Posted: 08 Apr. 2022 7 min. read

VwGH: Aktuelle Judikatur zur Empfängerbenennung

Überblick

Der VwGH beschäftigte sich in den aktuellen Entscheidungen zur Empfängerbenennung einerseits mit der Frage, wann ein wirksames Auskunftsersuchen auf Empfängerbenennung vorliegt, und andererseits mit Sorgfaltspflichten bei Aufnahme von Geschäftsbeziehungen in der Baubranche.

Grundsätzlich kann die Abgabenbehörde von Abgabepflichtigen verlangen, die Empfänger*innen der geltend gemachten Aufwendungen zu benennen. Wird diesem Verlangen nicht entsprochen, werden die Betriebsausgaben zwingend nicht anerkannt und bei Körperschaften ein Strafzuschlag in Höhe von 25 % verhängt. Diese Folge tritt dann ein, wenn die Auskunft verweigert wird oder sich am Ende des Tages herausstellt, dass die benannten Personen nicht die tatsächlichen Empfänger*innen darstellen. Das Auskunftsersuchen kann tatsächlich auch mündlich erfolgen, jedoch muss darüber ein Aktenvermerk verfasst werden.

Insbesondere in der Baubranche wurden die Höchstgerichte bereits des Öfteren mit den bestehenden Sorgfaltspflichten von Abgabepflichtigen vor Aufnahme der Geschäftsbeziehungen befasst, da der Baubranche ein gewisses Misstrauen entgegengebracht wird. Neben der Anwendung einer allgemeinen Vorsicht (zB Einsicht ins Firmenbuch und in den Auftragskataster; Vorlage von UID-Nummern, Steuernummern, Unbedenklichkeitsbescheinigungen vom Finanzamt sowie der Gesundheitskasse; regelmäßige Überprüfung der auf der Baustelle anwesenden Mitarbeiter*innen usw) ist generell auf die diesbezüglich üblichen Gepflogenheiten abzustellen.

Sachverhalt 1 (Wirksame Aufforderung zur Empfängerbenennung Voraussetzung für Nichtanerkennung von Aufwendungen)

Einer im Baugewerbe tätigen GmbH wurde im Zuge einer Außenprüfung der Betriebsausgabenabzug mit der Begründung versagt, dass es sich bei gewissen Rechnungen von Subunternehmen um Scheinrechnungen für gar nicht erbrachte Leistungen handle. Argumentiert wurde diese Feststellung ua mit in der Vergangenheit aufgedeckten Betrugsszenarien in der Baubranche. Dies funktioniere demgemäß, dass Subunternehmen Rechnungen für nicht erbrachte Leistungen ausstellen, die Rechnungsempfänger*innen diese auch (meistens bar) bezahlen und als Aufwand verbuchen, die Zahlung aber am Ende des Tages wieder zurückfließt (abzüglich einer Provision für die Subunternehmen). Im Zuge der Außenprüfung wurden zunächst anhand der verbuchten Belege verdächtige Subunternehmen identifiziert. In freier Beweiswürdigung wurden Gesellschafter*innen, Geschäftsführer*innen und Buchhalter*innen befragt, welche sich allesamt nicht an diese Subunternehmen erinnern konnten. Der Betriebsausgabenabzug wurde folglich versagt, da nicht abschließend geklärt werden konnte, ob die Subunternehmen die Leistungserbringer*innen der in Rechnung gestellten Leistungen und somit die Empfänger*innen der abgesetzten Beträge gewesen seien.

Entscheidung des VwGH

Der VwGH (16.11.2021, Ra 2020/15/0019) hielt fest, dass die Nichtanerkennung jedenfalls zwingend eine wirksame Aufforderung zur Empfängerbenennung voraussetzt. Die Rechtsfolge kann erst dann eintreten, wenn entweder die angeforderte Benennung verweigert wird oder festgestellt wird, dass die benannten Personen nicht die tatsächlichen Empfänger*innen der abgesetzten Beträge sind und dabei von der Behörde keinerlei Verfahrensvorschriften verletzt wurden. Außerdem könne die Aufforderung zur Empfängerbenennung durchaus mündlich erfolgen.

