Posted: 27 Jan. 2023 6 min. read

Digitalisierung im Gesellschaftsrecht schreitet weiter voran

Digitalisierung im Gesellschaftsrecht schreitet weiter voran

 

Zum 1.12.2022 wurde in Österreich mit dem Gesellschaftsrechtlichen Digitalisierungsgesetz (kurz: GesDigG 2022) eine Teilumsetzung der europäischen Digitalisierungsrichtlinie vorgenommen. Ziel der Richtlinie ist es, den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht europaweit voranzutreiben und zu etablieren. Dieser Beitrag soll einen kurzen Überblick über die wichtigsten Neuerungen im Bereich des Gesellschafts- und Unternehmensrechts geben.

 

Gründung von Kapitalgesellschaften

 

Im Rahmen der Gründung einer GmbH ist es erforderlich, das Stammkapital auf ein Bankkonto einzubezahlen und dem zuständigen Firmenbuch eine Bestätigung darüber vorzulegen (sog § 10‑Bestätigung). Die Einzahlung des Stammkapitals war bisher nur auf ein Bankkonto eines inländischen (österreichischen) Kreditinstituts möglich. Durch die Neuregelung ist es nun möglich, das Stammkapital bei sämtlichen Kreditinstituten aus dem EWR, welche aufgrund der Niederlassungsfreiheit oder Dienstleistungsfreiheit zum Betreiben von Bankgeschäften in Österreich befugt sind (sog CRR-Kreditinstitute), einzubezahlen.

An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass die Digitalisierungsrichtlinie unter anderem auch die vollständige Online-Gründung von Kapitalgesellschaften vorsieht. Hinsichtlich der GmbH ist eine solche Möglichkeit in der österreichischen Rechtsordnung bereits vorgesehen - das sogar in zweifacher Hinsicht. Einerseits können durch die Digitalisierung des Notariatsaktes, die digitale Beglaubigung von Unterschriften und die Möglichkeit der elektronischen Übermittlung von Unterlagen an das Firmenbuch nun sämtliche erforderlichen rechtlichen Schritte für die Gründung einer GmbH elektronisch gesetzt werden. Andererseits steht die elektronische Gründung für Ein-Personen-GmbH-Gründungen (sog Vereinfachte Gründung) offen.

Für Einzelunternehmer:innen besteht nun die Möglichkeit, dass der gesamte Lebenszyklus des Einzelunternehmens, also sämtliche Schritte von der Gründung bis zur Schließung, online abgewickelt werden können. Durch die Abschaffung des Beglaubigungserfordernisses von Anmeldungen zum Firmenbuch kann die vollständig digitale Abwicklung gewährleistet werden.

 

Firmenbuch und Veröffentlichungen

 

Für die erstmalige Eintragung eines Rechtsträgers oder einer Zweigniederlassung zum Firmenbuch wurde eine Mindestfrist für die Beschlussfassung durch das Firmenbuchgericht eingeführt. Demnach hat das Firmenbuchgericht derartige Eintragungen binnen fünf Arbeitstagen, bei sonstiger unverzüglicher Mitteilung an den Antragsteller, abzuschließen.

Zweigniederlassungen von Kapitalgesellschaften aus dem EWR müssen ihre Jahresabschlüsse nicht mehr beim Firmenbuch offenlegen, wenn der Jahresabschluss über das System der Registervernetzungen (Business Register Interconnection System - BRIS), also über das jeweilige Firmenbuch eines Mitgliedstaates, in englischer oder deutscher Sprache abrufbar ist. Zudem wird es Zweigniederlassungen von Unternehmen außerhalb des EWR von nun an ermöglicht, deren Jahresabschluss in englischer Sprache einzureichen.

Im Bereich der Veröffentlichungen von Anmeldungen zum Firmenbuch sieht die Richtlinie vor, dass die Offenlegung der Urkunden und Informationen bereits dadurch erfolgt, dass diese im Register (Firmenbuch) öffentlich zugänglich gemacht werden. In Österreich wurde diesbezüglich eingeführt, dass Bekanntmachungen mit der Eintragung im Firmenbuch als veröffentlicht gelten. Zuvor war für die gültige Bekanntmachung die Veröffentlichung in der Ediktsdatei und im Amtsblatt zur Wiener Zeitung vorgesehen. Mit der Änderung der Bestimmung ist die Veröffentlichung in den beiden genannten Institutionen nur noch als verpflichtende zusätzliche Veröffentlichung vorgesehen. Bei dieser Rechtslage dürfte es aber nicht allzu lange bleiben, denn das aktuelle Regierungsprogramm sieht vor, dass die Wiener Zeitung ein neues Geschäftsmodell erhalten soll und mit diesem die Abschaffung der – physischen – Veröffentlichungen im Amtsblatt der Wiener Zeitung einher gehen soll. Die digitalen Veröffentlichungen in der Ediktsdatei sollen davon allerdings nicht betroffen sein.

Da eine Vielzahl von Bestimmungen im Gesellschaftsrecht an die gültige Veröffentlichung geknüpft ist, sich diese Bestimmungen aber nun zeitlich und terminologisch von der Veröffentlichung zur Eintragung geändert haben, war der Gesetzgeber zudem gezwungen diese Bestimmungen terminologisch anzupassen.

 

Erleichterungen im Gebührenrecht

 

Es ist ebenfalls in der Digitalisierungsrichtlinie vorgesehen, dass die Gebühren für Firmenbuchangelegenheiten nicht höher sein dürfen als die Kosten, die für den Betrieb des Firmenbuchs notwendig sind. Da das österreichische Firmenbuch in den vergangenen Jahren stetig höhere Gebühren veranschlagt hat, als für dessen Betrieb notwendig war, wurden die Gebühren nun entsprechend gesenkt. Hervorzuheben ist dabei, dass bei vielen Eingaben die Eintragungsgebühren wegfallen und eine einheitliche Ersteintragungsgebühr eingeführt wurde. Die Eingabegebühren entfallen nicht, wurden jedoch leicht gesenkt.

 

Fazit

 

Zusammengefasst stellen die Neuregelungen einen kleinen, aber dennoch äußerst begrüßenswerten, Schritt hin zur weiteren Digitalisierung und Vereinfachung im Bereich Gesellschafts- und Unternehmensrecht dar. Wie eingangs schon angeschnitten, handelt es sich bei den Änderungen des GesDigG 2022 lediglich um eine Teilumsetzung der Digitalisierungsrichtlinie. Dies bedeutet, dass in näherer Zukunft weitere Anpassungen im Bereich Gesellschaftsrecht und Digitalisierung zu erwarten sind. Wir werden Sie informiert halten.

 

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Mag. Gerald Hendler, LL.M

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Deloitte Legal | Jank Weiler Operenyi RA

Gerald Hendler ist Rechtsanwaltsanwärter bei Jank Weiler Operenyi RA | Deloitte Legal und Mitglied des Praxisteams Corporate/M&A. Seine Tätigkeitssschwerpunkte liegen in den Bereichen Gesellschaftsrecht und M&A.

Mag. Lorenz Held

Mag. Lorenz Held

Deloitte Legal | Jank Weiler Operenyi RA

Lorenz Held ist Rechtsanwaltsanwärter bei Jank Weiler Operenyi RA | Deloitte Legal und Mitglied des Praxisteams Corporate/M&A. Seine Tätigkeitssschwerpunkte liegen in den Bereichen Gesellschaftsrecht und M&A.