Posted: 03 Feb. 2023 5 min. read

VwGH: Fruchtgenuss und Einkünftezurechnung bei Minderjährigen

Überblick

 

In seiner Entscheidung  vom 8.9.2022, Ra 2021/15/0054, beschäftigt sich der VwGH mit der Frage, welche unternehmerische Initiative bei Minderjährigen gesetzt werden muss, damit bei Vorliegen eines Fruchtgenusses die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung den Fruchtnießern zugerechnet werden können.

 

Sachverhalt

 

Zwei (damals minderjährigen) Schwestern wurde von deren Vater ein Fruchtgenussrecht an 50% des auf diesem Grundstück befindlichen Gebäudes eingeräumt. Der Fruchtgenussvertrag wurde befristet angelegt und jeder Vertragspartei ein einmonatiges Kündigungsrecht eingeräumt. Der vom Fruchtgenussrecht belastete Teil wurde von den Schwestern (vertreten durch ihre Mutter) ab 1.1.2010 auf unbestimmte Dauer an die N Beteiligungs GmbH vermietet. Ebenso vermietete der Vater ab 1.1.2010 den verbleibenden Teil der Liegenschaft an die N Beteiligungs GmbH, bei welcher er alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war. Die N Beteiligungs GmbH vermietete die gesamte Liegenschaft an ihre Tochtergesellschaft N Montage GmbH, bei welcher wiederum der Vater alleiniger Geschäftsführer war, weiter. Für die Jahre ab 2010 ergingen Bescheide für die Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie Umsatzsteuerbescheide.

Nach einer abgabenbehördlichen Prüfung erließ das Finanzamt für die Jahre 2010 bis 2016 Bescheide, mit denen festgestellt wurde, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht den zwei Schwestern zuzurechnen sind. Begründend führte das Finanzamt aus, dass die zwei Schwestern die Verwendung der Liegenschaft nicht eigenständig gestalten können. Diese sei vielmehr von vornherein vom Vater vorgegeben worden, weshalb ihm die Einkünfte zuzurechnen seien. Die Umsatzsteuerschuld aufgrund Rechnungslegung sei aber gegeben.

Das BFG wies die Beschwerde der Vermietungsgemeinschaft ab und führte begründend aus, dass, da die zwei Schwestern die mit dem Fruchtgenussobjekt verbundenen Lasten nicht tragen und auch keinen Einfluss auf die Einkünfteerzielung nehmen können, im Ergebnis hier keine eigenständige Unternehmerinitiative vorliege. Des Weiteren mangle es dem abgeschlossenen Mietvertrag mit der N Beteiligungs GmbH an Fremdüblichkeit, weshalb die Einkünfte dem Vater als Inhaber der Liegenschaft zuzurechnen seien.

 

Entscheidung des VwGH

 

Hinsichtlich der Zurechnung der Einkünfte führt der VwGH aus, dass für die Zurechnung im Rahmen eines Fruchtgenussrechtes wesentliche Voraussetzung ist, dass eine ausgeprägte Unternehmerinitiative vorliege und der Berechtigte Einfluss auf die Einkünfteerzielung nehmen können muss. Eine Unternehmerinitiative kann im vorliegenden Fall nicht erkannt werden, da nach Sachverhaltsfeststellung des BFG der Vater den Mieter vorgegeben habe, womit die Revisionswerberin keinen Einfluss auf die Auswahl des Mieters haben konnte und ihr somit die Nutzungsmöglichkeit nach eigenen Intentionen zu gestalten, genommen wurde. Zudem wurden von der Revisionswerberin nicht die im Zusammenhang mit der Liegenschaft entstandenen Lasten getragen. Die Revisionswerberin ist weiters durch die unterschiedlichen Vertragslaufzeiten erheblich eingeschränkt, da der Mietvertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wurde und der Vertrag über das Fruchtgenussrecht hingegen unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat jederzeit kündbar ist. Unter diesen Umständen ist eine mangelnde Fremdüblichkeit zu erkennen. Die Einkünfte sind somit aufgrund mangelnder Fremdüblichkeit und fehlender Unternehmerinitiative der Revisionswerberin dem Vater zuzurechnen. Außerdem führt der VwGH aus, dass kein Grund ersichtlich ist, dass sich die Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Tätigkeit und der Unternehmereigenschaft bei Minderjährigen von jener bei Erwachsenen unterscheidet. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, die bisher nicht vom VwGH behandelt wurden oder von dessen Rechtsprechung abweichen würden, weshalb die Revision vom VwGH mit Beschluss zurückgewiesen wurde.

 

Fazit

 

Einkünfte, die aus einem Fruchtgenussrecht resultieren, können nur dann den Fruchtgenussberechtigten zugerechnet werden, wenn sie ausreichend Unternehmerinitiative entfalten. Hierzu müssen die Berechtigten auf die Einkünfteerzielung Einfluss nehmen können und auch die mit der Einkunftsquelle in Zusammenhang stehenden Lasten tragen. Bei der Beurteilung des Vorliegens der Unternehmerinitiative erfolgt keine Unterscheidung zwischen Minderjährigen und Erwachsenen. 

 

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Mag. Georg Lenhardt

Mag. Georg Lenhardt

Consultant Steuerberatung | Deloitte Österreich

Georg Lenhardt ist Berufsanwärter in der Steuerberatung bei Deloitte Wien. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der steuerlichen Beratung von Privatpersonen (Private Clients), Privatstiftungen und Familienunternehmen sowie im Bereich der Immobilien- und Kapitalvermögensbesteuerung.

Mag. Peter Kritzinger

Mag. Peter Kritzinger

Senior Manager Steuerberatung | Deloitte Österreich

Peter Kritzinger ist Steuerberater bei Deloitte Wien. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der Beratung von Privatpersonen (Private Clients), Familienunternehmen und Privatstiftungen und ist spezialisiert auf die Beratung im Bereich der Immobilien- und Kapitalvermögensbesteuerung und Fragen im Zusammenhang mit dem Wirtschaftliche Eigentümer-Registergesetz.