Die Dreiecksgeschäftsregelung bringt vielen Unternehmer:innen Vereinfachungen bei der Abwicklung von Reihengeschäften, verlangt aber auch das Erfüllen gewisser Voraussetzungen, damit diese in Anspruch genommen werden kann. Während der Gesetzgeber mit 1.1.2023 die Dreiecksgeschäftsregelung erfreulicherweise erweitert hat, bleiben bis dato Fragen iZm Konsequenzen bei missglückten Dreiecksgeschäften und deren Sanierbarkeit offen. Das BFG hat sich in zwei Erkenntnissen ua mit diesem Thema auseinandergesetzt.
Mit 1.1.2023 hat der Gesetzgeber die Anwendungsmöglichkeit der Dreiecksgeschäftsregelung ausgeweitet. Bisher waren Dreiecksgeschäfte nur mit 3 beteiligten Unternehmer:innen aus drei verschiedenen Mitgliedsstaaten möglich. Die Dreiecksgeschäftsregelung ist als Vereinfachung für den:die Erwerber:in, also den:die mittlere:n Unternehmer:in gedacht. Ihn:Ihr sollen keine umsatzsteuerlichen Pflichten im Bestimmungsmitgliedsstaat treffen. Nunmehr besteht die Möglichkeit aus einem Reihengeschäft mit mehr als drei Beteiligten ein Dreiecksgeschäft – sozusagen – herauszuschälen. Voraussetzung für diese Möglichkeit ist unter anderem jedoch, dass
Die neu geschaffene Möglichkeit, bei einem Reihengeschäft mit mehr als drei beteiligten Parteien die Dreiecksgeschäftsregelung zu nutzen, hilft umsatzsteuerliche Registrierungen im Ausland zu vermeiden und führt so zu administrativen Erleichterungen.
In seinem Erkenntnis vom 7.12.2023, RV/6100547/2015, befasste sich das BFG mit der Frage der rückwirkenden Sanierbarkeit von festgesetzten innergemeinschaftlichen Erwerben aufgrund von fehlenden Angaben in den ursprünglich ausgestellten Rechnungen, wenn nachträglich Rechnungen ausgestellt werden, die alle geforderten Rechnungsmerkmale enthalten.
Das BFG kam mit Verweis auf die EuGH-Rechtsprechung vom 8.12.2022, C-247/21, Luxury Trust Automobil GmbH, zum Ergebnis, dass die ursprünglich ausgestellten (mangelhaften) Rechnungen nicht geeignet waren, die Rechtsfolgen der Dreiecksgeschäftregelung (hier konkret den Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger) zu bewirken, weshalb nicht sämtliche materiellen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Vereinfachungsregel für Dreiecksgeschäfte erfüllt waren. Die nachträglich ausgestellten Rechnungen entfalten keine Rückwirkung (ex tunc-Wirkung) auf die ursprünglich ausgestellten Rechnungen und können diese somit auch nicht rückwirkend berichtigen.
In seinem Erkenntnis vom 7.12.2023, RV/6101039/2015, befasste sich das BFG mit der Frage, ob die nachträglich ausgestellten Rechnungen betreffend in Vorjahren ausgeführten Lieferungen dazu führen können, dass die Vereinfachungsregel für Dreiecksgeschäfte ab dem Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen (dh im konkreten Fall ab dem Vorliegen vollständiger Rechnungen) zur Anwendung gebracht werden kann.
Mit Verweis auf die EuGH-Rechtssache Luxury Trust Automobil GmbH ist es für das BFG nicht sachgerecht, wenn eine nachträgliche und gleichzeitig erstmalige Ausstellung einer die notwendigen Tatbestandsvoraussetzungen für die Steuerschuldverlagerung auf den:die Empfänger:in der Lieferung erfüllende Rechnung zwar zugelassen, dieser Rechnung aber dann jede Wirkung für die Vergangenheit oder Zukunft abgesprochen wird. Somit gelangte das BFG zur Ansicht, dass ab Erfüllung sämtlicher Tatbestandsvoraussetzungen die Anwendbarkeit der Vereinfachungsregel für Dreiecksgeschäfte (mit den verbundenen Rechtswirkungen) möglich ist und bejahte somit eine ex nunc-Anwendbarkeit der Vereinfachungsregel für Dreiecksgeschäfte. Gegen dieses BFG-Erkenntnis wurde Amtsrevision eingebracht; es bleibt daher abzuwarten, wie der VwGH in dieser Sache entscheiden oder ob er den Sachverhalt dem EuGH vorlegen wird.
Die seit 1.1.2023 modifizierte Dreiecksgeschäftsregelung, nach der mehr als 3 Unternehmer:innen beteiligt sein können, bringt den Unternehmer:innen administrative Erleichterungen. In Bezug auf eine rückwirkende Sanierung von missglückten Dreiecksgeschäften scheidet eine solche nach der aktuellen BFG-Rechtsprechung mit Verweis auf EuGH aus. Bejaht wurde hingegen vom BFG eine ex nunc-Anwendbarkeit der Vereinfachungsregel für Dreiecksgeschäfte; da gegen das Erkenntnis Amtsrevision eingebracht wurde, bleibt abzuwarten, wie der VwGH weiter vorgehen wird.
Verena Gabler ist Partner im Bereich Steuerberatung und leitet die Tax Management Consulting Abteilung bei Deloitte Österreich. Die Umsatzsteuer-Spezialistin hat sich auf die Prozessberatung spezialisiert und unterstützt ihre Klienten bei der Entwicklung und Implementierung von Steuerkontrollsystemen. Dabei begleitet sie ihre Klienten bei der Analyse und Reduktion von steuerlich relevanten Risiken, der Optimierung von Prozessen und der Erhöhung des Automatisierungsgrades der Steuerfunktion durch den Einsatz von steuerrelevanter Software.
Julian Kuderer ist als Steuerberater und Senior Manager im Bereich Indirect Tax bei Deloitte Wien tätig. Er berät national und international tätige Klienten in sämtlichen Fragen des Umsatzsteuerrechts. Sein Schwerpunkt liegt ua in den Bereichen grenzüberschreitende Transaktionen und deren umsatzsteuerliche Auswirkungen, Digitalisierung und Telekommunikation sowie Kammerumlage 1. Weiters ist er auch im Knowledge Management tätig und beschäftigt sich mit den neuesten Entwicklungen im Bereich der Umsatzsteuer. Er ist zudem Fachvortragender und Autor zahlreicher Fachpublikationen.