Im Zuge einer im Frühjahr 2023 ergangenen Anfragebeantwortung befasste sich das BMF mit der Nichtfestsetzung bei Anteiltausch im Zuge einer Einbringung. Konkret ging es um die Fragestellung, ob Wertminderungen des (i) eingebrachten Kapitalanteiles oder (ii) der Gegenleistungsanteile bei der rückwirkenden Festsetzung der Steuerschuld zu berücksichtigen sind.
Wird durch eine Einbringung das Besteuerungsrecht der Republik Österreich hinsichtlich des eingebrachten Vermögens eingeschränkt, kommt es grundsätzlich zu einer Gewinnrealisierung und somit zu einer Besteuerung der stillen Reserven. Im gegenständlichen Fall, einer Exporteinbringung eines nicht zu einem inländischen Betriebsvermögen gehörenden Kapitalanteils in eine EU-/EWR-Gesellschaft gegen Gewähr eines Anteils an dieser Gesellschaft (= Anteilstausch), sieht das Umgründungssteuergesetz jedoch ein Nichtfestsetzungskonzept vor. Demnach wird auf Antrag in der Steuererklärung des:der Einbringenden die durch die Einbringung entstehende Steuerschuld erst bei tatsächlicher Veräußerung, sonstigem Ausscheiden oder steuerneutralem Untergang des dem:der Einbringenden gewährten Anteils (dh der Gegenleistung) festgesetzt. Wird daher ein Antrag auf Nichtfestsetzung der Steuerschuld gestellt, werden nach Ansicht des BMF die Gegenleistungsanteile zunächst mit den Anschaffungskosten angesetzt. Die spätere Veräußerung (bzw das sonstige Ausscheiden oder der steuerneutrale Untergang) dieser Gegenleistungsanteile stellt ein rückwirkendes Ereignis dar. Folglich kommt es zu einer Festsetzung der Steuerschuld durch die rückwirkende Erhöhung der Anschaffungskosten der Gegenleistungsanteile auf den Fremdvergleichswert.
Dabei sind auch nachfolgende Wertminderungen des Kapitalanteiles zu berücksichtigen, welche im Nichtfestsetzungszeitraum, dh in der Zeit zwischen der einbringungsbedingten Übertragung und dem Eintritt des die Festsetzung auslösenden Ereignisses (Veräußerung, Ausscheiden oder Untergang der Gegenleistung) eingetreten sind. Diese dürfen jedoch höchstens im Umfang des Nichtfestsetzungsbetrages (dh der Bemessungsgrundlage im Zeitpunkt der einbringungsbedingten Übertragung des Kapitalanteiles) angesetzt werden, soweit es nicht zur Berücksichtigung in einem anderen Staat kommt. Fraglich war jedoch, ob die gesetzliche Regelung in diesem Zusammenhang auf eine Wertminderung (i) des eingebrachten Kapitalanteiles oder (ii) der Gegenleistungsanteile abstellt.
Zur Klarstellung dieser ungewissen Rechtslage wurde eine Anfrage an das BMF gestellt, welche im Frühjahr 2023 wie folgt beantwortet wurde:
Das BMF stellte im Rahmen der Anfragebeantwortung zunächst fest, dass ausschließlich die tatsächliche Veräußerung, das sonstige Ausscheiden oder der steuerneutrale Untergang des erhaltenen Kapitalanteils (dh der Gegenleistung) ein die Festsetzung der Steuerschuld auslösendes Ereignis darstellt.
Dies ändert jedoch nach Ansicht des BMF nichts daran, dass bei Nichtfestsetzung die Wertminderungen hinsichtlich des eingebrachten Vermögens im Nichtfestsetzungszeitraum maßgeblich sind. Diese Sichtweise begründete das BMF mit dem Wortlaut der relevanten Bestimmung sowie mit systematischen Erwägungen. Der Zweck der Bestimmung sei nämlich, dass Wertminderungen höchstens im Umfang der Bemessungsgrundlage im Zeitpunkt der einbringungsbedingten Übertragung berücksichtigt werden, die sich gerade aufgrund der stillen Reserven im eingebrachten Vermögen ergibt.
Wertminderungen des eingebrachten Kapitalanteils kürzen somit die (nicht festgesetzte) Steuerschuld. Dies erfolgt unabhängig von einer Wertminderung der Gegenleistungsanteile. Kommt es hingegen nur zu einer Wertminderung der Gegenleistungsanteile, erfolgt keine Kürzung der Steuerschuld.
Das BMF hat angekündigt, eine dahingehende Klarstellung in der nächsten Wartung der Umgründungssteuerrichtlinien aufzunehmen.
Katharina Pichler ist in der Steuerberatung bei Deloitte Wien beschäftigt. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Bereich der Unternehmenssteuern und der Umgründungsberatung.
Katharina Luka ist Steuerberaterin bei Deloitte Wien. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen insbesondere in den Bereichen Körperschaftsteuer, internationales Steuerrecht und in der Umgründungsberatung. Sie ist zudem als Fachautorin und Fachvortragende tätig.