Posted: 21 Feb. 2022 6 min. read

Österreichische Verrechnungspreisrichtlinien 2021 Teil 6 – Verrechnungspreisdokumentation und abgabenbehördliche Verrechnungspreisprüfung

Überblick

Zum Abschluss unserer Artikelserie zu den neuen österreichischen Verrechnungspreisrichtlinien (VPR 2021) wird dieser Artikel näher auf einige der wichtigen Änderungen im Bereich der Verrechnungspreisdokumentation und der abgabenbehördlichen Verrechnungspreisprüfung eingehen.

Verrechnungspreisdokumentation

Die VPR 2021 stellen klar, dass die Dokumentation einer gruppeninternen Transaktion grundsätzlich zum Zeitpunkt des Geschäftsvorfalls zu erstellen ist bzw spätestens bis zur Erstellung und Einreichung der Steuererklärung für das Wirtschaftsjahr, in dem der Geschäftsvorfall stattfand. Dabei hängt der Umfang der Leistungsbeschreibung immer von der erbrachten Leistung ab. Dies bedeutet, je schwerer eine erbrachte Leistung fassbar ist, umso exakter soll die Leistungsbeschreibung sein. Eine Verrechnungspreisdokumentation, die den Bestimmungen der BAO über Aufzeichnungen sowie den für Verrechnungspreise einschlägigen Normen entspricht, hat die Vermutung ordnungsmäßiger Führung für sich und ist der Abgabenerhebung zu Grunde zu legen. Die Abgabenbehörde trifft die Beweislast für den Nachweis, dass die Verrechnungspreise nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen. Sollten die Aufzeichnungen demgegenüber materielle oder formelle Unzulänglichkeiten aufweisen, ist die Behörde nach Ansicht der VPR 2021 mitunter berechtigt, die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen. Weil es sich bei Verrechnungspreisfällen um Auslandssachverhalte handelt, weisen die VPR 2021 darauf hin, dass deshalb eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen besteht.

Darüber hinaus legen die VPR 2021 den von der Finanzverwaltung erwarteten Mindestinhalt einer Verrechnungspreisdokumentation außerhalb des VPDG fest. Geschäftseinheiten, welche nicht die Schwellenwerte des VPDG überschreiten, sind grundsätzlich nicht verpflichtet, die durch das VPDG vorgegebene Struktur (Local File, Master File, CbC Report) nachzuvollziehen. Allerdings sehen die VPR 2021 trotzdem einen vergleichbaren Mindestinformationsbedarf für eine Dokumentation außerhalb des VPDG vor. Zwar wird festgehalten, dass der konkrete Dokumentationsumfang abhängig vom Umfang der Geschäftsbeziehung und der Komplexität des jeweiligen Sachverhalts sowie der Unternehmensbranche ist. Dennoch sollte jede Verrechnungspreisdokumentation zumindest die folgenden Punkte beinhalten:

  • Allgemeine Informationen über die verbundenen Unternehmen (zB Organigramm, Beteiligungsverhältnisse, usw);
  • Beschreibung der konzerninternen Transaktionen;
  • Einbindung des inländischen Unternehmens in die Wertschöpfungskette des Konzerns;
  • Funktions- und Risikoanalyse;
  • Darstellung der Angemessenheit der Verrechnungspreise;
  • Schriftliche Verträge, die im Vorhinein zur Transaktion abgeschlossen wurden.

Diese Dokumentation kann – wie die Dokumentation nach dem VPDG – grundsätzlich auf Englisch erstellt werden. Allerdings kann von der Abgabenbehörde eine deutsche Übersetzung verlangt werden, wenn im betreffenden Ermittlungsverfahren ein besonderes Erfordernis dafür besteht.

In die VPR 2021 wurde auch der bisherige Inhalt der BMF-Info zum VPDG aufgenommen. In Abweichung von der bisherigen BMF-Info führen die VPR 2021 nun aus, dass für berichtspflichtige Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2021 beginnen, eine Mitteilung zur länderbezogenen Berichterstattung („VPDG1-Meldung“) nur noch dann erforderlich ist, wenn sich im Vergleich zu der im Vorjahr abgegebenen Mitteilung Änderungen ergeben (zB wenn sich die oberste Muttergesellschaft ändert oder die Berichtspflicht nicht mehr übernommen wird). Das Ende der Zugehörigkeit zu einer berichtspflichtigen Unternehmensgruppe ist durch eine Leermeldung mitzuteilen.

