Im Kontext von M&A-Transaktionen mit österreichischem Bezug kommt es in den letzten Jahren dem internationalen Trend folgend vermehrt zum Abschluss von sogenannten „W&I-Versicherungen“ (warranties & indemnities insurances). Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick über den Inhalt und Hintergrund solcher Versicherungen und diskutiert mögliche steuerliche Folgen.
W&I-Versicherungen dienen vornehmlich der Abdeckung von Ri-siken, die im Rahmen von Garantie- oder Gewährleistungsverletzungen im Zuge von Unternehmenstransaktionen entstehen. Eine W&I-Versicherung kann sowohl vom Unternehmenserwerber, als auch vom Unternehmensveräußerer abgeschlossen werden, allerdings kommt der Abschluss durch den:die Erwerber:in in der Praxis deutlich häufiger vor.
Derartige Versicherungen können die Notwendigkeit der Durchführung einer Due Diligence nicht ersetzen, sondern sollen diese ergänzen und (je nach Ausgestaltung) die in der Due Diligence aufgezeigten Risiken bzw unter Umständen zusätzlich die vom Untersuchungsumfang der Due Diligence nicht abgedeckten Themen versichern. Im Normalfall erstrecken sich W&I-Versicherungen somit aus steuerlicher Sicht auf bestimmte, vertraglich definierte steuerliche Risken: Denkbar wären hier etwa steuerliche Feststellungen im Rahmen einer Außenprüfung, die zu einer Steuernachzahlung für Perioden führen, die dem Unternehmenserwerb zeitlich vorangehen. Zu beachten ist aber, dass im Rahmen der Tax Due Diligence aufgedeckte oder sonst offengelegte Steuerrisiken, die eine bestimmte Eintrittswahrscheinlichkeit aufweisen, vom Versicherungsschutz im Regelfall ausgenommen werden.
Käuferseitig hat der Abschluss einer derartigen Versicherung den Vorteil einer höheren Rechts- und Zahlungssicherheit im Falle von Garantie- oder Gewährleistungsverletzungen des Verkäufers. Weiters kann die Aussicht auf den Abschluss einer W&I-Versicherung zu einem schnelleren Vertragsabschluss zwischen beiden Parteien führen.
Aufgrund der steigenden Zahl von W&I-Versicherungen kommt in der Praxis wiederholt die Frage auf, wie die Versicherungsprämien bzw etwaige Versicherungszahlungen bei Eintritt des Versicherungsfalles aus ertragsteuerlicher Sicht zu würdigen sind. Auch Fragen zum Themenbereich der Versicherungssteuer können sich ergeben.
Wie erwähnt werden W&I-Versicherungen hauptsächlich vom Unternehmenserwerber abgeschlossen, wobei dieser im Gegenzug zum Versicherungsschutz entsprechende Versicherungsprämien zu leisten hat. Sollten die Versicherungsprämien von einem:einer in Österreich ansässigen Erwerber:in (zB österreichische Kapitalgesellschaft) geleistet werden, stellt sich zunächst die Frage nach einem Betriebsausgabenabzug. Eingangs ist zu erwähnen, dass es zur Frage der steuerlichen Abzugsfähigkeit der W&I-Versicherungsprämien – soweit ersichtlich – keine gesicherte Rechtsprechung oder Verwaltungsmeinung gibt.
Im betrieblichen Bereich stellt sich daher zunächst die Frage, ob der Abschluss der W&I-Versicherung betrieblich veranlasst ist: Dies sollte im Regelfall erfüllt sein, da die Versicherungsprämien einen offensichtlichen Bezug zu steuerlichem Betriebsvermögen (zB angeschaffte Kapitalbeteiligung oder Personengesellschaftsanteil) aufweisen.
