Posted: 10 Aug. 2023 5 min. read

11. Sanktionspaket der EU gegen Russland

Seit 24. Juni 2023 ist das 11. Sanktionspaket in Kraft, das vor allem Umgehungsgeschäfte verhindern soll

Überblick

 

Die EU hat als Reaktion auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und die rechtswidrige Annexion der ukrainischen Regionen Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson, mit der VO (EU) 2023/1214 mittlerweile das 11. Sanktionspaket als Ausweitung der Beschränkungen der VO (EU) 833/2014 verhängt. Kern dieses Pakets ist ein neues Instrument zur Bekämpfung der Umgehung von Sanktionen, das es der EU ermöglicht, den Verkauf die Lieferung, die Verbringung oder Ausfuhr bestimmter mit Sanktionen belegter Güter und Technologien in bestimmte Drittländer zu beschränken, in denen das Umgehungsrisiko besonders hoch ist.

 

Handelsmaßnahmen mit dem 11. Sanktionspaket wesentlich verschärft

 

Das neue Instrument zur Bekämpfung der Umgehung der Sanktionen über Länder wie Türkei, Kirgisien, Kasachstan oder Armenien, soll nur ausnahmsweise und als letztes Mittel eingesetzt werden, wenn andere individuelle Maßnahmen der EU gegenüber den betreffenden Drittländern gegen die Umgehung der Sanktionen nicht ausreichen. Die entsprechenden Drittländer und Güter für die das Instrument gilt, sollen zukünftig von der EU in einem eigenen Anhang der VO (EU) 833/2014 genannt werden. Bis dato hat die EU keine diesbezüglichen Listungen von Drittländern und Gütern vorgenommen. Bezüglich der Handelsmaßnahmen, die das 11. Sanktionspaket außerdem umfasst, sind folgende Maßnahmen wesentlich:

 

  • Ausweitung des Durchfuhrverbots für bestimmte sensible Güter (zB fortgeschrittene Technologien, Luftfahrtgüter), die aus der EU über Russland in Drittländer ausgeführt werden;
  • Aufnahme von 87 weiteren Organisationen in der Liste der Organisationen, die den militärisch-industriellen Komplex Russlands bei dessen Angriffskrieg gegen die Ukraine unmittelbar unterstützen (für sie gelten strengere Ausfuhrbeschränkungen für Güter mit doppeltem Verwendungszweck zur zivilen als auch militärischen Nutzung und fortgeschrittenen Technologien);
  • Beschränkung von weiteren 15 Arten technologischer Güter, die in der Ukraine auf dem Schlachtfeld vorgefunden wurden und von Ausrüstung, die für die Herstellung solcher Güter benötigt wird (zB Antennen und Antennenreflektoren aller Art und Teile, die dazu verwendet werden können; Relais, für eine Spannung von 60 V oder weniger, andere Schalter, Stecker und Steckdosen; Geräte zur Übertragung oder zum Empfang von Sprache, Bildern oder anderen Daten, einschließlich Geräte zur Kommunikation in einem drahtgebundenen oder drahtlosen Netzwerk)
  • Verschärfung der Einfuhrbeschränkungen für Eisen- und Stahlerzeugnisse, indem von Einführern sanktionierter Eisen- und Stahlerzeugnisse, die in einem Drittland verarbeitet wurden, der Nachweis verlangt wird, dass die verwendeten Vormaterialien nicht aus Russland stammen;
  • Verbot des Verkaufs, der Übertragung und der Weitergabe von Rechten des geistigen Eigentums und Geschäftsgeheimnissen in Verbindung mit sanktionierten Gütern, um zu verhindern, dass diese Güter außerhalb der EU hergestellt werden;
  • Ausweitung des Ausfuhrverbots für Luxusfahrzeuge auf alle Neu- und Gebrauchtwagen ab einer bestimmten Motorgröße (> 1900 cm3) sowie auf alle Elektro- und Hybridfahrzeuge;
  • Vollständiges Verbot für bestimmte Arten von Maschinenbauteilen und
  • Vereinfachung des Aufbaus des Anhangs der Verordnung für Industriegüter, in dem Produkte die Beschränkungen unterliegen, in einem einzigen Abschnitt zusammengefasst und mit ausführlicheren Warenbeschreibungen versehen werden, damit Güter, für die Ausfuhrverbote gelten, besser identifiziert werden können und das Risiko, dass Sanktionen aufgrund einer falschen Wareneinreihung umgangen werden, verringert wird.