Hinsichtlich Datenbankstudien halten die VPR 2021 fest, dass es ausreicht, wenn diese alle drei Jahre erneuert werden – dh eine neue Suche nach comparables durchgeführt wird – sofern sich die Bedingungen der Geschäftstätigkeit nicht geändert haben. Dabei muss jedoch sichergestellt werden, dass fortlaufende Daten verwendet werden, sodass keine Lücken in der Datenreihe entstehen und keine einzelnen Jahre aus der Betrachtung herausfallen. Eine jährliche Aktualisierung der Finanzdaten der comparables der Datenbankstudie ist – entgegen den OECD-VPL 2017 – nicht erforderlich.

Abgabenbehördliche Verrechnungspreisprüfung

In den neuen VPR 2021 wird näher ausgeführt, welche Unterlagen von einem Steuerpflichtigen vorzulegen sind, damit eine ausländische Verrechnungspreiskorrektur von Amts wegen unilateral – dh ohne eines Verständigungsverfahrens – in Österreich berücksichtigt wird (korrespondierende, primäre Gegenberichtigung). Die Unterlagen haben entsprechende Nachweise über die sachliche Richtigkeit der ausländischen Korrektur, eine genaue Sachverhaltsdarstellung, den betroffene Besteuerungszeitraum, die betreffende Steuerbemessungsgrundlage und Angaben über allfällige relevante Rechtsmittel zu enthalten. Das Finanzamt hat vom Abgabepflichtigen außerdem Informationen einzuholen, mit denen sichergestellt werden kann, dass keine doppelte Nichtbesteuerung erfolgt (zB rechtskräftige ausländische Steuerbescheide).

Weiters sehen die VPR 2021 vor, dass eine verdeckte Ausschüttung oder verdeckte Einlage iZm einer Verrechnungspreiskorrektur immer dann zu prüfen ist, wenn eine Verrechnungspreisforderung eines inländischen Unternehmens von dem verbundenen ausländischen Unternehmen nicht als Verrechnungspreisverbindlichkeit anerkannt wird (körperschaftsteuerliche Sekundärberichtigung). Die Anerkennung der Verbindlichkeit kann zB durch eine vom verbundenen Unternehmen unterfertigte Akzeptanzerklärung glaubhaft gemacht werden (in den VPR 2010 wurde noch die Vorlage eines Tilgungsplans gefordert).

Conclusio

Die in den neuen VPR 2021 enthaltenen Ausführungen zur Verrechnungspreisdokumentation sind gemischt aufzufassen. So sind die Vorgaben zur Aktualisierung von Datenbankstudien aus praktischer Perspektive durchaus zu begrüßen und bestätigen die bisherige Praxis. Auch die Auflistung von relevanten Dokumentationsanforderungen für Gesellschaften, welche nicht den Schwellenwert des VPDG überschreiten, ist grundsätzlich hilfreich. Gleichzeitig sind diese Dokumentationsanforderungen mitunter weit gefasst. Es bleibt abzuwarten, wie umfangreich die konkrete Dokumentation in diesen Fällen aus Sicht der Finanzverwaltung in der Praxis sein muss. Jedenfalls ist zu hoffen, dass von der Vorlage einer deutschen Übersetzung einer auf Englisch erstellten Dokumentation in der Praxis Abstand genommen wird. Im Bereich der abgabenbehördlichen Verrechnungspreisprüfung finden sich in den VPR 2021 willkommene Klarstellungen. Wesentliche Abweichungen von der bisherigen Handhabung sind nicht erkennbar. 


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Dr. Florian Navisotschnigg, BSc (WU)

Dr. Florian Navisotschnigg, BSc (WU)

Senior Consultant Steuerberatung | Deloitte Österreich

Florian Navisotschnigg ist in der Steuerberatung im Transfer Pricing Team bei Deloitte Wien beschäftigt. Dabei berät er multinationale Unternehmen bei verrechnungspreisspezifischen Fragestellungen.

Daniel Gloser, MSc (WU)

Daniel Gloser, MSc (WU)

Manager Steuerberatung | Deloitte Österreich

Daniel Gloser ist seit 2017 Berufsanwärter in der Steuerberatung bei Deloitte. Als Teil des Verrechnungspreis Teams unterstützt er in der Beratung von multinational agierenden österreichischen Unternehmen und österreichischen Geschäftseinheiten ausländischer Unternehmensgruppen. Der Tätigkeitsumfang reicht hierbei von der Erstellung über die Dokumentation bis hin zur Verteidigung von Verrechnungspreissystemen in Außenprüfungen.