Posted: 11 Apr. 2023 6 min. read

Ende der generellen Sachbezugsbefreiung bei Spezialfahrzeugen

Überblick

 

Mit dem Lohnsteuerrichtlinien-Wartungserlass 2022 änderte die österreichische Finanzverwaltung ihre bisherige Rechtsansicht, dass Spezialfahrzeuge per se keinen Sachbezug bei Arbeitnehmer:innen auslösen können. Nunmehr ist nur die Fahrtstrecke Dienstort-Wohnort von der Sachbezugspflicht befreit, da es sich bei dieser Fahrtstrecke um Werkverkehr handelt. Der Nachweis, dass das Spezialfahrzeig nur für die Fahrtstrecke Wohnort-Dienstort privat genutzt wird, kann unseres Erachtens grundsätzlich nur durch ein lückenlos geführtes Fahrtenbuch erbracht werden. Somit ist anders als bisher auch für Spezialfahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs unabdingbar.

 

Neugestaltung der Lohnsteuerrichtlinien

 

Können dienstgeber:inneneigene Fahrzeuge von Arbeitnehmer:innen privat benützt werden, so ist grundsätzlich ein Sachbezug in der Lohnverrechnung anzusetzen. Kein Sachbezug ist bei Fahrzeugen anzusetzen, die nachweislich ausschließlich betrieblich genutzt werden. Die Nachweiserbringung hat durch ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch zu erfolgen.

Eine Ausnahmeregelung von diesem Grundsatz haben bisher sog Spezialfahrzeuge dargestellt. Die Finanzverwaltung hat bislang die Rechtsansicht vertreten, dass Spezialfahrzeuge per se keinen Sachbezug auslösen, weil sie de facto privat nicht benützt werden können. Das Führen eines Fahrtenbuchs war somit nicht notwendig. Der Lohnsteuerrichtlinien-Wartungserlass 2022 hat aber in Zusammenhang mit Spezialfahrzeugen eine Einschränkung insoweit gegeben, als in Rz 175 der Lohnsteuerrichtlinien nunmehr festgehalten wird, dass Spezialfahrzeuge nur dann keinen Sachbezug auslösen, wenn sie ausschließlich für die Fahrtstrecke Dienstort-Wohnort privat verwendet werden (können). Alle anderweitigen Privatfahrten mit dem Spezialfahrzeug lösen hingegen eine Sachbezugspflicht aus, welche nach den allgemeinen Vorgaben der Sachbezugswerteverordnung in der Lohnverrechnung zu berücksichtigen ist (hier käme bei sehr wenigen Fahrten auch der sogenannte „Mini-Sachbezug“ in Betracht).

 

Definition von Spezialfahrzeugen

 

Gemäß Rechtsansicht der Finanzverwaltung handelt es sich bei Spezialfahrzeugen, um Fahrzeuge, die aufgrund ihrer Ausstattung eine andere private Nutzung praktisch ausschließen, wie es zB bei Montagefahrzeugen mit eingebauter Werkbank oder Einsatzfahrzeugen der Fall ist (als klassische Beispiele in diesem Zusammenhang erwähnte die Finanzverwaltung immer ÖAMTC- oder ARBÖ-Pannenfahrzeuge).

 

Beweiserbringung in der Praxis

 

In Anbetracht dieser Novellierung der Lohnsteuerrichtlinien empfehlen wir für Spezialfahrzeuge ab sofort die ordnungsgemäße Führung eines Fahrtenbuchs, um belegen zu können, dass diese Fahrzeuge abgesehen von der Wegstrecke Dienstort-Wohnort nicht für andere private Zwecke der Arbeitnehmer:innen benützt werden konnten. Eine Aufzeichnung durch ein Fahrtenbuch kann dann entfallen, wenn es sich bei den Spezialfahrzeugen um E-Fahrzeuge (dh Fahrzeuge mit einem CO2-Ausstoß von 0,00 g) handelt. Weiters kann die Führung eines Fahrtenbuchs auch dann entfallen, wenn der Umstand, dass nicht privat mit dem Spezialfahrzeug gefahren wird, auf andere Art – zB durch ein schriftliches Verbot über Privatfahrten mit dem Spezialfahrzeug und durch ein nachweisliches Zurückstellen der Fahrzeuge am Betriebsgelände nach Dienstschluss – bewiesen werden kann.

 

Das „ordnungsgemäß geführte“ Fahrtenbuch

 

Die Finanzverwaltung stellt an ein „ordnungsgemäß geführtes“ Fahrtenbuch sehr strenge inhaltliche sowie formale Anforderungen. In Anbetracht der strengen Prüfungspraxis bei Lohnabgabenprüfungen möchten wir nachstehend näher auf die Frage, wie ein Fahrtenbuch ordnungsgemäß geführt werden muss, eingehen.

