Aufgrund der geplanten Neuerungen im Gesellschaftsrecht, die mit November in Kraft treten sollen, wird sich im November im Gesellschaftsrecht viel bewegen. Unter dem diesen Änderungen Rechnung tragenden Schlagwort „Movember“ werden wir bis zum geplanten Inkrafttreten der Änderungen mehrere Legal-News-Artikel zur FlexKap veröffentlichen. Die einzelnen Artikel widmen sich jeweils einem speziellen Thema der FlexKap und werden dieses genauer beleuchten. Zu Beginn der Serie bietet dieser erste Artikel eine allgemeine Übersicht zur FlexKap.
Bereits im Regierungsprogramm der aktuellen Regierungskoalition war die Einführung einer neuen Gesellschaftsform vorgesehen. Demnach soll eine Gesellschaftsform geschaffen werden, die besonders für innovative Start-ups und Gründer:innen in ihrer Frühphase eine international wettbewerbsfähige Option bietet. So soll diese Gesellschaftsform insbesondere durch die Möglichkeit der Mitarbeiter:innenbeteiligung und flexiblen Anteilsvergabe bei Jungunternehmer:innen punkten.
Das Projekt, welches ursprünglich als „Austrian Limited“ geführt wurde, war – nicht zuletzt aufgrund der Covid-19-Pandemie – für längere Zeit auf Eis gelegt worden. Zuletzt wurde jedoch ein erster konkreter Ministerialentwurf zum sogenannten Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz 2023 (GesRÄG) veröffentlicht, welcher neben Änderungen im GmbH-Recht insbesondere durch das Flexible Kapitalgesellschafts-Gesetz (FlexKapGG) die Einführung einer neuen Gesellschaftsform vorsieht. Die Gesellschaft soll den Namen „Flexible Kapitalgesellschaft“ oder – auf Englisch – „Flexible Company“, kurz „FlexKap“ bzw. „FlexCo“ tragen. Derzeit befindet sich der Ministerialentwurf noch bis 7.7.2023 in der Begutachtungsphase, wobei das GesRÄG mit 1.1.2023 in Kraft treten soll.
Für die FlexKap ist ein Stammkapital in der Höhe von mindestens EUR 10.000 vorgesehen, wobei auf die bar zu leistenden Einlagen insgesamt mindestens EUR 5.000 eingezahlt werden müssen. Im Vergleich zur GmbH kann die Mindeststammeinlage auf EUR 1 lauten – es können somit auch Kleinstbeteiligungen vergeben werden.
Interessanterweise hat die FlexKap damit dasselbe Mindeststammkapital wie die GmbH. Denn gleichzeitig mit Einführung des FlexKapGG erfolgt auch eine Änderung des GmbH-Gesetzes, wodurch das Mindeststammkapital der GmbH künftig von EUR 35.000 auf EUR 10.000 verringert wird. Die bisher vorgesehene Gründungsprivilegierung wird ersatzlos gestrichen.
Eine der größten Neuerungen im Vergleich zur GmbH stellt die Schaffung einer weiteren Anteilsklasse bei der FlexKap dar. Die sogenannten Unternehmenswert-Anteile dürfen in einem Ausmaß von bis zu 25 % des Stammkapitals ausgegeben werden und wurden insbesondere als neue Form der Mitarbeiter:innenbeteiligung geschaffen. Mit diesen Anteilen sind spezielle Rechte verbunden: So haben Inhaber:innnen ein Recht auf Teilnahme an der Gewinnverteilung der Gesellschaft, allerdings sind sie nicht zur Mitwirkung an der Willensbildung der Gesellschaft berechtigt (kein Stimmrecht in der Generalversammlung). Die Übertragung der Unternehmenswert-Anteile bedarf lediglich der Schriftform (kein Notariatsakt erforderlich).
Für die Übertragung der übrigen Gesellschaftsanteile an einer FlexKap (also nicht Unternehmenswert-Anteile) bedarf es – im Gegensatz zur Übertragung von GmbH-Anteilen – keines Notariatsaktes. Dennoch sollen FlexKap-Anteile nicht komplett formfrei übertragen werden können. Vielmehr ist ein Mitwirken eines Rechtsanwalts:einer Rechtsanwältin oder eines Notars:einer Notarin bei der Anteilsübertragung in der Art vorgesehen, dass diese (i) eine Urkunde über die Übertragung errichten, (ii) die Zulässigkeit der Anteilsübertragung prüfen und (iii) die Parteien über die Rechtsfolgen der Anteilsübertragung aufklären. Es besteht daher keine Notariatsaktpflicht, gleichzeitig sind aber gewisse (reduzierte) Formerfordernisse einzuhalten.
Insbesondere bei Beschlussfassungen in der Gesellschaft sowie bei den Möglichkeiten der Kapitalmaßnahmen bietet die FlexKap einige Erleichterungen.
So ist es bei der FlexKap im Zusammenhang mit schriftlichen Beschlussfassungen möglich, dass diese durch eine spezielle Anordnung im Gesellschaftsvertrag generell erlaubt werden und nicht – wie bei der GmbH – die Gesellschafter bei jeder schriftlichen Beschlussfassung einzeln zustimmen müssen. Damit können schriftliche Gesellschafterbeschlüsse auch hinsichtlich der Fassung in Schriftform mehrheitlich erfolgen und bedürfen diesbezüglich keiner Einstimmigkeit.
Neben den bestehenden Kapitalmaßnahmen aus dem GmbH-Gesetz sind für die FlexKap die aus dem Aktienrecht bekannten Formen des bedingten und genehmigten Kapitals vorgesehen. Beim genehmigten Kapital wird demnach vorab die Geschäftsführung von der Generalversammlung ermächtigt, das Stammkapital bis zu einem bestimmten Betrag zu erhöhen. Das bedingte Kapital wiederum ermächtigt zur Ausgabe von Umtausch- und Bezugsrechten, welche den Inhabern:innen ein Recht auf Geschäftsanteile der Gesellschaft einräumen.
Das FlexKapGG stellt klar, dass subsidiär (wenn keine abweichenden Regelungen darunterfallen) die Bestimmungen des GmbH-Rechts auf die FlexKap anzuwenden sind. Davon betroffen sind unter anderem die Bestimmungen zur Gründung, Auflösung und Liquidation der Gesellschaft, die Regelungen zu den Gesellschaftsorganen, sowie zu den Kapitalmaßnahmen, welche allesamt nach dem GmbH-Gesetz zu beurteilen sind.
Die Einführung der FlexKap bringt viele – begrüßenswerte – Neuerungen für das Gesellschaftsrecht. Eine spezielle Anteilsklasse für Mitarbeiter:innenbeteiligungen, flexiblere Kapitalmaßnahmen angelehnt an eine AG und die Abschaffung des Notariatsaktes für die Anteilsübertragungen sind allesamt Themen, die bereits seit längerer Zeit gefordert wurden. Ob dem avisierten Zweck als Start-Up-freundliche Rechtsform durch die FlexKap entsprochen werden kann, wird sich dennoch wohl erst durch die praktische Anwendung zeigen – man blickt gespannt in den November.
Lorenz Held ist Rechtsanwaltsanwärter bei Jank Weiler Operenyi RA | Deloitte Legal und Mitglied des Praxisteams Corporate/M&A. Seine Tätigkeitssschwerpunkte liegen in den Bereichen Gesellschaftsrecht und M&A.