Aufgrund der geplanten Neuerungen im Gesellschaftsrecht, die mit November in Kraft treten sollen, wird sich im November im Gesellschaftsrecht viel bewegen. Unter dem diesen Änderungen Rechnung tragenden Schlagwort „Movember“ werden wir bis zum geplanten Inkrafttreten der Änderungen mehrere Legal-News-Artikel zur FlexKap veröffentlichen. Die einzelnen Artikel widmen sich jeweils einem speziellen Thema der FlexKap und werden dieses genauer beleuchten. Der zweite Teil der Serie beschäftigt sich mit den sogenannten Unternehmenswert-Anteilen bei der FlexKap, welche unter anderem für die Beteiligung von Mitarbeiterinnenbeteiligung geschaffen wurden.
Insbesondere Start-Ups benötigen häufig einen Anreiz, um entsprechend qualifiziertes Personal für ihr jeweiliges Unternehmen zu akquirieren. Problematisch ist dabei, dass die finanziellen Mittel oft nicht ausreichen, um erfahrene Mitarbeiter:innen mit an Bord zu holen. Um diesem Zweck gerecht zu werden, wurde bereits in der Vergangenheit unter anderem das System der sogenannten „Phantom Shares“ (virtuelle Mitarbeiterinnenbeteiligung) geschaffen. Diese waren jedoch als schuldrechtliche Vereinbarung zwischen Mitarbeiter:innen und Gesellschaft ausgestaltet und mangels einer konkreten Rechtsgrundlage stets einzelfallbezogen strukturiert. Daher können diese Beteiligungsmodelle inhaltlich stark divergieren.
Die Einführung der Unternehmenswert-Anteile sollen dieser Problematik gerecht werden und unter anderem ein Programm zur Beteiligung von Mitarbeiter:innen schaffen. Vorweg ist allerdings festzuhalten, dass diese neue Anteilsklasse zwar vor dem Hintergrund der Mitarbeiterinnenbeteiligung geschaffen wurde, aber keinesfalls auf diese Gruppe begrenzt ist. Unternehmenswert-Anteile stehen jedermann offen.
Die Unternehmenswert-Anteile einer FlexKap dürfen maximal in einem Ausmaß ausgegeben werden, welches 25% des Stammkapitals der Gesellschaft nicht erreicht. Die Stammeinlage eines Unternehmenswert-Anteiles muss mindestens 1 Cent betragen, wobei die jeweilige Stammeinlage sofort und in voller Höhe zu leisten ist. Bei einer FlexKap mit dem niedrigsten gesetzlichen Stammkapital von 10.000 € und der höchsten Quote von Unternehmenswert-Anteile könnten somit bis zu 249.999 Unternehmenswert-Beteiligte mitaufgenommen werden. Natürlich können die Unternehmenswert-Anteile auch einen höheren Wert haben.
Da es sich - wie eben sinnbildlich dargestellt - um eine sehr breite Masse an potenziellen Unternehmenswert-Beteiligten handelt, wäre der Aufwand einer Eintragung jeglicher Unternehmenswert-Beteiligter für das Firmenbuch nicht tragbar. Deswegen ist die Geschäftsführung einer FlexKap dazu verpflichtet ein Anteilsbuch über die ausgegebenen Unternehmenswert-Anteile zu führen. Im Firmenbuch wird lediglich der Umstand der Ausgabe von Unternehmenswert-Anteilen, sowie die Summe der ausgegebenen Unternehmenswert-Anteile eingetragen. Im Gegensatz dazu haben die Geschäftsführer:innen jährlich folgende Listen beim Firmenbuch einzureichen: Eine Namensliste aus welcher die Namen der Unternehmenswert-Beteiligten ersichtlich sind, sowie eine Anteilsliste, welche zudem die Höhe der jeweiligen Beteiligungen ausweist. Lediglich die Namensliste wird in die Urkundensammlung des Firmenbuchs aufgenommen und ist dadurch öffentlich einsehbar.
Die Unternehmenswert-Anteile berechtigen auf der einen Seite zur finanziellen Teilhabe am Gewinn und am Liquidationserlös der Gesellschaft. Für den Exit-Fall ist darüber hinaus ein zwingendes Mitverkaufsrecht zugunsten der Unternehmenswert-Beteiligten (tag-along-right) vorgesehen. Ein Exit-Fall liegt vor, sobald die Gründungsgesellschafter:innen ihre Anteile mehrheitlich verkaufen. Tritt dieses Szenario ein, so haben die Gründungsgesellschafter:innen dafür Sorge zu tragen, dass die Unternehmenswert-Anteile von dem:der Erwerber:in zum gleichen Preis und denselben Konditionen gekauft werden.
Auf der anderen Seite sind die Unternehmenswert-Beteiligten zwar zur Teilnahme an der Generalversammlung berechtigt, können dort auch ihr Auskunfts- und Fragerecht ausüben, allerdings steht ihnen kein Stimmrecht zu. Darüber hinaus sind die Unternehmenswert-Beteiligten nicht berechtigt Gesellschafterbeschlüsse anzufechten. Lediglich bei Beschlussfassungen, mit welchen die Rechte der Unternehmenswert-Beteiligten geändert werden sollen, stehen Unternehmenswert-Beteiligten dieselben Rechte wie Gesellschaftern zu.
Eine weitere Besonderheit stellt die Übertragung der Unternehmenswert-Anteile dar. Diese können nämlich mittels Schriftform übertragen werden, was gegenüber der ohnehin schon gelockerten Anteilsübertragung der „normalen“ Geschäftsanteile an einer FlexKap eine weitere Vereinfachung darstellt.
Zu erwähnen ist auch die Möglichkeit der Umwandlung der Unternehmenswert-Anteile in Geschäftsanteile. Dafür muss allerdings der Umweg über eine Kapitalherabsetzung und Kapitalerhöhung gegangen werden, welche jeweils strengeren Formvorschriften unterliegen.
Sofern es sich bei den Unternehmenswert-Beteiligten um Mitarbeiter:innen handelt, bestehen zusätzliche Rechte und Pflichten. So sind Mitarbeiter:innen bei Übernahme eines Unternehmenswert-Anteils über die Natur des Unternehmenswert-Anteils, sowie über die wesentlichen Punkte des Gesellschaftsvertrages nachweislich schriftlich zu informieren. Zudem ist durch den Gesellschaftsvertrag zu regeln, an wen und zu welchen Konditionen Mitarbeiter:innen ihre Unternehmenswert-Anteile veräußern können, wenn das Arbeitsverhältnis mit der Gesellschaft beendet wird.
Die Unternehmenswert-Anteile entsprechen - gesamtheitlich betrachtet - jenen Wünschen, die insbesondere aus der Start-Up-Szene in den vergangenen Jahren geäußert wurden. Ob sie sich in der Praxis bewähren, wird sich allerdings erst zeigen, zumal es sich bei den Unternehmenswert-Anteilen, nicht zuletzt in Hinblick auf die erste gesetzliche Regelung zur Mitarbeiterinnenbeteiligung, um ein gesetzliches Novum handelt.
Lorenz Held ist Rechtsanwaltsanwärter bei Jank Weiler Operenyi RA | Deloitte Legal und Mitglied des Praxisteams Corporate/M&A. Seine Tätigkeitssschwerpunkte liegen in den Bereichen Gesellschaftsrecht und M&A.