Posted: 24 Jan. 2022 5 min. read

Neuerungen bei der umsatzsteuerlichen Behandlung von Reiseleistungen

Überblick

Die umsatzsteuerlichen Gesetzesänderungen betreffend Reiseleistungen sind – nach längerer Planungsphase - nun mit 1.1.2022 in Kraft getreten. Im Rahmen der jährlichen Überarbeitung der Umsatzsteuerrichtlinien wurden auch die Sichtweise der Finanzverwaltung betreffend Reiseleistungen an die neue Rechtslage angepasst. Überdies wurde aktuelle EuGH-Judikatur eingearbeitet.

Gesetzesänderung

Das österreichische Umsatzsteuergesetz enthält eine Sonderregelung für die umsatzsteuerliche Behandlung von Reiseleistungen. Im Wesentlichen wird die Marge zwischen der Ausgangs- und der Eingangsleistung besteuert und der Vorsteuerabzug im Hinblick auf die Eingangsleistungen steht nicht zu. Da die österreichische Bestimmung nicht vollständig im Einklang mit der unionsrechtlichen Grundlage – der Mehrwertsteuersystemrichtlinie – war, kam es zu einem Vertragsverletzungsverfahren. Die folgenden notwendigen Gesetzesänderungen sind nun mit 1.1.2022 in Kraft getreten:

  • Die Margenbesteuerung gilt auch für Leistungen an Unternehmer.
  • Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage erfolgt auf Basis von Einzelmargen, anstelle der pauschalen Ermittlung der Margen.

Umsatzsteuerwartungserlass 2021

Im Zuge des Wartungserlass 2021 wurden die Gesetzesänderungen auch in den Umsatzsteuerrichtlinien berücksichtigt. Ferner wurden Anpassungen zur Klarstellung bzw zur Einarbeitung von Judikatur vorgenommen. Nachfolgend geben wir ein Überblick über ausgewählte Änderungen:

  • Berechnung der Marge: Hinsichtlich der Berechnung der Marge ist auf die einzelnen Reiseleistungen abzustellen, dh die Marge ist für jeden einzelnen Reiseteilnehmer zu ermitteln. Wenn die Höhe der Bemessungsgrundlage für einen im Voranmeldungszeitraum bewirkten Umsatz oder vereinnahmten Reisepreis noch nicht endgültig berechnet werden kann, zB wegen Garantieverträgen für Reisevorleistungen, ist sie auf Basis der Kalkulation der einzelnen Reise zu schätzen. Sobald die für die Berechnung erforderlichen Informationen dem Unternehmer vorliegen, ist die Margenermittlung im betreffenden Voranmeldungszeitraum zu berichtigen.

  • Anzahlungen: Bisher konnte nach Ansicht der Finanzverwaltung hinsichtlich Anzahlungen eine Toleranzregelung in Anspruch genommen werden – konkret mussten Anzahlungen, die 35 % des Leistungspreises nicht überschritten haben, nicht versteuert werden. Diese Regelung wurde gestrichen. Nun ist eine Anzahlungsbesteuerung vorzunehmen, wenn der Unternehmer vor Ausführung einer hinreichend bestimmten Reiseleistung (Datum und Ziel der Reise stehen fest) von Kunden eine Anzahlung erhält.

  • Messen und Kongresse: Die Sonderregelung betreffend Reiseleistungen findet keine Anwendung auf die Einräumung von Eintrittsberechtigungen für Messen und Kongresse und damit im Zusammenhang erbrachte Beförderungs-, Verpflegungs- und Beherbergungsleistungen, die vom Veranstalter als einheitliche Leistung angeboten werden, da in diesem Fall der maßgebliche Leistungsinhalt nicht die Durchführung einer Reise betrifft.

  • Eigenleistung: Eine Eigenleistung, welche nach den allgemeinen Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes zu besteuern ist, liegt beispielsweise vor, wenn eine komplette Unterkunft wie zB ein Hotel von einem Reiseunternehmer angemietet wird, um mit eigenem Personal und eigenen Betriebsmitteln eine Beherbergungs- und Verpflegungsleistung an Kunden zu erbringen.

Fazit

Im Bereich der Reiseleistungen kommt es ab 2022 zu maßgeblichen Änderungen. Sofern ein Unternehmen Reiseleistungen erbringt (und sei es nur im Rahmen von Betriebsausflügen), empfiehlt es sich, diesbezüglich eine umsatzsteuerlichen Detailprüfung vorzunehmen. Neben den gesetzlichen Änderungen sind auch die weitgehenden Anpassungen der Umsatzsteuerrichtlinien zu beachten. 


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Mag. (FH) Verena Gabler

Mag. (FH) Verena Gabler

Partner Steuerberatung | Deloitte Österreich

Verena Gabler ist Partner im Bereich Steuerberatung und leitet die Tax Management Consulting Abteilung bei Deloitte Österreich. Die Umsatzsteuer-Spezialistin hat sich auf die Prozessberatung spezialisiert und unterstützt ihre Klienten bei der Entwicklung und Implementierung von Steuerkontrollsystemen. Dabei begleitet sie ihre Klienten bei der Analyse und Reduktion von steuerlich relevanten Risiken, der Optimierung von Prozessen und der Erhöhung des Automatisierungsgrades der Steuerfunktion durch den Einsatz von steuerrelevanter Software.