie X1 hingegen am 1.7.X1 und endet mit 30.6.X5.

Zusätzlich sieht die bisherige Rechtslage lediglich ein einheitliches und gesamthaftes Absprechen bzw Auszahlung einer beantragten Forschungsprämie vor. Insbesondere in Fällen, in denen von der FFG in ihren Jahresgutachten nur einzelne Forschungsprojekte/-schwerpunkte als nicht prämienwürdig beurteilt wurden, und in denen durch Steuerpflichtige mehrmals zusätzliche Informationen oder Gutachten für eine neuerliche Würdigung beigebracht werden, verzögert sich dadurch die Auszahlung der gesamten Forschungsprämie, somit auch für unstrittige Teile. Nunmehr wird vom Gesetzgeber die Möglichkeit vorgesehen, dass von Seiten des Finanzamtes auf Antrag des Steuerpflichtigen über einen sachverhaltsmäßig abgegrenzten Teil des Prämienantrages (zB ein oder mehrere Forschungsprojekte/-schwerpunkte) mit gesondertem Bescheid abgesprochen werden kann. Eine derartige erstmalige Teilentscheidung kann nur auf Antrag des Steuerpflichtigen erfolgen, wobei die Entscheidung darüber, ob eine Teilfestsetzung und -auszahlung erfolgt im Ermessen des Finanzamtes liegt, sollte sich die Gesamterledigung anderenfalls erheblich verzögern. Der Antrag seitens des Steuerpflichtigen hat den abgegrenzten Sachverhalt (Forschungsprojekte/-schwerpunkte des FFG-Gutachtens) sowie die darauf entfallende Bemessungsgrundlage und Forschungsprämie zu enthalten. Jener Teil des Prämienantrages, der nicht von einer beantragten Teilfestsetzung/-auszahlung umfasst ist, ist abschließend ebenfalls durch bescheidmäßige Teilentscheidung zu erledigen, sobald der Sachverhalt für den noch offenen Teil entscheidungsreif ist.

Fazit

Die in der Regierungsvorlage zum AbgÄG 2022 vorgesehenen Änderungen im Bereich der Forschungsprämie sind durchwegs positiv zu sehen und zu begrüßen. Insbesondere die Möglichkeit zur Berücksichtigung eines fiktiven Unternehmerlohns als Teil der Bemessungsgrundlage soll eine Gleichstellung zwischen unterschiedlichen Steuerpflichtigen schaffen und ist wohl insbesondere für Start-ups, bei denen Gründer oftmals unentgeltlich im Unternehmen mitarbeiten, ein erheblicher Schritt zur Gleichstellung mit anderen Steuerpflichtigen. Fraglich ist jedoch, ob das Vorsehen eines Stundensatzes iHv EUR 45 den tatsächlichen Gegebenheiten im F&E-Bereich entspricht und eine wirkliche Gleichstellung zu angestellten F&E-Mitarbeitern schafft, bei denen erfahrungsgemäß deutlich höhere Stundensätze anfallen. Besonders begrüßenswert ist jedoch auch die erstmalige Ermöglichung einer Teilentscheidung über Forschungsprämienanträge, wodurch unstrittige Teile zeitnah und losgelöst von etwaigen strittigen Teilen des Antrages erledigt und gutgeschrieben werden können. Da bei bisher teilweise strittigen Anträgen eine gesamthafte Entscheidung immer erst nach Klärung aller offenen Sachverhalte (F&E-Projekte/Schwerpunkte) möglich war, verzögerte sich die Auszahlung der Prämie auch bei unzweifelhaft qualifizierenden F&E-Projekten/Schwerpunkten oftmals erheblich, was durch die vorgesehene Neuregelung nunmehr verhindert werden kann. 


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Florian Laure, MSc (WU), LL.B. (WU)

Florian Laure, MSc (WU), LL.B. (WU)

Partner | Deloitte Österreich

Als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer begleitet Florian Laure schwerpunktmäßig international agierende Unternehmen und Konzerne im Bereich internationales Steuerrecht und Konzernsteuerrecht. Sein Beratungsfokus liegt dabei auf der steuerlichen Begleitung von M&A Transaktionen als auch im Bereich grenzüberschreitender (Re)Strukturierungen. Darüber hinaus verfügt er über umfangreiche Expertise im Bereich F&E und IP aus steuerlicher Sicht und begleitet nationale und international agierende Unternehmen bei der Erarbeitung optimaler Förderstrategien sowie bei der steuerlichen F&E- und IP-Strukturierung. Fachautor und Fachvortragender.