Damit ein Fahrtenbuch ein tauglicher Nachweis ist, muss es übersichtlich, inhaltlich korrekt, zeitnah und in geschlossener Form geführt werden. Ein Fahrtenbuch hat zwingend folgende inhaltlichen Aufzeichnungen zu enthalten:

  • Angabe des benutzten Kraftfahrzeuges
  • Zweck der Fahrt
  • Datum der Fahrt
  • Abfahrts- und Ankunftszeitpunkt (es ist die genaue Uhrzeit anzugeben)
  • Startpunkt der Fahrt (es ist die Angabe der genauen Adresse (Straße, Hausnummer, Postleitzahl, Ort, Staat) erforderlich
  • Zielt der Fahrt (es ist die Angabe der genauen Adresse (Straße, Hausnummer, Postleitzahl, Ort, Staat) erforderlich)
  • Fahrtroute (soweit von der kürzesten Verbindung abgewichen wird)
  • Kilometerstand bei Beginn und Ende der Fahrt
  • Anzahl der gefahrenen Kilometer, welche in betrieblich und privat gefahrene Kilometer aufzugliedern sind
  • gegebenenfalls das Anführen von etwaigen Umwegen, Anmerkungen, etc
  • Unterschrift des:der Reisenden

Zu beachten ist, dass die Eintragungen detailliert genug sein müssen, damit ein:e Abgabenprüfer:in die Fahrtstrecke mit Hilfe von Straßenkarten bzw Routenplanern (zB google maps) nachvollziehen kann. Fährt ein:e Arbeitnehmer:in beispielsweise von Wien nach Graz, wäre die Angabe „Wien-Graz-Wien“ nicht ausreichend. Vielmehr bedarf es der Angabe, ob die Autobahn oder die Schnellstraße benutzt wurde, sowie der jeweils exakten Adresse des Abfahrts- und Zielorts.

Jede berufliche Verwendung des Fahrzeugs ist prinzipiell für sich und mit dem bei Abschluss der Fahrt erreichten Gesamtkilometerstand des Fahrzeugs aufzuzeichnen. Besteht eine beruflich veranlasste Reise aus mehreren Teilabschnitten, so können diese zu einer Eintragung verbunden werden. Es genügt somit die Aufzeichnung des am Ende der gesamten Reise erreichten Gesamtkilometerstandes. Weiters wäre in einem solchen Fall im Fahrtenbuch die zeitliche Reihenfolge anzuführen, in welcher die Kunden:Kundinnen, Geschäftspartner:innen, etc aufgesucht wurden.

Es ist gestattet, einzelne Angaben im Fahrtenbuch wie zB Kundenadressen mit Abkürzungen zu versehen. Jedoch bedarf es dann ein entsprechendes Abkürzungsverzeichnis im Fahrtenbuch, welches die Abkürzungen genau erklärt.

Unter einer zeitnahen Erfassung ist nach der derzeitigen Verwaltungspraxis zu verstehen, wenn spätestens eine Woche nach der Fahrt der Eintrag im Fahrtenbuch erfolgt. Zu beachten ist, das lose Einzelblätter nicht die Formvorschrift der Geschlossenheit erfüllen. Daher ist zu raten, das Fahrtenbuch in einer gebundenen Form (so wie Fahrtenbücher auch im Papierhandel erhältlich sind) zu führen.

 

Fazit

 

Das Umschwenken der Meinung der Finanzverwaltung führt insofern zu einem administrativen Mehraufwand bei Spezialfahrzeugen als künftig für diese Fahrtenbücher zu führen sind. Mit Fahrtenbüchern soll belegt werden, dass Spezialfahrzeuge abgesehen von der Wegstrecke Dienstort-Wohnort nicht für andere Privatfahrten benutzt werden konnten. Leider haben wir in diesem Zusammenhang auf eine äußerst restriktive Prüfungspraxis bei Lohnabgabenprüfungen hinzuweisen. Dementsprechend ist es umso wichtiger, dass Ihre Fahrtenbücher sorgfältig und nachweisbar geführt werden. Gerne unterstützen und beraten wir Sie bei dieser Thematik.

 

Anmeldung zum Erhalt von Informationen und Newslettern

Ihr Kontakt

Doris Sesar, BSc (WU)

Doris Sesar, BSc (WU)

Consultant Steuerberatung | Deloitte Österreich

Doris Sesar ist als Associate in der Steuerberatung bei Deloitte Wien tätig. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Bereich Arbeitsrecht, Sozialversicherungsrecht und Steuerrecht in Bezug auf die Personalverrechnung der Klienten.

MMag. Lena Prucher

MMag. Lena Prucher

Director Steuerberatung | Deloitte Österreich

Lena Prucher leitet gemeinsam mit ihrem Kollegen Bernhard Geiger das Payroll Outsourcing bei Deloitte. Sie ist seit 2007 beim Unternehmen, Steuerberaterin, und spezialisert auf Arbeits-, Lohnsteuer- und Sozialversicherungsrecht.