Posted: 06 Jun. 2022 7 min. read

Spaltung: Keine Abtrennung von Umsatzsteuerverbindlichkeiten

Überblick

Das BFG vertritt in der Entscheidung vom 13.1.2022, RV/4100363/2018, für die Umsatzsteuer die Auffassung, dass eine Trennung von Abgabenverbindlichkeit und -ansprüchen vom verursachenden Vermögen nicht zulässig ist.

 

Sachverhalt

Die Bf hatte mit Spaltungs- und Übernahmsvertrag vom 10.8.2012 rückwirkend zum 31.12.2011 einen Teilbetrieb („non-Core“-Bereich) zur Aufnahme abgespalten. Das dem abgespaltenen Teilbetrieb zugeordnete Vermögen wurden in der Übertragungsbilanz definiert. Zudem wurden explizit bestimmte Passiva, darunter auch in einer Anlage genannte Rechtsstreitigkeiten, mitübertragen. Zusätzlich wurde im Spaltungs- und Übernahmsvertrag eine Zweifelsregel vereinbart, wonach alle Lasten (Verpflichtungen, Verbindlichkeiten, Haftungen), welche nicht explizit beim „Core-Bereich“ zurückbehalten werden, dem „Non-Core-Bereich“ und damit der übernehmenden Gesellschaft zugeordnet werden.

Wirtschaftlicher Hintergrund dieser vertraglichen Regelung war offenbar, dass die Bf nur mit dem ihr verbleibenden „Core“-Bereich ohne Altlasten und ohne dem „non-Core-Bereich“ an einen Dritten veräußert werden sollte. Die Spaltung diente dazu, dass überraschende Verbindlichkeiten, die in Jahren vor der Spaltung verursacht worden waren, nicht die veräußerte, beschwerdeführende Körperschaft und damit indirekt den Erwerber treffen sollten.

Die Großbetriebsprüfung führte im Jahr 2017 bei der Bf eine Prüfung der Umsatzsteuer für die Jahre 2010 bis 2014 und für die Jahre 2015 bis 2016 eine Nachschau durch. Die BP stellte einen unrichtigen Vorsteuerschlüssel fest und es kam daher für die Jahre 2010 und 2011 zu einer Wiederaufnahme und Festsetzung von Umsatzsteuer und Nebenansprüchen im Prüfungszeitraum.

Die Bf erhob gegen beide Bescheide Beschwerde und argumentierte, dass der Spaltungs- und Übernahmsvertrag keine explizite Regelung über die Aufteilung von bereits dem Grunde nach entstandenen, aber bilanziell nicht erfassten Abgabenverbindlichkeiten vorsieht. Mangels konkreter Zuordnung von steuerlichen Verbindlichkeiten kommt die vertragliche Zweifelsregel zur Anwendung, mit der Folge, dass die Abgabenverbindlichkeiten der übernehmenden Gesellschaft zuzuordnen seien. Diese Regelung soll nach Ansicht der Bf insbesondere auch für Rechte und Pflichten, die sich aus dem Abgabenschuldverhältnis ergeben, zur Anwendung kommen. Dementsprechend hätten die strittigen Umsatzsteuerbescheide an die übernehmende Gesellschaft ergehen müssen.

 

Entscheidung des BFG

Die Beschwerde wurde abgewiesen. Das BFG hat in seiner Entscheidung nicht angezweifelt, dass zivilrechtlich im Spaltungs- und Übernahmsvertrag aufgrund der vereinbarten Zweifelsregelung eine Zuordnung der fraglichen Abgabenverbindlichkeiten zum übertragenen Teilbetrieb vereinbart worden war. Die im Zuge der Außenprüfung festgesetzte Umsatzsteuer resultierte aus dem nicht übertragenen und bei der Bf verbliebenen „Core“-Bereich. Nach Ansicht des BFG ist eine vom verursachenden Vermögen abweichende Zuordnung von Umsatzsteuerverbindlichkeiten steuerlich jedoch nicht möglich und der Parteiendisposition entzogen.

In seiner Entscheidung argumentiert das BFG, dass gem § 38 Abs 3 UmgrStG die übernehmenden Körperschaften für den Bereich der Umsatzsteuer unmittelbar in die Rechtstellung der übertragenden Körperschaft eintreten. Nach Ansicht des BFG bedeutet das im Umkehrschluss, dass die übernehmende Körperschaft hinsichtlich des Vermögens, das nicht auf die übergegangen ist, eben nicht in die Rechtstellung als Unternehmer eintritt. Die fraglichen Abgabenverbindlichkeiten stünden in Zusammenhang mit dem bei der Bf verbliebenen „Core“ Bereich, womit die Bf vom Finanzamt korrekt als Adressatin der Bescheide angesehen wurde.

Nach Ansicht des BFG können Abgabenverbindlichkeiten daher nicht mit der Wirkung auf Dritte übertragen werden, sodass der Dritte zum Abgabenschuldner und damit Bescheidadressat wird. Übernommen werden kann lediglich die Tragung der finanziellen Lasten, nicht jedoch die Unternehmereigenschaft. Die Steuerschuldnerschaft ist jedoch eine Rechtsposition, die an das unternehmerische Handeln anknüpft.    

Eine ordentliche Revision an den VwGH wurde nicht zugelassen.

 

Fazit und Praxishinweis

Im gegenständlichen Fall waren aufgrund der Zweifelsregelung im Spaltungs- und Übernahmsvertrag Abgabenverbindlichkeiten der übernehmenden Körperschaft zugeordnet. Das BFG hat der Zulässigkeit der Trennung von verfahrensrechtlicher Position bzw Abgabenverbindlichkeit vom verursachenden Vermögen zumindest für den Bereich der Umsatzsteuer eine Absage erteilt.

Weiterhin zulässig ist die Übernahme der Tragung von finanziellen Lasten im Innenverhältnis im Zuge einer Spaltung. Eine solche Übernahme hat zur Folge, dass bei einer nachträglicher Abgabenfestsetzung im Innenverhältnis ein Regressanspruch entsteht. Dies wirkt sich jedoch im Außenverhältnis nicht auf die Eigenschaft als Bescheidadressat aus.   

 

Anmeldung zum Erhalt von Informationen und Newslettern

Ihr Kontakt

Mag. Clemens Prinz, BSc (WU)

Mag. Clemens Prinz, BSc (WU)

Senior Manager Steuerberatung | Deloitte Österreich

Clemens Prinz ist Steuerberater bei Deloitte Wien. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Konzernsteuerrecht, M&A und Umgründungssteuerrecht.