Aufgrund der geplanten Neuerungen im Gesellschaftsrecht, die mit November 2023 in Kraft treten sollen, wird sich im November im Gesellschaftsrecht viel bewegen. Unter dem diesen Änderungen Rechnung tragenden Schlagwort „Movember“ haben bzw werden wir bis zum geplanten Inkrafttreten der Änderungen mehrere Legal-News-Artikel zur FlexKap veröffentlichen. Die einzelnen Artikel widmen sich jeweils einem speziellen Thema der FlexKap und werden dieses genauer beleuchten. Der gegenständliche dritte Teil der Serie beschäftigt sich mit Übertragungen von Geschäftsanteilen bei der FlexKap.
Bevor auf die Neuerungen bei der Anteilsübertragung durch das Flexible Kapitalgesellschafts-Gesetz (FlexKapGG) eingegangen wird, sollen kurz nochmals die Parameter der Anteilsübertragung bei der GmbH dargestellt werden. Seit der Schaffung der GmbH ist es vorgesehen, dass GmbH-Anteile ausschließlich mittels Notariatsaktes abgetreten und übertragen werden können. Die Übertragung durch den Notariatsakt wurde seit jeher mit der einhergehenden Rechtssicherheit, dem Übereilungsschutz für die Parteien und einer Immobilisierung von Anteilen gerechtfertigt. Der aufwändigere Umweg über einen Notariatsakt wurde meist – insbesondere für Investoren aus dem Ausland – als mühselig empfunden.
Da nach dem Regierungsprogramm für die FlexKap eine „flexible Anteilsvergabe an mögliche Investoren“ vorgesehen ist, war der Gesetzgeber gehalten – speziell im Bereich der Formpflichten von Anteilsübertragungen – einen neuen Weg einzuschlagen.
Kein Notariatsakt und keine Beglaubigung – bei der FlexKap wird in Zukunft eine notarielle oder anwaltliche Urkunde für die Anteilsabtretung erforderlich sein. Diese neue Art der Urkunde stellt eine Formpflicht sui generis dar. Die neue Formpflicht soll einerseits eine Abkehr vom Notariatsakt schaffen, andererseits aber auch ausreichend Rechtssicherheit und Transparenz garantieren. Zu diesem Zweck ist weiterhin die Mitwirkung von Notar:innen oder Rechtsanwält:innen vorgesehen.
Bei dieser neuen Form der Übertragung haben ein:e Notar:in oder ein:e Rechtsanwält:in in der Art und Weise mitzuwirken, dass diese (i) eine Urkunde über die Übertragung errichten, (ii) die Zulässigkeit der Anteilsübertragung prüfen und (iii) die Parteien über die Rechtsfolgen der Anteilsübertragung aufzuklären haben.
Im Rahmen der Errichtung der Urkunde haben die Notar:innen bzw. Rechtsanwält:innen ähnliche Belehrungs- und Prüfungspflichten wie bei der Aufnahme eines Notariatsaktes. Darüber hinaus sind auch sämtliche Verpflichtungen im Rahmen der Geldwäschepräventionen einzuhalten. Der Umstand, dass diese Pflichten erfüllt wurden, ist in der Urkunde über die Anteilsübertragung zu dokumentieren.
In weiterer Folge sind die Notar:innen bzw. Rechtsanwält:innen verpflichtet, diese Urkunden im Urkundenarchiv des österreichischen Notariats bzw im anwaltlichen Urkundenarchiv zu speichern. Dadurch wird gewährleistet, dass die Urkunden nachträglich nicht mehr geändert werden können und dem Firmenbuchgericht elektronisch im Original übermittelt werden können.
Um Interessenskollisionen zu vermeiden, dürfen Notar:innen bzw Rechtsanwält:innen keine solchen Urkunden errichten, wenn sie selbst an der Gesellschaft beteiligt sind. Dies gilt auch dann, wenn es sich um eine gesetzliche Vertretung oder Treuhandschaft in der betreffenden Sache handelt.
Diese neue Form des notariellen bzw anwaltlichen Protokolls ersetzt nicht nur bei der Übertragung von FlexKap-Anteilen den Notariatsakt, sondern gilt auch für Übernahmeerklärungen bei einer Kapitalerhöhung oder beim genehmigten Kapital und bei der Ausübung eines Bezugsrechtes im Rahmen einer FlexKap.
In allen anderen Fällen besteht allerdings auch in Bezug auf die FlexKap weiterhin Notariatsaktspflicht, bspw bei der Gründung einer FlexKap, in deren Rahmen der Gesellschaftsvertrag als Notariatsakt zu errichten ist.
Im Vergleich zu „normalen“ Geschäftsanteilen einer FlexKap, für deren leichtere Übertragbarkeit die oben dargestellte neue Form eingeführt werden soll, können Anteile der neu geschaffenen Anteilsklasse der „Unternehmenswert-Anteile“ hingegen sogar mittels einfacher Schriftform übertragen werden.
Mit der Einführung der notariellen bzw anwaltlichen Urkunde versucht der Gesetzgeber einen Spagat zwischen mehreren Interessen zu schaffen. Einerseits soll die gleiche Rechtssicherheit wie beim Notariatsakt gewährleistet werden, anderseits soll insbesondere für Rechtsanwender eine Flexibilisierung und leichtere Übertragbarkeit der Anteile geschaffen werden. Damit wird ein erster Versuch gestartet, dem Wunsch nach einer flexibleren Anteilsübergabe gerecht zu werden. Ob mit dieser neuen Übertragungsform in der Praxis tatsächlich eine Vereinfachung des Übertragungsvorgangs einhergeht, bleibt abzuwarten.
Lorenz Held ist Rechtsanwaltsanwärter bei Jank Weiler Operenyi RA | Deloitte Legal und Mitglied des Praxisteams Corporate/M&A. Seine Tätigkeitssschwerpunkte liegen in den Bereichen Gesellschaftsrecht und M&A.