Schließlich müsste im Einzelfall auch untersucht werden, ob die Versicherungsprämien steuerlich auf die angeschaffte Beteiligung zu aktivieren wären. Unter Rückgriff auf den steuerlichen bzw unternehmensrechtlichen Anschaffungskostenbegriff lässt sich etwa argumentieren, dass es sich bei den Versicherungsprämien um keine Kosten handelt, die notwendig sind, um die Kapitalbeteiligung zu erwerben oder diese in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, da der Abschluss der W&I-Versicherungen oftmals vom eigentlichen Erwerbsvorgang rechtlich und wirtschaftlich unabhängig ist. Festzuhalten wäre allerdings auch, dass - insbesondere bei einer stark ausgeprägten Anknüpfung des Erwerbs (zB im Unternehmenskaufvertrag oder durch die Weigerung des:der Verkäufers:Verkäuferin, steuerliche Risiken vertraglich zu tragen) an den Versicherungsabschluss - auch eine Aktivierungspflicht argumentiert werden könnte.
Eine weitere steuerlich zu nehmende Hürde für Körperschaften ist die Bestimmung des § 12 Abs 2 KStG, wonach (vereinfacht) Aufwendungen im Zusammenhang mit steuerbefreiten oder steuerneutralen Einnahmen nicht abzugsfähig sind. Auch hier könnte etwa argumentiert werden, dass die Versicherungsprämien iZm Kapitalanteilen stehen und somit nicht abzugsfähig sind, da die aus der Kapitalbeteiligung zufließenden Beteiligungserträge sowie (unter Umständen) etwaige Veräußerungsgewinne steuerneutral wären. Allerdings wird man diesem Argument entgegenhalten müssen, dass der entsprechende Aufwand aus den Versicherungsprämien stärker mit dem möglichen (steuerwirksamen) Eintritt des Versicherungsfalls und weniger mit dem Kapitalanteilserwerb verknüpft ist.
Eine weitere steuerliche Fragestellung kann sich aus dem Eintritt des Versicherungsfalls ergeben, wenn bspw im Rahmen einer Abgabenprüfung eine Steuer festgesetzt wird, für die ein Versicherungsschutz besteht. Je nach Ausgestaltung des Versicherungsvertrags kann in weiterer Folge, sobald die Steuerfestsetzung etwa in Rechtskraft erwächst, von der Versicherungsgesellschaft eine Zahlung an den Versicherungsnehmer als Ausgleich erfolgen. Auch hier stellt sich sodann die Frage, wie die Versicherungsauszahlung körperschaftsteuerrechtlich zu behandeln ist.
Sofern eine steuerliche Abzugsfähigkeit bzw (unter Umständen) eine Aktivierungspflicht der Versicherungsprämien gegeben wäre (siehe dazu oben), würde es systemkonform erscheinen, die Versicherungszahlung als körperschaftsteuerpflichtiges Einkommen zu behandeln, und zwar auch in jenen Fällen, wo die Versicherungszahlung zum Ausgleich einer festgesetzten (steuerlich nicht abzugsfähigen) Körperschaftsteuer geleistet wird. Allerdings besteht auch zu dieser Frage – soweit ersichtlich – keine gesicherte Rechtsprechung oder Verwaltungsmeinung und eine genauere steuerliche Analyse der Art des Versicherungsfalles wäre geboten. Demgemäß sollte im Versicherungsvertrag auch eine Klausel (gross-up) betreffend eine allfällige Steuerlast auf die Ersatzleistung aufgenommen werden.
W&I-Versicherungen kommen in den letzten Jahren auch bei M&A-Transaktionen mit österreichischem Bezug immer häufiger zum Einsatz. Wie aufgezeigt, werfen derartige Versicherungen aus steuerlicher Sicht zahlreiche Fragestellungen auf, die aus derzeitiger Sicht noch nicht eindeutig geklärt sind.
Samir Kovacevic ist Senior Manager Steuerberater im M&A Tax Team und seit 2015 bei Deloitte am Standort Wien tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen M&A Tax, dem internationalen Steuerrecht und dem Konzernsteuerrecht. Als Teil des M&A Tax-Teams zeichnet er für die erfolgreiche Durchführung von zahlreichen M&A-Projekten verantwortlich.