Posted: 29 Aug. 2022 7 min. read

BFG: Nicht fremdübliche Substanzabgeltung zwischen nahen Angehörigen

Überblick

Das BFG beschäftigte sich in seinem Erkenntnis vom 29.11.2021, RV/7103050/2021, mit der Frage, ob Zahlungen aufgrund einer nachträglich vereinbarten Substanzabgeltung zwischen nahen Angehörigen als Werbungskosten zu berücksichtigen sind oder ob die aufgrund des Fruchtgenussrechtes zu leistende Zahlung mangels Fremdüblichkeit nicht in die Einkünfteermittlung (Substanzabgeltung) einzubeziehen ist.

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf) war Eigentümerin einer vermieteten Eigentumswohnung in Wien. Anfang 2014 übertrug sie das Eigentumsrecht an den Liegenschaftsanteilen samt Wohnungseigentum unter Vorbehalt eines Fruchtgenussrechts mittels Schenkungsvertrags zu je einer Hälfte an ihre Kinder. Des Weiteren wurde vereinbart, dass die Bf sämtliche im Zusammenhang mit dem Fruchtgenussrecht anfallenden Aufwendungen selbst zu tragen bzw gegebenenfalls den Fruchtgenussbestellern zu ersetzen habe. Überdies wurde eine mit April 2014 datierte Zusatzvereinbarung zum Fruchtgenussrecht geschlossen, in der vertraglich geregelt wurde, dass die Bf den zivilrechtlichen Eigentümern die jährliche Abschreibung für Abnutzung (Substanzabgeltung) abzugelten habe.

 

In den Jahren 2013 bis 2017 erklärte die Bf kumulierte negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Im Zuge der Einkommensteuerveranlagung 2017 verlangte die Abgabenbehörde im Rahmen eines Ersuchens um Ergänzung eine Prognoserechnung, um feststellen zu können, ob die Vermietung der Eigentumswohnung eine Einkunftsquelle oder Liebhaberei darstellt. Anhand der übermittelten Prognoserechnung und der sonstigen angeforderten Unterlagen kam die Abgabenbehörde zur Feststellung, dass die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht einzubeziehen seien, da bei der Vermietungstätigkeit von Liebhaberei auszugehen sei. Daher wurden in den Einkommensteuerbescheiden 2017 und 2018 die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht berücksichtigt. Begründend führte die Behörde aus, dass aufgrund der übermittelten Prognoserechnung ersichtlich sei, dass die Substanzabgeltung erstmalig im Jahr 2017 als Werbungskosten berücksichtigt worden sei und nicht bereits in den zwei auf die Schenkung folgenden Kalenderjahren. Außerdem sei die Substanzabgeltung in der Prognoserechnung in den Jahren 2017-2019 in unterschiedlicher Höhe berücksichtigt worden. Auf Nachfrage der Abgabehörde erläuterte die Bf, dass die Substanzabgeltung im Jahr 2019 aufgrund einer nunmehr notariell beglaubigten Änderungsvereinbarung aus 2020 gesenkt worden sei, da von der Bf Kreditrückzahlungen in Verbindung mit dem „Fruchtgenussobjekt“ geleistet worden seien. Mit Beschwerdevorentscheidung gab die Abgabenhörde der eingebrachten Bescheidbeschwerde teilweise statt. Die Abgabenbehörde beurteilte die als liebhabereiverdächtige Vermietung vorläufig als Einkunftsquelle. Die Substanzabgeltungen wurden jedoch nicht als Werbungskosten berücksichtigt, da nach Ansicht der Abgabenbehörde die getroffene Vereinbarung über die Substanzabgeltung des Fruchtgenussrechts nicht fremdüblich sei, da ein fremder Vertragspartner keiner Vereinbarung zustimmen würde, welche keine konkrete Höhe, keinen konkreten Fälligkeitszeitpunkt und keine konkrete Zahlungsart beinhalte

 

Entscheidung des BFG

Das BFG beschäftigte sich mit der Frage, ob die Verweigerung der Anerkennung der Substanzabgeltung als Werbungskosten durch die Abgabenbehörde rechtmäßig sei. In seinem Erkenntnis erwog das BFG, dass vertragliche Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen entsprechend der ständigen Rechtsprechung des VwGH nur dann steuerlich anzuerkennen sind, wenn die Vereinbarungen nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen klaren Inhalt haben und fremdüblich sind. Fremdüblich ist eine Vereinbarung, wenn sie einem Fremdvergleich standhält, wobei die im Wirtschaftsleben geübte Praxis als Maßstab anzusetzen ist. Aufgrund dessen ist eine Vereinbarung über Abgeltung für Substanzabnutzung zwischen nahen Angehörigen grundsätzlich nicht fremdunüblich. Die Vereinbarung eines Abgeltungsbetrages in der Höhe der Absetzung für Abnutzung stellt einen in der Praxis häufig gewählten Richtwert dar, der jedoch im Einzelfall fremdunüblich sein kann, wenn dieser Betrag den tatsächlichen Wertverlust durch die Substanzabnutzung übersteigt und somit nicht den Gepflogenheiten des Wirtschaftslebens entspricht. Um den Gepflogenheiten des Wirtschaftslebens zu entsprechen, ist auch relevant, dass die konkrete Höhe, der konkrete Fälligkeitszeitpunkt sowie die konkrete Zahlungsart der Substanzabgeltung vereinbart wurden, was hier nicht der Fall war. Da in den Jahren 2015 und 2016 keine Substanzabgeltung geleistet wurde, geht das BFG davon aus, dass die Vereinbarung über die Substanzabgeltung erst nach Einräumung des Fruchtgenussrechts im Jahr 2014 getroffen wurde. Laut BFG erweist sich die gegenständliche nachträgliche Vereinbarung auch aufgrund dieser Tatsache als nicht fremdüblich, da nachträgliche Vereinbarungen nicht den Gepflogenheiten des Wirtschaftslebens entsprechen, da im Wirtschaftsleben keine Partei in rechtlich abgesicherter Position in einer nachträglichen Vereinbarung einer erheblichen Zahlungsverpflichtung zustimmen würde. Insgesamt ist die nachträgliche Vereinbarung im Beschwerdefall laut BFG für die Streitjahre und die darauffolgenden Veranlagungsjahre steuerlich nicht anzuerkennen und die Substanzabgeltung nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen.

 

Fazit

Vertragliche Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen können nur dann steuerlich anerkannt werden, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen klaren Inhalt haben und fremdüblich sind. Da im gegenständlichen Streitfall die Vereinbarung über die Substanzabgeltung des Fruchtgenusses erst nach der Einräumung des Fruchtgenussrechtes getroffen wurde und keine konkrete Höhe, Fälligkeit und Zahlungsart vorgesehen war, erwies sich die von der Bf getroffene Vereinbarung laut BFG als nicht fremdüblich, weshalb die Zahlungen für die Substanzabgeltung nicht als Werbungskosten anzuerkennen waren. 


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Mag. Johanna Kloner

Mag. Johanna Kloner

Senior Steuerberatung | Deloitte Österreich

Mag. Johanna Kloner ist Steuerberaterin bei Deloitte Wien und ist auf die Beratung von Privatpersonen (Private Clients), Familienunternehmen, Privatstiftungen sowie der Beratung im Bereich Immobilien- und Kapitalvermögensbesteuerung spezialisiert. Sie ist weiters Autorin diverser Fachbeiträge.