Mit Erkenntnis vom 29.9.2023 (RV/7106049/2019) hat das BFG entschieden, dass eine Gruppenbildung nicht möglich ist, wenn in einer Treuhandsituation mangels wirtschaftlichen Eigentums die erforderliche finanzielle Eingliederung zwischen Gruppenträger und Gruppenmitglied nicht gegeben ist. Essenziell für die finanzielle Verbindung ist eine Stimmrechtsmehrheit sowie der Besitz von mehr als 50 % des Grund-, Stamm- oder Genossenschaftskapitals an einer Gesellschaft.
Die Anteile an der A GmbH wurden durch eine natürliche Person (Herr P) erworben und zeitgleich wurde eine Treuhandvereinbarung mit der P GmbH geschlossen. Der Treuhänder (Herr P) war auch Alleingesellschafter der P GmbH. In der Treuhandvereinbarung wurde ua vereinbart, dass die P GmbH den Kaufpreis der Anteile entrichtet, jegliche Gewinnanteile der A GmbH vom Treuhänder an die P GmbH weiterzugeben sind und die Anteile nicht durch den Treuhänder veräußert werden dürfen. Der Treugeber konnte die Vereinbarung jederzeit, der Treuhänder mit Kündigungsfrist von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen kündigen. Zudem wurde dem Treuhänder die Option eingeräumt, den Geschäftsanteil jederzeit unwiderruflich an den Treugeber abzutreten. Die Stimmrechte an der A GmbH konnte der Treuhänder laut Treuhandvereinbarung zur Gänze nach eigenem Ermessen ausüben, zudem war der Geschäftsführer der A GmbH nur dem Treuhänder weisungsgebunden. Finanziert wurde der Anteilskauf durch den Treugeber und die Beteiligung wurde im Jahresabschluss der P GmbH bilanziert.
Die Beschwerdeführerin (P GmbH) stellte mit der V GmbH und der A GmbH als Gruppenmitglieder einen Antrag auf Feststellung einer Unternehmensgruppe. Dem Antrag wurde teilweise stattgegeben, die V GmbH wurde als Gruppenmitglied anerkannt. Der A GmbH hingegen wurde mit der Begründung der fehlenden finanziellen Verbindung die Aufnahme in die Unternehmensgruppe durch das Finanzamt verwehrt. Begründet wurde dies damit, dass im Gesamtbild keine eigentümerähnliche Stellung des Treugebers vorläge und damit die finanzielle Verbindung nicht gegeben sei. Aus der Treuhandvereinbarung würde sich vielmehr der Treuhänder als zivil- und wirtschaftlicher Eigentümer ergeben.
Das BFG wies die Beschwerde ab und bestätigte die Rechtsansicht des Finanzamts. Laut BFG sei der:die Treuhänder:in unstrittig der:die zivilrechtliche Eigentümer:in des Geschäftsanteils. Bei einem Treuhandverhältnis kommen in der Regel daher dem:der Treuhänder:in und nicht dem.der Treugeber:in die Stimmrechte zu, weil die Stimmrechte grundsätzlich mit dem zivilrechtlichen Eigentum verknüpft sind. Dies trifft auch für den Fall einer Gesellschaft als Treugeberin zu. Um die notwendige finanzielle Verbindung für die Bildung der Unternehmensgruppe über eine Treuhandschaft herstellen zu können, bedarf es demnach einer vertraglichen Regelung hinsichtlich der Ausübung der Stimmrechte durch den:die Treugeber:in. Sei es durch Stimmrechtsvorbehalte, durch Rückübertragung an den:die Treugeber:in oder entsprechende Vereinbarungen zur Stimmrechtsausübung im Innenverhältnis.
Da im gegenständlichen Fall keine diesbezüglichen Regelungen getroffen wurden, wurde vom BFG die Rechtsauffassung des Finanzamts bestätigt, wonach der:die Treugeber:in im vorliegenden Fall nicht über die Stimmrechte verfüge und die finanzielle Verbindung daher nicht vorläge.
In weiterer Folge wurde auch das Vorliegen von wirtschaftlichem Eigentum des:der Treugebers:in an den Anteilen verneint. Im Regelfall ist der:die zivilrechtliche Eigentümer:in auch der:die wirtschaftliche Eigentümer:in. Ein Auseinanderfallen kann nur vorliegen, sofern ein anderer als der:die zivilrechtliche Eigentümer:in über die positiven Befugnisse, welche Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind (Gebrauch, Verbrauch, Veränderung, Belastung und Veräußerung) verfügt. Zudem muss der:die zivilrechtliche Eigentümer:in langfristig von Einwirkungen ausgeschlossen werden können. Weiters sei auch die Zurechnung der Chance der Wertsteigerung und das Risiko der Wertminderung maßgeblich.
Da Stimmrechte wesentlichen Einfluss auf Beschlüsse ermöglichen, verhindert die fehlende inhaltliche Ausübungsmöglichkeit des:der Treugebers:in für sich genommen eine eigentümerähnliche Stellung. Auch kann die bloße Abtretungsmöglichkeit von Anteilen einer tatsächlichen Ausübung nicht gleichgestellt werden und insofern kein (wirtschaftliches) Eigentum begründen. Trotz des Rechts auf Gewinnauszahlungen hatte der:die Treugeber:in aus Sicht des BFG daher im Gesamtbild mangels der Stimmrechte auch nicht das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen.
Essenziell für die finanzielle Verbindung zur Bildung einer Unternehmensgruppe ist sowohl die Stimmrechtsmehrheit als auch der Besitz von mehr als 50 % des Grund-, Stamm- oder Genossenschaftskapitals an einer Gesellschaft. Im Falle einer Treuhandschaft ist daher maßgeblich, dass für wirtschaftliches Eigentum dem:der Treugeber:in auch die (im Innenverhältnis vereinbarte) Stimmrechtsmehrzeit zusteht.
Zudem können die Ausführungen des BFG auch im Hinblick auf den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an Geschäftsanteilen bei M&A-Transaktionen von Relevanz sein. Das Kriterium der Stimmrechtsausübung hinsichtlich der (wirtschaftlichen) Zurechnung/Übergang von Geschäftsanteilen zum:r Verkäufer:in oder bereits zum:r Erwerber:in ist somit sorgfältig im Auge zu behalten.
Viktoria Hamminger ist Berufsanwärterin in der Steuerberatung bei Deloitte Wien. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der steuerlichen Beratung von nationalen und internationalen Unternehmen und Konzernen in den Bereichen Tax Compliance, Tax Structuring und M&A mit Fokus auf Tax Due Diligence und steuerlicher Restrukturierung.
Claudia Milisits ist Senior Manager bei Deloitte in Wien. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der Beratung von nationalen und internationalen Unternehmensgruppen und Konzernen in den Bereichen Tax Compliance, Tax Structuring und M&A mit Fokus auf Tax Due Diligence und steuerliche Restrukturierung.