Außerdem hat die EU eine Prioritätenliste sanktionierter Kriegsgüter ermittelt, bei denen Unternehmen besondere Sorgfalt bezüglich Umgehung walten lassen sollten und die Drittländer nicht nach Russland ausführen dürfen. Zudem hat die EU eine Liste wirtschaftlich kritischer Güter ermittelt, bei denen Unternehmen und Drittländer besonders wachsam in Hinblick auf die Sanktionen sein sollten.

 

Weitere Maßnahmen im Verkehrsbereich, Erweiterung der Sanktionsliste und Einführung der Jedermannspflicht

 

Neben Handelsmaßnahmen wurden mit dem 11. Sanktionspaket auch weitere Maßnahmen für den Schiffs- und den LKW-Verkehr erlassen. Hervorzuheben ist das vollständige Verbot für LKWs mit russischen Anhängern oder Sattelanhängern, Waren in die EU zu befördern. Damit soll die Umgehung des Verbots für russische Güterkraftverkehrsunternehmer:innen, Waren in die EU zu befördern, unterbunden werden. Neben weiteren Maßnahmen im Energiebereich, Öl-Lieferungen per Pipeline betreffend, wurde die Sanktionsliste der EU erheblich erweitert. Die EU friert somit die Vermögenswerte von über 100 weiteren Personen und Organisationen ein. Mit dem 11. Sanktionspaket wurde auch eine sogenannte Jedermannspflicht eingeführt. Dies bedeutet, eine an jeden gerichtete allgemeine Informationsoffenlegungspflicht. Natürliche und juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen sind verpflichtet Informationen, die die Umsetzung der Verordnung zum 11. Sanktionspakets erleichtern, der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dem sie ihren Wohn- bzw Geschäftssitz haben (in Österreich das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft), innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt dieser Informationen zu übermitteln und mit der zuständigen Behörde bei der Überprüfung solcher Informationen zusammenzuarbeiten.

 

Fazit

 

Da die Sanktionen der EU gegen Russland immer mehr Wirkung zeigen, setzt die EU mit dem 11. Sanktionspaket vor allem auf Maßnahmen, die die Umgehung der Sanktionen verhindern sollen. Leider zeichnet sich noch kein Ende des Konflikts und der Kampfhandlungen zwischen Russland und der Ukraine ab. Deswegen muss man davon ausgehen, dass noch weitere Sanktionspakete auf das 11. Sanktionspaket folgen werden.

 

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Astrid Isopp

Astrid Isopp

Senior Manager Steuerberatung | Deloitte Österreich

Astrid Isopp ist Senior Managerin im Bereich Indirect Tax/Global Trade Advisory bei Deloitte in Wien. Sie verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Zollrecht und Verbrauchsteuern und betreut international tätige Unternehmen im industriellen und Manufacturing Bereich. Ihre fachlichen Schwerpunkte liegen im europäischen Zollrecht bei den Themen Warenursprung und Präferenzrecht, Zollwertermittlung, Tarifierung, Verbote und Beschränkungen und wirtschaftliche Verfahren sowie bei ordentlichen Rechtsmitteln in Abgabensachen.

Mag. Christian Bürgler

Mag. Christian Bürgler

Partner Steuerberatung | Deloitte Österreich

Mag. Christian Bürgler ist Partner in der Steuerberatung bei Deloitte in Wien. Als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer berät er Privatstiftungen und Unternehmen im Bereich indirekte Steuern (Umsatzsteuer, Zollrecht) sowie M&A auf internationaler und nationaler Ebene.