Seit dem 1.1.2021 gilt für Unternehmen und Unternehmensgruppen in Österreich die Zinsschrankenregelung iSd § 12a KStG in Umsetzung der EU-Richtlinie zur Zinsschranke („ATAD“). Nachfolgend sollen ausgewählte Fragestellungen zu der noch jungen Rechtslage näher beleuchtet werden. So könnte es etwa bei Unternehmensgruppen überlegenswert sein, noch vor dem Ende eines Wirtschaftsjahres die Zusammensetzung der Gruppe zu evaluieren und allenfalls Anpassungen des Umfanges der Gruppe in Erwägung zu ziehen.
Der Zinsbegriff im Sinne der Bestimmung ist sehr weitreichend und ist wie folgt definiert “Zinsen sind jegliche Vergütungen für Fremdkapital einschließlich sämtlicher Zahlungen für dessen Beschaffung sowie sonstige Vergütungen, die mit diesen Vergütungen und Zahlungen wirtschaftlich gleichwertig sind.“ Vom Zinsbegriff umfasst sind ua auch Bauzeitzinsen iSd § 203 Abs 4 UGB, welche für langfristige Immobilienprojekte unternehmensrechtlich und über die Maßgeblichkeit auch steuerlich aktiviert werden dürfen. Durch Ausübung des Aktivierungswahlrechtes für Bauzeitzinsen gehen diese somit in die (steuerlichen) Herstellungskosten des entsprechenden Vermögenswertes ein.
Für steuerliche Zwecke sind dennoch weiterhin die Regelungen zur Zinsschranke auch auf kapitalisierte (Bauzeit)Zinsen zu berücksichtigen: In Folge ist die Zinskomponente aus der Abschreibung der Immobilien „herauszuschälen“ und als Zinsaufwand iSd Regelungen zur Zinsschranke zu berücksichtigen. Durch die Abschreibung der aktivierten Bauzeitzinsen über die Nutzungsdauer kommt es daher zu einer „Streckung“ des Zinsaufwands auf spätere Perioden. Wird das Wahlrecht nicht in Anspruch genommen und der Zinsaufwand hingegen nicht aktiviert, kommt es zu einer sofortigen Berücksichtigung des Zinsaufwands. Hinzuweisen ist, dass gemäß Finanzverwaltung Zinsaufwendungen, die vor dem 1.1.2021 aktiviert wurden, jedoch nicht davon umfasst sein sollen.
Bei einer Unternehmensgruppe ist die Zinsschranke auf das zusammengefasste Gruppenergebnis auf Ebene des Gruppenträgers anwendbar, dh Zins- bzw EBITDA-Vorträge sind konsolidiert für die gesamte Unternehmensgruppe zu ermitteln. Ein Gruppen-Zinsüberhang ist bei der Ermittlung des zusammengefassten Ergebnisses der Gruppe nur iHv 30 % des (kumulierten) steuerlichen Gruppen-EBITDA abzugsfähig. Der Zins-Freibetrag iHv EUR 3 Mio steht pro Unternehmensgruppe hingegen nur einmal zu, eine Kumulierung des Freibetrages ist nicht vorgesehen. Nicht absetzbare Zinsüberhänge sind unbefristet vortragsfähig, EBITDA-Vorträge der Unternehmensgruppe hingegen maximal 5 Jahre. Zu beachten ist, dass EBITDA- und Zins-Vorträge nicht amtswegig berücksichtigt werden und durch den Steuerpflichtigen jährlich im Rahmen des Steuererklärungsverfahrens zu beantragen sind.
Im Hinblick auf die genannten Beschränkungen in der Unternehmensgruppe könnte gegebenenfalls die Abzugsfähigkeit des Zinsüberhangs optimiert werden. So könnte durch Ausscheiden einzelner Gesellschaften als Gruppenmitglied der Freibetrag iHv EUR 3 Mio auf individueller Basis in Anspruch genommen werden. Andererseits könnte auch überlegt werden, ob nicht Gesellschaften mit hohem steuerlichen EBITDA und vergleichsweise geringen Zinsaufwendungen in die Gruppe aufgenommen werden, um die Berechnungsbasis (30 % des steuerlichen EBITDA) für den abzugsfähigen Zinsüberhang zu erhöhen.
