In einer aktuellen Entscheidung befasste sich der OGH mit der Mitwirkungspflicht der verpflichteten Vertragspartei, den Eintritt einer vereinbarten Bedingung herbeizuführen. Konkret handelt es sich um eine in einem Abtretungsvertrag vereinbarte Bedingung betreffend eine Kaufpreisnachbesserung, deren Eintritt aus wirtschaftlichen Interessen der verpflichteten Vertragspartei ausblieb. Dieser Beitrag soll einen kurzen Überblick über die vom OGH festgesetzten Grundsätze verschaffen, welche die verpflichtete Vertragspartei bei Herbeiführung des Bedingungseintritts zu beachten hat.
Eine Partei (Klägerin) veräußerte ihren Geschäftsanteil an einer GmbH an eine Dritte (Beklagte). Der zugrundeliegende Abtretungsvertrag enthielt eine sog Besserungsvereinbarung, wonach sich der Abtretungspreis für den GmbH-Geschäftsanteil erhöhen sollte, wenn insgesamt 20 Mitarbeiter:innen aus der Unternehmensgruppe der von der Abtretung betroffenen GmbH bis zum Stichtag ein Anstellungsverhältnis bei der Erwerberin eingehen. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrags war der Erwerberin daran gelegen, entsprechendes Personal zu übernehmen.
Tatsächlich sind bis zum Stichtag jedoch nur 16 (statt der vereinbarten 20) Mitarbeiter:innen ein Anstellungsverhältnis bei der Erwerberin eingegangen. Eine Beschäftigung einer höheren Anzahl an Mitarbeiter:innen war für sie jedoch aus wirtschaftlicher Sicht nicht vertretbar, weil keine ausreichenden Aufträge vorlagen.
Im Allgemeinen bindet bereits ein unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossener Vertrag die Vertragsparteien insoweit, als die bedingt verpflichtete Vertragspartei alles tun und vorkehren muss, was notwendig ist, um den Eintritt der Bedingung erfüllen zu können und alles unterlassen muss, was die Erfüllung verhindern würde. Jede Beeinflussung des Ablaufs der Ereignisse wider Treu und Glauben ist unzulässig. Ob eine treuwidrige Bedingungsvereitelung vorliegt, richtet sich nach dem (hypothetischen) Willen redlicher und vernünftiger Vertragsparteien. Wird der Eintritt einer Bedingung von der Vertragspartei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.
Der OGH bestätigte diese allgemeinen Grundsätze und konkretisierte, dass die Erwerberin den Bedingungseintritt im vorliegenden Fall nicht treuwidrig vereitelt hat, weil ihre – durch ergänzende Vertragsauslegung ermittelte – Mitwirkungspflicht bei Herbeiführung der Bedingung mit ihren eigenen wirtschaftlichen Interessen an der Führung des Unternehmens begrenzt ist.
Der OGH führte weiter aus, dass die Vereinbarung unmöglicher oder unerlaubter Bedingungen zwar grundsätzlich ungültig ist, daraus aber nicht der Umkehrschluss gezogen werden kann, dass die Nichterfüllung jeder erlaubten und möglichen Bedingung durch eine Vertragspartei immer treuwidrig sein muss. Da der wirtschaftliche Erfolg, den sich die Erwerberin im vorliegenden Fall aus dem Abtretungsvertrag erhofft hat, nicht bzw nicht im erhofften Ausmaß eingetreten ist, gereicht es ihr nicht zum Nachteil, dass sie nicht weitere Anstrengungen unternommen hat, um die für den Bedingungseintritt erforderliche Anzahl an Mitarbeiter:innen zu akquirieren. Redlicherweise durfte die Veräußerin auch nicht erwarten, dass die Erwerberin trotz der negativen wirtschaftlichen Entwicklung ihres Unternehmens weitere Mitarbeiter:innen einstellt und damit ihren bereits entstandenen Verlust vergrößert.
Daraus schloss der OGH, dass die Erwerberin den Bedingungseintritt nicht treuwidrig vereitelt hat und die für das Wirksamwerden der Besserungsvereinbarung vereinbarten (aufschiebenden) Bedingung somit nicht eingetreten ist. Die Veräußerin hat demnach keinen Anspruch auf Kaufpreisnachbesserung.
Die zur Mitwirkungspflicht einer verpflichteten Vertragspartei zwecks Herbeiführung des Bedingungseintritts bestehende Rechtsprechung wurde durch diese Entscheidung vom OGH bestätigt und präzisiert. Demnach besteht grundsätzlich die Verpflichtung alles zu tun und vorzukehren, was notwendig ist, um den Eintritt der vereinbarten Bedingung zu erfüllen und alles zu unterlassen, was die Erfüllung verhindern würde. Die Grenze hierfür ist die treuwidrige Vereitlung des Bedingungseintritts. Im Einzelfall kann die Nichterfüllung der Bedingung durch die verpflichtete Vertragspartei mit ihren wirtschaftlichen Interessen an der Führung des Unternehmens gerechtfertigt sein.
Bei der Formulierung einer Bedingung in einem Vertrag über die Verfügung von Geschäftsanteilen ist besondere Achtsamkeit geboten, um nachträgliche Unklarheiten im Fall des nicht (vollständigen) Eintritts der Bedingung vorzubeugen.
Yvonne Gutsohn ist Rechtsanwältin bei Jank Weiler Operenyi RA | Deloitte Legal und Mitglied der Praxisgruppen Corporate/M&A und Private Clients. Ihre Tätigkeitssschwerpunkte liegen in den Bereichen Gesellschaftsrecht und M&A, insbesondere in der Beratung von Mandanten bei komplexen nationalen und multinationalen M&A-Transaktionen, Joint Ventures und allen Facetten des Gesellschaftsrechts und der Corporate Governance.