Posted: 14 Feb. 2023 6 min. read

BFG: Selbstnutzung einer Wohnung bei Miteigentumsgemeinschaft

Überblick

 

Das BFG hat sich mit der Frage beschäftigt, inwieweit eine von einem:r Miteigentümer:in privat genutzte Wohneinheit eines Gebäudes mit zwei Hälfteeigentümer:innen steuerlich anzuerkennen ist (RV/1100159/2019). Konkret stellt sich hierbei die Frage, ob bei Vorliegen eines ansonsten fremdüblichen Rechts- bzw Mietverhältnisses damit im Zusammenhang stehende Mieteinkünfte und Werbungskosten steuerlich berücksichtigt werden können oder ob eine steuerlich unbeachtliche Gebrauchsregelung vorliegt.

 

Sachverhalt

 

Einer von zwei Miteigentümern einer Liegenschaft mit fünf Wohn- bzw Geschäftseinheiten mietet seit 2010 eine der Wohnungen zu einem fremdüblichen Mietentgelt. Das Gebäude wurde im Jahr 2009 generalsaniert und bis zum Jahr 2014 wurden sämtliche Mieteinkünfte sowie Sanierungskosten und Vorsteuern zur Gänze steuerlich geltend gemacht.

Im Zuge einer im Jahr 2016 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung wurde festgestellt, dass die Vermietung an den Miteigentümer steuerlich nicht anzuerkennen sei, da dem Miteigentümer ohnehin eine Nutzungsberechtigung am Gebäude zustehe und die Nutzung daher eine steuerlich unbeachtliche Gebrauchsregelung darstelle. Die Begründung eines Mietverhältnisses sei sohin nicht erforderlich gewesen. Es stehe nicht die Vermietungsabsicht, sondern die Befriedigung eigener Wohnbedürfnisse im Vordergrund. Die mit der Wohnung im Zusammenhang stehenden Einnahmen und Ausgaben könnten demnach nicht steuerwirksam berücksichtigt werden. Weiters wurde festgestellt, dass ein im Gebäude befindliches Büro sowie ein Kellerabteil von den Miteigentümern unentgeltlich genutzt werde. Die Einnahmen aus der Vermietung sowie die Werbungskosten und Vorsteuern seien somit um den nichtabzugsfähigen Anteil (Wohnung, Büro, Kellerabteil) zu kürzen.

Das Finanzamt setzte die Einkünfte für die Jahre 2009 bis 2014 nach erfolgter Wiederaufnahme der Verfahren dementsprechend neu fest. Gegen die Bescheide erhoben die Miteigentümer Beschwerde und brachten im Wesentlichen vor, dass der Mietvertrag sich nicht von den anderen abgeschlossenen Mietverträgen unterscheide; Mietzins und Betriebskosten würden bezahlt, Indexanpassungen vorgenommen. Dieser sei daher fremdüblich und somit steuerlich anzuerkennen.

 

Entscheidung des BFG

 

Das BFG erwog in seiner Entscheidung, dass nach der älteren Rechtsprechung des VwGH die Einkünfte aus einer Vermietung an Miteigentümer dann steuerlich anzuerkennen seien, wenn diese aufgrund eines fremdüblichen Mietvertrages erfolgte. Nach der jüngeren Rechtsprechung des VwGH ist es für die steuerliche Anerkennung einer Vermietung an Miteigentümer jedoch nicht mehr ausreichend, dass diese aufgrund eines fremdüblichen Mietvertrages erfolgte. Vielmehr liegt der VwGH-Rechtsprechung zufolge bei Nutzung eines Gebäudeteils für eigene Wohnzwecke eines Miteigentümers - unabhängig von der Frage der Fremdüblichkeit – stets eine bloße Gebrauchsregelung vor. Die Fremdüblichkeit hingegen ist nur bei einer Vermietung von Wohneinheiten an nahe Angehörige der Miteigentümer von Bedeutung.

Im verfahrensgegenständlichen Fall findet die Nutzfläche des selbst genutzten Teils an der Liegenschaft im Hälfteeigentumsanteil des Beschwerdeführers großzügig Deckung, wodurch ein mittels Vertrags begründetes Mietverhältnis nicht erforderlich gewesen ist. Somit ist die Frage, ob ein fremdübliches Mietverhältnis vorliegt, für die vorliegende Entscheidung von Vornherein nicht von Relevanz.

Ergänzend hält das BFG bezüglich Fremdüblichkeit fest, dass die Tatsache, dass zusätzlich Büroräumlichkeiten sowie ein Kellerabteil von den Miteigentümern unentgeltlich genutzt werden, gegen eine Fremdüblichkeit des Mietverhältnisses spricht. Ebenso ist die vertraglich fixierte Laufzeit von zehn Jahren im Vergleich zu den übrigen abgeschlossenen Mietverträgen (ein bzw drei Jahre) nicht fremdüblich.

 

Fazit

 

Wird eine Wohnung einer in Miteigentum stehenden Liegenschaft von einem:r Miteigentümer:in für eigene Wohnzwecke genutzt, ist grundsätzlich von einer steuerlich nicht relevanten Gebrauchsregelung auszugehen. Infolgedessen müssen die Vermietungseinnahmen inklusive allfällig geltend gemachter Vorsteuern und Werbungskosten um den Anteil der Selbstnutzung gekürzt werden. Übersteigt die von einem:r Miteigentümer:in zu Selbstzwecken genutzte Fläche jedoch deren Miteigentumsanteil, können bei Vorliegen eines fremdüblichen Mietverhältnisses die übersteigenden Mieteinkünfte bei den übrigen Miteigentümer:innen anteilig angesetzt werden.

 

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Johanna Rizzi, MSc (WU)

Johanna Rizzi, MSc (WU)

Senior Steuerberatung | Deloitte Österreich

Johanna Rizzi ist Steuerberaterin bei Deloitte Wien. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der steuerlichen Beratung von Privatpersonen (Private Clients), Privatstiftungen, und Familienunternehmen sowie im Bereich der Immobilien- und Kapitalvermögensbesteuerung. Sie ist weiters Autorin diverser Fachbeiträge im Steuerrecht.

Patrick Schmol, BSc. (WU)

Patrick Schmol, BSc. (WU)

Associate Steuerberatung | Deloitte Österreich

Patrick Schmol ist als Associate in der Steuerberatung bei Deloitte Wien tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der Beratung von Privatpersonen (Private Clients), Privatstiftungen, Familienunternehmen und im Bereich der Immobilien- und Kapitalvermögensbesteuerung.