Nicht anwendbar ist die Zinsschrankenregelung für ein eigenständiges Unternehmen. Ein solches liegt vor, wenn die Körperschaft nicht vollständig in einen Konzernabschluss einbezogen wird, sie über kein verbundenes Unternehmen verfügt und sie auch keine ausländische Betriebsstätte verfügt („Stand-Alone“ Unternehmen).
Bei Kapitalgesellschaften ist die Regelung des verbundenen Unternehmens unstrittig. Bei Personengesellschaften ist hingegen die Besonderheit, dass diese steuerlich „transparent“ behandelt werden. Das steuerliche Ergebnis wird somit anders als bei Kapitalgesellschaften dem Gesellschafter zugerechnet und bei diesem versteuert. Die Finanzverwaltung sieht den Begriff des verbundenen Unternehmens jedoch als rechtsformunabhängig und damit auch Personengesellschaften (und auch natürliche Personen) als umfasst an. Somit würde bspw im Fall einer Kapitalgesellschaft mit einer Beteiligung von mehr als 25% an einer Personengesellschaft kein eigenständiges Unternehmen vorliegen und die Regelungen zur Zinsschranke wäre anwendbar.
Für Konzern- bzw. Gruppengesellschaften wurde ebenfalls ein Ausnahmetatbestand von der Zinsschrankenregelung geschaffen: Verglichen wird dabei die Eigenkapitalquote der Körperschaft bzw der Unternehmensgruppe mit jener des Konzernabschlusses. Erfolgt eine Einbeziehung in einen Konzernabschluss und ist die Eigenkapitalquote gleich hoch oder höher (Unterschreitung von max. 2 % ist unschädlich) wie jene des Konzerns, unterliegt die Körperschaft (bzw die Unternehmensgruppe) nicht der Zinsschranke.
Für den Eigenkapitalvergleich bei Unternehmensgruppen ist dazu die Erstellung eines eigenen „konsolidierten Gruppenabschlusses“ mit der vollständigen Einbeziehung der Gruppengesellschaften notwendig. Hier stellt sich die Frage wie inländische Personengesellschaften zu berücksichtigen sind, da diese formal keine Gruppenmitglieder sein können. Wird die vollständige Einbeziehung einer Personengesellschaft in den „konsolidierten Gruppenabschluss“ verneint, hätte eine Berücksichtigung nach der Equity Methode zu erfolgen. Bei der Equity Methode werden insbesondere Forderungen und Verbindlichkeiten nicht konsolidiert. Abhängig von der Finanzierungsstruktur könnte in solchen Konstellationen die Eigenkapitalquote des konsolidierten Gruppenabschlusses unter jener des Konzernabschlusses liegen und damit die Escape-Klausel nicht anwendbar sein.
Die noch jungen Regelungen zur Zinsschranke sind insbesondere auch aufgrund der Zinslandschaft sorgfältig im Auge zu behalten. So könnte es im Rahmen der Konzernsteuerplanung überlegenswert sein, den Umfang der Unternehmensgruppe zu erweitern oder aber auch Gruppenmitglieder aus einer bestehenden Unternehmensgruppe vor Jahresende auszuscheiden. Hierbei gilt es steuerliche Auswirkungen einer Änderung der Unternehmensgruppe mit jenen der Zinsschrankenregelung zu vergleichen und abzuwägen.
Zu beachten ist auch, dass der Vortrag von EBIDTA- und Zins-Überhängen antragsgebunden ist und dieser jährlich entsprechend im Veranlagungsverfahren durch den Steuerpflichtigen zu beantragen ist.
Im Hinblick auf den breiten Zinsbegriff, welcher unter anderem auch Bauzeitzinsen umfasst, könnte insbesondere auch für Immobiliengruppen das Zusammenspiel der (bestehenden) Unternehmensgruppe mit der Zinsschrankenregelungen zu überlegen und zu planen sein.
Viktoria Hamminger ist Berufsanwärterin in der Steuerberatung bei Deloitte Wien. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der steuerlichen Beratung von nationalen und internationalen Unternehmen und Konzernen in den Bereichen Tax Compliance, Tax Structuring und M&A mit Fokus auf Tax Due Diligence und steuerlicher Restrukturierung.
Claudia Milisits ist Senior Manager bei Deloitte in Wien. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der Beratung von nationalen und internationalen Unternehmensgruppen und Konzernen in den Bereichen Tax Compliance, Tax Structuring und M&A mit Fokus auf Tax Due Diligence und steuerliche Restrukturierung.