In Österreich hat sich bei einigen Netzbetreibern die Praxis entwickelt, Netzzutrittsentgelte „doppelt“ zu verrechnen, wenn zusätzlich erneuerbare Erzeugungsanlagen wie Photovoltaikanlagen installiert werden. Ein in Sommer medial bekannt gewordener Anlassfall (wir berichteten in unseren Tax & Legal Breaking News Nr 8/2024, 31.07.2024) bringt diese Praxis nun gehörig ins Wanken. Der OGH schafft jetzt Klarheit.
Die Entscheidung des OGH
Zur Erinnerung: Der Flughafen Wien sollte einem Wiener Netzbetreiber aufgrund der Installation weiter Photovoltaikanlagen am Flughafengelände zusätzliches (doppeltes) Netzzutrittsentgelt bezahlen (Begründung: der Flughafen sei nicht mehr nur Strombezieher, sondern auch Erzeuger und Einspeiser), obwohl es durch die Installation der weiteren Photovoltaikanlagen zu keinem erstmaligen Neuanschluss und auch zu keiner Erhöhung der bereits vorhandenen Anschlussleitung kam. Der Flughafen verweigerte die Zahlung, der Wiener Netzbetreiber klagte. Die Vorinstanzen bestätigen die Ansicht des Flughafens, weshalb der Wiener Netzbetreiber Revision erhob.
Mit Urteil 1 Ob 85/24t vom 25.09.2024 hat der OGH der Klage des Wiener Netzbetreibers nicht Folge gegeben. Zusammengefasst aufgrund folgender Wesentlicher Begründung:
Auswirkungen
Mit diesem Urteil hat der OGH nun klargestellt, dass die Verrechnung eines doppelten Netzzutrittsentgelts unzulässig ist, sofern kein neuer Anschluss hergestellt oder die bestehende Anschlussleistung nicht erhöht wird.
Legal Tipp
Zuviel verrechnete Netzzutrittsentgelte, die auf § 54 ElWOG basieren, können von Betroffenen nun mit zivilrechtlichen (Rückforderungs-) Ansprüchen abgewehrt oder zurückgefordert werden. Dies ist jedenfalls binnen 3 Jahren ab Zahlung des doppelten Netzzutrittsentgelts möglich. Abhilfe kann bei drohendem Verjährungseintritt die Abgabe eines Verjährungsverzichtes durch den jeweiligen Netzbetreiber sein, sodass Zeit bleibt, außergerichtlich eine Lösung zu finden.
Bojana Vareskic ist Partnerin und leitet den Fachbereich Dispute Resolution. Sie berät Mandanten in zivilrechtlichen Belangen und vertritt Mandanten in komplexen Gerichtsverfahren, regelmäßig mit grenzüberschreitendem Bezug. Ihre Schwerpunkte sind streitige Auseinandersetzungen betreffend wirtschaftsbezogene Themen, Vollstreckung von ausländischen Urteilen und in- und ausländischen Schiedssprüchen sowie alle Arten des kollektiven Rechtsschutzes.
Sandra Kasper ist Rechtsanwältin mit Schwerpunkt auf öffentliches Wirtschaftsrecht, insbesondere in den Bereichen Anlagen-, Umwelt- und Energierecht, Eisenbahnrecht und Vergaberecht. Sie berät und begleitet Industrie- und Infrastrukturprojekte, Energieversorgungsunternehmen sowie Betriebsanlagen in unterschiedlichen Sparten und Größen. Sie berät in allen rechtlichen Fragen bspw zu Umweltverträglichkeitsprüfungen, Wasserrecht, Abfallrecht, Baurecht, Naturschutzrecht etc sowie bei planerischen Fragen, beginnend bei der Projektierung, bis zur Umsetzung eines Projekts und schließlich deren Betrieb.