Die Beschwerdeführerin stellte einen Antrag auf unilaterale Entlastung gem. § 48 Abs. 5 BAO in Form einer Freistellung von in Liechtenstein besteuerten Einkünften, und in eventu um die Anrechnung liechtensteinischer Steuer. Antragsgegenständlich waren österreichische Pensionseinkünfte sowie Einkünfte aus einer liechtensteinischen Stiftung und einer liechtensteinischen Anstalt.
Ursache der Doppelbesteuerung war zum einen ein Zurechnungskonflikt als auch ein Ansässigkeitskonflikt. Die Anstalt wurde nach österreichischem Steuerrecht als intransparent und die Stiftung als transparent behandelt. Somit wurden die Einkünfte der Stiftung direkt der Beschwerdeführerin zugerechnet, während die Einkünfte der Anstalt dieser selbst zugordnet wurden. Die liechtensteinische Finanzverwaltung hat die Einkünftezuordnung entgegengesetzt beurteilt. Die Anstalt wurde als steuerlich transparent behandelt und die Stiftung als intransparent („Zurechnungskonflikt“). Darüber hinaus haben beide Vertragsstaaten die abkommensrechtliche Ansässigkeit der Beschwerdeführerin dem jeweiligen eigenen Staat zugeordnet („Ansässigkeitskonflikt“).
Dem Antrag auf unilaterale Entlastung gem. § 48 Abs. 5 BAO ist ein Beschwerdeverfahren als auch ein Verständigungsverfahren nach dem Doppelbesteuerungsabkommen Österreich – Liechtenstein vorausgegangen. Das Beschwerdeverfahren endete mit einer BFG-Entscheidung (RV/1100089/2012), in der das Gericht die Ansässigkeit der Beschwerdeführerin mangels erbrachter Nachweise Österreich zuordnete. Aufgrund dieser BFG-Entscheidung war die österreichische Behörde hinsichtlich ihrer Flexibilität im Verständigungsverfahren eingeschränkt (Behörden sind gem. § 279 Abs. 3 BAO an die Entscheidungen des BFG gebunden), sodass keine Einigung erzielt werden konnte und das Verständigungsverfahren scheiterte.
Die doppelte Besteuerung auf Ebene der Stiftung und Anstalt einerseits und auf Ebene der Beschwerdeführerin andererseits stellt nach Ansicht des BFG eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung (Besteuerung bei unterschiedlichen Steuersubjekten) dar.Das BFG hielt jedoch fest, dass aus der aktuellen Rechtsprechung des VwGH zu entnehmen sei, dass die Anwendbarkeit des § 48 Abs. 5 BAO eine echte (juristische) Doppelbesteuerung (darunter wird die Erhebung gleichartiger Steuern von demselben Steuerpflichtigen für denselben Zeitraum verstanden) erfordere, die im vorliegenden Fall nicht gegeben war (siehe u.a. VwGH vom 29.1.1988, 95/15/0043, vom 28.9.2004, 2000/14/0172 und vom 30.6.2021, Ra 2021/15/0042)..
In Hinblick auf die Pensionseinkünfte in Österreich war ebenfalls das Erfordernis einer echten (juristischen) Doppelbesteuerung zu prüfen. Diesbezüglich hielt das BFG fest, dass der § 48 Abs. 5 BAO nur subsidiär zur Anwendung kommt, und nicht dazu dient im Festsetzungsverfahren unterlassene Einwendungen nachzuholen (siehe VwGH vom 18.12.2019, Ro 2018/15/0025). Nachdem die Beschwerdeführerin hinsichtlich der Pensionseinkünfte weder ein Verständigungsverfahren geführt noch eine Bescheidbeschwerde eingereicht hat, sind nach Ansicht des BFG die Anwendungsvoraussetzungen für § 48 Abs. 5 BAO nicht erfüllt.
Das BFG hielt überdies fest, dass die Beschwerdeführerin im Verfahren vor dem BFG (RV/1100089/2012) und im Verständigungsverfahren nicht entsprechend mitgewirkt hat und dadurch verabsäumte, Beweismittel zum Nachweis und zur Begründung ihrer Ansässigkeit in Liechtenstein zu präsentieren, und dadurch unter Verletzung ihrer gebotenen erhöhten Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten zur Doppelbesteuerung beigetragen hat.
Das BFG kommt zum Schluss, dass eine fehlende oder mangelhafte Mitwirkung der:des Steuerpflichtigen in einem Verständigungs- oder Beschwerdeverfahren, welches einem Antrag nach § 48 Abs. 5 BAO vorausgeht, die Erforderlichkeit einer unilateralen Entlastung negativ beeinflusst.
Ob eine fehlende Mitwirkung der:des Steuerpflichtigen im Verständigungsverfahren für einen Antrag nach § 48 Abs. 5 BAO negativ ausgelegt werden kann, ist fraglich, zumal ein zwischenstaatliches Verfahren außerhalb des Anwendungsbereiches der BAO stattfindet und dem Antragsteller somit keine Parteistellung iSd BAO zukommt.
Das BFG erklärt aber die ordentliche Revision beim VwGH für zulässig, da es zur Rechtsfrage, ob eine bloße wirtschaftliche Doppelbesteuerung die Anwendungskriterien einer unilaterale Maßnahme iSd § 48 Abs. 5 BAO erfüllt, keine ausdrückliche höchstgerichtliche Rechtsprechung gibt. Soweit ersichtlich, wurde keine Revision gegen das Erkenntnis des BFG beim VwGH erhoben.
Kim ist Associate und Berufsanwärterin in der Steuerberatung bei Deloitte Wien. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Transfer Pricing sowie im Internationalen Steuerrecht.
Wolfgang Prehal ist Steuerberater bei Deloitte Wien. Sein Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der laufenden steuerlichen Beratung nationaler und internationaler Unternehmen und Konzernen. Als Teil des Verrechnungspreis Teams unterstützt er zudem in der Beratung von multinational agierenden österreichischen Unternehmen und österreichischen Geschäftseinheiten ausländischer Unternehmensgruppen.