Posted: 24 Mar. 2022 6 min. read

VwGH: Keine Optionsmöglichkeit zur Umsatzsteuerpflicht bei Übernahme bereits abgeschlossener Mietverhältnisse im Wege eines Asset Deal bzw einer Einzelrechtsnachfolge

Überblick

In der Entscheidung vom 20.10.2021, Ra 2019/13/0084, beschäftigte sich der VwGH mit der Frage, unter welchen Umständen die Übergangsregelung betreffend die Möglichkeit der Option zur umsatzsteuerpflichtigen Behandlung von Mietverhältnissen bei entgeltlicher Übertragung eines Gebäudes im Wege einer Einzelrechtsnachfolge anwendbar ist. Seit der Neuregelung des § 6 Abs 2 UStG im Zuge des 1. StabG 2012 ist eine Option zur Umsatzsteuerpflicht für Mietverhältnisse, die nach dem 1.9.2012 begonnen haben, nur noch dann möglich, sofern der Mieter das Gebäude nahezu ausschließlich (mehr als 95 %) für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen.

Sachverhalt

Eine GmbH kaufte im Jahr 2014 eine Liegenschaft, auf der sich ein Bürogebäude befindet. Zum Zeitpunkt des Kaufes war das Gebäude in einem geringfügigen Ausmaß der Gesamtfläche an Unternehmen vermietet, für die eine nach alter Rechtslage bestehende Option zur umsatzsteuerpflichtigen Behandlung der Mietverhältnisse vorlag, da diese vor dem 31.8.2012 abgeschlossen und auch tatsächlich begonnen hatten.

Die GmbH machte die mit dem Kauf und der Vermietung zusammenhängende Umsatzsteuer zur Gänze als Vorsteuer geltend. Das Finanzamt ließ die Vorsteuern hinsichtlich jener Flächen, die an den Unternehmer vermietet waren, für den eine Option nach alter Rechtslage zur Umsatzsteuerpflicht bestand, unberücksichtigt. Begründend führte das Finanzamt aus, dass aufgrund des Ankaufs der Liegenschaft ein Vermieterwechsel stattgefunden habe, weshalb die Option zur Behandlung als umsatzsteuerpflichtige Vermietung nicht mehr ausgeübt werden könne.

Das BFG gab der Beschwerde statt und berücksichtigte die von der GmbH geltend gemachten Vorsteuern in voller Höhe. Begründend führte das BFG aus, dass nach dem Wortlaut der Übergangsbestimmung entscheidend sei, wann das Mietverhältnis begonnen hat. Durch den Ankauf des Grundstücks sei die GmbH zivilrechtlich zwingend in die – zum Zeitpunkt des Liegenschaftserwerbs im Jahr 2014 bereits bestehenden – Mietverträge eingetreten. Aufgrund der rechtlich-formalen Anknüpfung der Übergangsbestimmung liege somit auch für Zwecke der Umsatzsteuer kein „neues“ Mietverhältnis vor und die Option zur umsatzsteuerpflichtigen Behandlung der Mietverhältnisse könne weiterhin vollumfänglich ausgeübt werden.

Entscheidung des VwGH

Der VwGH hielt zunächst fest, dass durch die Einschränkung der Option zur Umsatzsteuerpflicht verhindert werden soll, dass ein prinzipiell nicht zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer mittels „Vorschaltung einer Errichtungsgesellschaft“ den vollen Vorsteuerabzug aus der Errichtung eines Betriebsgebäudes lukriert. Um Härtefälle zu vermeiden hat der Gesetzgeber in einer Übergangsbestimmung vorgesehen, dass die Neuregelung der Optionsmöglichkeit auf zum 31.8.2012 bereits begonnene Miet- und Pachtverhältnisse nicht anzuwenden ist, wobei nach dem Wortlaut der entsprechenden Inkrafttretensbestimmung der Beginn des Miet- oder Pachtverhältnisses entscheidend ist. Damit soll vermieden werden, dass die neue Rechtslage mit eingeschränkter Optionsmöglichkeit für bestehende Miet- und Pachtverhältnisse ohne weiteres Zutun der betroffenen Parteien zur Anwendung gelangt. Nur in diesen Fällen kann nach Ansicht des VwGH von einem Härtefall iSd Erläuterungen gesprochen werden.

Angesichts des klaren Ziels der Vermeidung von steuerlichen Gestaltungen und der restriktiv auszulegenden Ausnahme (Härtefälle) soll nach dem VwGH die alte Rechtslage somit nur noch in Ausnahmefällen zur Anwendung gelangen.

Für den konkreten Fall bedeutet dies, dass auch wenn bei Veräußerung eines vermieteten Grundstücks der Käufer zivilrechtlich zwingend in den Bestandsvertrag eintritt, dies grundsätzlich nicht die Anwendung der neuen Rechtslage und somit der eingeschränkten Optionsmöglichkeit verhindert. Ein solches Verständnis, das auf eine formale Anknüpfung an das Zivilrecht hinausliefe, würde dem klaren Ziel des Gesetzgebers, der Vermeidung von steuerlichen Gestaltungen, zuwiderlaufen. Auch liegt kein Härtefall vor, da der Käufer seine Dispositionen bereits im Wissen um die neue Rechtslage getroffen hat.

Zusammenfassend hielt der VwGH fest, dass durch die Änderung in der Person des Vermieters – durch den Verkauf des vermieteten Grundstücks – das Mietverhältnis zwischen dem Altmieter und dem neuen Vermieter für Zwecke der Umsatzsteuer neu begonnen hat, womit die Optionsmöglichkeit zur umsatzsteuerpflichtigen Behandlung des Mietverhältnisses nicht mehr zur Anwendung kommt.

Fazit

Nach dem VwGH liegt im Falle einer Einzelrechtsnachfolge in ein Mietverhältnis ein neues Mietverhältnis vor, womit ein Verzicht auf die Steuerbefreiung für dieses neue Mietverhältnis nur noch unter den eingeschränkten Bedingungen des 1. StabG 2012 (Mieter, die das Gebäude nahezu ausschließlich, somit zu mehr als 95 %, für Umsätze verwenden, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen) möglich ist.


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Mag. Georg Lenhardt

Mag. Georg Lenhardt

Consultant Steuerberatung | Deloitte Österreich

Georg Lenhardt ist Berufsanwärter in der Steuerberatung bei Deloitte Wien. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der steuerlichen Beratung von Privatpersonen (Private Clients), Privatstiftungen und Familienunternehmen sowie im Bereich der Immobilien- und Kapitalvermögensbesteuerung.

Mag. Johanna Kloner

Mag. Johanna Kloner

Senior Steuerberatung | Deloitte Österreich

Mag. Johanna Kloner ist Steuerberaterin bei Deloitte Wien und ist auf die Beratung von Privatpersonen (Private Clients), Familienunternehmen, Privatstiftungen sowie der Beratung im Bereich Immobilien- und Kapitalvermögensbesteuerung spezialisiert. Sie ist weiters Autorin diverser Fachbeiträge.