Die EU hat als Reaktion auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und die rechtswidrige Annexion der ukrainischen Regionen Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson, mit der VO (EU) 2023/1214 mittlerweile das 11. Sanktionspaket als Ausweitung der Beschränkungen der VO (EU) 833/2014 verhängt. Kern dieses Pakets ist ein neues Instrument zur Bekämpfung der Umgehung von Sanktionen, das es der EU ermöglicht, den Verkauf die Lieferung, die Verbringung oder Ausfuhr bestimmter mit Sanktionen belegter Güter und Technologien in bestimmte Drittländer zu beschränken, in denen das Umgehungsrisiko besonders hoch ist.
Das neue Instrument zur Bekämpfung der Umgehung der Sanktionen über Länder wie Türkei, Kirgisien, Kasachstan oder Armenien, soll nur ausnahmsweise und als letztes Mittel eingesetzt werden, wenn andere individuelle Maßnahmen der EU gegenüber den betreffenden Drittländern gegen die Umgehung der Sanktionen nicht ausreichen. Die entsprechenden Drittländer und Güter für die das Instrument gilt, sollen zukünftig von der EU in einem eigenen Anhang der VO (EU) 833/2014 genannt werden. Bis dato hat die EU keine diesbezüglichen Listungen von Drittländern und Gütern vorgenommen. Bezüglich der Handelsmaßnahmen, die das 11. Sanktionspaket außerdem umfasst, sind folgende Maßnahmen wesentlich:
Außerdem hat die EU eine Prioritätenliste sanktionierter Kriegsgüter ermittelt, bei denen Unternehmen besondere Sorgfalt bezüglich Umgehung walten lassen sollten und die Drittländer nicht nach Russland ausführen dürfen. Zudem hat die EU eine Liste wirtschaftlich kritischer Güter ermittelt, bei denen Unternehmen und Drittländer besonders wachsam in Hinblick auf die Sanktionen sein sollten.
Neben Handelsmaßnahmen wurden mit dem 11. Sanktionspaket auch weitere Maßnahmen für den Schiffs- und den LKW-Verkehr erlassen. Hervorzuheben ist das vollständige Verbot für LKWs mit russischen Anhängern oder Sattelanhängern, Waren in die EU zu befördern. Damit soll die Umgehung des Verbots für russische Güterkraftverkehrsunternehmer:innen, Waren in die EU zu befördern, unterbunden werden. Neben weiteren Maßnahmen im Energiebereich, Öl-Lieferungen per Pipeline betreffend, wurde die Sanktionsliste der EU erheblich erweitert. Die EU friert somit die Vermögenswerte von über 100 weiteren Personen und Organisationen ein. Mit dem 11. Sanktionspaket wurde auch eine sogenannte Jedermannspflicht eingeführt. Dies bedeutet, eine an jeden gerichtete allgemeine Informationsoffenlegungspflicht. Natürliche und juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen sind verpflichtet Informationen, die die Umsetzung der Verordnung zum 11. Sanktionspakets erleichtern, der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dem sie ihren Wohn- bzw Geschäftssitz haben (in Österreich das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft), innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt dieser Informationen zu übermitteln und mit der zuständigen Behörde bei der Überprüfung solcher Informationen zusammenzuarbeiten.
Da die Sanktionen der EU gegen Russland immer mehr Wirkung zeigen, setzt die EU mit dem 11. Sanktionspaket vor allem auf Maßnahmen, die die Umgehung der Sanktionen verhindern sollen. Leider zeichnet sich noch kein Ende des Konflikts und der Kampfhandlungen zwischen Russland und der Ukraine ab. Deswegen muss man davon ausgehen, dass noch weitere Sanktionspakete auf das 11. Sanktionspaket folgen werden.
Astrid Isopp ist Senior Managerin im Bereich Indirect Tax/Global Trade Advisory bei Deloitte in Wien. Sie verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Zollrecht und Verbrauchsteuern und betreut international tätige Unternehmen im industriellen und Manufacturing Bereich. Ihre fachlichen Schwerpunkte liegen im europäischen Zollrecht bei den Themen Warenursprung und Präferenzrecht, Zollwertermittlung, Tarifierung, Verbote und Beschränkungen und wirtschaftliche Verfahren sowie bei ordentlichen Rechtsmitteln in Abgabensachen.
Mag. Christian Bürgler ist Partner in der Steuerberatung bei Deloitte in Wien. Als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer berät er Privatstiftungen und Unternehmen im Bereich indirekte Steuern (Umsatzsteuer, Zollrecht) sowie M&A auf internationaler und nationaler Ebene.