Aus den Verwaltungsakten der Außenprüfung gingen weder Aufforderungen zur Empfängerbenennung noch Hinweise auf die daraus resultierenden Rechtsfolgen hervor. Auch im Verfahren vor dem BFG wurde dies nicht nachgeholt. Lediglich mündlich bekundete Zweifel an der vermeintlich erbrachten Leistung und am Zahlungsempfänger reichen nicht aus, um als Aufforderung zur Empfängerbenennung verstanden zu werden. Auch die Aufforderung zur Beibringung von entsprechenden Nachweisen wird nicht als ein derartiges Verlangen der Behörde gewertet. Ebenso kann eine nach freier Beweiswürdigung getroffene Feststellung der Behörde, dass die Subunternehmen nicht die Empfänger*innen der abgesetzten Beträge sind, die notwendige Aufforderung zur Empfängerbenennung nicht ersetzen.

Sachverhalt 2 (Sorgfaltspflichten bei der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen in der Baubranche)

Im Zuge einer Außenprüfung einer in der Baubranche tätigen Gesellschaft erfolgte eine wirksame Aufforderung zur Empfängerbenennung. Es bestand die Vermutung, dass es sich bei gewissen Geschäftspartner*innen (Personaldienstleister) um Scheinfirmen handle. Der Betriebskostenabzug wurde in der Folge versagt, da der Aufforderung nach Ansicht der Außenprüfung nicht entsprochen wurde. Auch das BFG stellte fest, dass es sich bei den Personaldienstleistern nicht um die wahren Empfänger*innen handle und die in der Baubranche geltenden Sorgfaltspflichten bei Aufnahme der Geschäftsbeziehung nicht eingehalten wurden.

Entscheidung des VwGH

Der VwGH (3.12.2021, Ra 2019/13/0074) hielt fest, dass bei der Aufnahme und Gestaltung von Geschäftsbeziehungen Sorgfaltspflichten einzuhalten sind. Werden Geschäftsbeziehungen aufgenommen, die so gestaltet sind, dass eine Empfängernennung nicht möglich ist, geht dies zulasten der dazu aufgeforderten Abgabepflichtigen.

Im vorliegenden Fall wird der vom BFG festgestellten Verletzung von Sorgfaltspflichten gefolgt, welche die Versagung der abgesetzten Aufwendungen rechtfertigt. Beispielsweise seien bei konkreten Verträgen Unterschriften ersichtlich, welche nicht mit der Musterzeichnung übereinstimmten. Eine diesbezügliche Überprüfung wurde nicht vorgenommen. Zudem haben die Verträge teilweise nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprochen, es wurden widersprüchliche Leistungen auf Rechnungen ausgewiesen und das generelle Fehlen von Angebotsschreiben sowie Kostenvoranschlägen festgestellt. Es wurden zwar im Verfahren Unterlagen der Geschäftspartner*innen vorgelegt, diese würden aber idR von Scheinfirmen zur Täuschung der Behörden mitgeliefert. Im Wissen um die Scheinfirmen, seien die tatsächlichen Empfänger*innen der Beträge nicht benannt worden. Außerdem habe die Gesellschaft von den Scheinfirmen gewusst und Schwarzarbeiter*innen beschäftigt.

Fazit

Gerade in der Baubranche wird der VwGH häufig mit Fällen iZm der Empfängerbenennung betraut. Neu sind dessen Aussagen über die wirksame Aufforderung der Behörde. Die Feststellung der Behörde, dass es sich bei Subunternehmen in der Baubranche nicht um die tatsächlichen Leistungserbringer*innen und in der Folge nicht um die Empfänger*innen der abgesetzten Beträge handelt, rechtfertigt noch keine Versagung des Betriebsausgabenabzugs. Vielmehr ist es unbedingt notwendig, die Abgabepflichtigen tatsächlich und wirksam zur Empfängerbenennung aufzufordern und dies ausreichend zu dokumentieren.


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