Posted: 06 Feb. 2023 4 min. read

VwGH: Verdeckte Gewinnausschüttung auch ohne ausschüttungsfähigen Gewinn

Überblick

 

Der VwGH hatte zu entscheiden, ob eine kapitalertragsteuerpflichtige verdeckte Ausschüttung auch ohne ausschüttungsfähigen Bilanzgewinn vorliegen kann. Der VwGH bestätigt dies und weist auf die Nachweispflicht von Einlagenrückzahlungen hin (VwGH 30.06.2022, Ra 2019/13/0051).

 

Sachverhalt

 

Im gegenständlichen Fall hatte eine ausländische Gesellschaft eine österreichische Tochtergesellschaft. Obwohl sich die ausländische Muttergesellschaft schon seit längerem in Zahlungsschwierigkeiten befand, gewährte ihr die österreichische Tochtergesellschaft ein Darlehen über rd EUR 13 Mio. Schließlich konnte das Darlehen nicht mehr eingebracht werden und wurde seitens der Tochtergesellschaft steuerwirksam abgeschrieben. Im Zuge einer Außenprüfung wurde mangels fremdüblicher Gestaltung des Darlehens die steuerwirksame Abschreibung versagt und eine verdeckte Gewinnausschüttung festgestellt.

Die ausländische Gesellschaft war zu mehr als 10% an der österreichischen Gesellschaft beteiligt, sodass Ausschüttungen auf Grund der KESt-Schachtel zumindest für EU-Gesellschaften kapitalertragsteuerfrei sind. Diese KESt-Befreiung gilt jedoch nicht im Fall verdeckter Ausschüttungen, weshalb der österreichischen Gesellschaft als Abzugsverpflichteten die Kapitalertragsteuer im Haftungswege vorgeschrieben wurde. In der dagegen eingebrachten Beschwerde wurde argumentiert, dass jedenfalls keine KESt-pflichtige Ausschüttung vorliegen kann, da auf Ebene der österreichischen Gesellschaft kein ausschüttungsfähiger Gewinn vorhanden sei. Das steuerliche Evidenzkonto wies einen Innenfinanzierungsstand von Null aus, aber einen disponiblen Einlagenstand der weit über dem Darlehensbetrag lag. Es könne daher nur eine Rückzahlung der disponiblen Einlagen vorliegen, welche ohnehin keine Kapitalertragsteuerpflicht auslösen kann.

 

Entscheidung des VwGH

 

Der VwGH führt aus, dass nach ständiger Rechtsprechung bei einer nicht fremdüblichen Vorteilsgewährung der Gesellschaft an den Gesellschafter von einer verdeckten Gewinnausschüttung auszugehen ist, außer es wird der Nachweis erbracht, dass Einlagen rückbezahlt werden. Dass keine ausschüttungsfähigen Gewinne vorliegen, ist jedenfalls kein Nachweis für eine Einlagenrückzahlung. Liegt kein Bilanzgewinn vor, aber ausreichende Einlagen, kann somit nicht automatisch von einer Einlagenrückzahlung ausgegangen werden. Da im vorliegenden Fall keinerlei Nachweise über eine Einlagenrückzahlung erbracht wurden, wurde das Vorliegen einer kapitalertragsteuerpflichtigen verdeckten Ausschüttung durch den VwGH bestätigt.

 

Fazit

 

Der VwGH arbeitet heraus, dass das Fehlen eines ausschüttungsfähigen Gewinnes und zugleich das Vorhandensein von ausreichenden Einlagen am Evidenzkonto eine verdecke Gewinnausschüttung nicht ausschließen kann. Einlagenrückzahlungen müssen durch eine entsprechende Abbildung am steuerlichen Evidenzkonto sowie durch die Einreichung einer Kapitalertragsteueranmeldung dokumentiert werden. Zu beachten gilt, dass verdeckte Gewinnausschüttungen nach ständiger Rechtsprechung nur bis zum Ende des jeweiligen Wirtschaftsjahres rückgängig gemacht werden können. In der Praxis werden verdeckte Gewinnausschüttungen oft Jahre später im Zuge von Betriebsprüfungen festgestellt, weshalb eine nachträglich Umqualifizierung in der Regel nicht mehr möglich sein wird.

 

 

Anmeldung zum Erhalt von Informationen und Newslettern

Ihr Kontakt

Mag. Wilfried Krammer

Mag. Wilfried Krammer

Partner BPS | Deloitte Österreich

Wilfried Krammer ist Partner bei Deloitte. Als Steuerberater verfügt er über langjährige Erfahrung in der Beratung von Familienunternehmen und Tochtergesellschaften von multinationalen Unternehmen. Er unterstützt Unternehmen mit maßgeschneiderten Lösungen im Rechnungswesen. Dies geschieht durch Outsourcing der Buchhaltung und Lohnverrechnung, Co-Sourcing sowie dem Einsatz seines Teams vor Ort beim Klienten. Darüber hinaus hat er einen speziellen Beratungsschwerpunkt im Gemeinnützigkeitsrecht, insbesondere in Kunst & Kultur, Sport und im Sozialbereich.

Tim Auer, B.Sc.

Tim Auer, B.Sc.

Tax Consultant | Deloitte Österreich

Tim Auer ist Berufsanwärter zum Steuerberater und bei Deloitte im Bereich Finance & Accounting tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der laufenden nationalen und grenzüberschreitenden steuerlichen Beratung von familiengeführten Unternehmen sowie von Non-Profit Organisationen. Darüber hinaus beschäftigt er sich mit bilanziellen Fragestellungen.