Posted: 08 Jan. 2024 3 min. read

Mantelkauf und Verlustabzug

Kein Mantelkauf im Gesamtbild der Verhältnisse

Abstract

 

Steuerliche Verlustvorträge können grundsätzlich zeitlich unbegrenzt vorgetragen und mit laufenden Gewinnen der Gesellschaft verrechnet werden. Kommt es bei einer Körperschaft kumulativ in Zusammenhang mit einer wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage auch zu einer wesentlichen Änderung der organisatorischen und wirtschaftlichen Struktur, ist ein Mantelkauf gegeben und die steuerlichen Verlustvorträge gehen unter. Nach hL und Verwaltungspraxis ist eine wesentliche Änderung der einzelnen Strukturmerkmale ab einer Änderung von mindestens 75 % anzunehmen.

Das BFG hatte in seiner Entscheidung vom 3.8.2023 (RV/5101166/2018) zu beurteilen, ob ein im Jahr 2009 erzielter Verlust abzugsfähig bleibt, wenn eine Änderung in der Geschäftsführung eingetreten war, mehr als die Hälfte der Gesellschaftsanteile verkauft worden war und auch eine Änderung hinsichtlich der wirtschaftlichen Tätigkeit der Beschwerdeführerin eingetreten war.

 

Sachverhalt

 

Beschwerdeführerin war eine GmbH, die seit dem Jahr 2007 im Geschäftszweig „Ankauf, Entwicklung und Verwertung von Immobilien und Abwicklung von Bauträgergeschäften“ tätig war. Im Jahr 2008 wurde die GmbH zur Gänze von einem der Gründer (A) übernommen und weitergeführt. Im Jahr 2009 ist es zu einem erheblichen Verlust iHv rd EUR 400.000 aus der Nichtverwirklichung eines Wohnbauprojektes gekommen. In Folgejahren entstanden zudem weitere, niedrigere Verluste. 2009 wurde die Liquidation eröffnet, 2012 jedoch wieder aufgehoben. Im Jahr 2012 veräußerte der Alleingesellschafter A 55 % der Anteile an einen Dritten. Im Zuge der Anteilsveräußerung blieb A weiterhin Geschäftsführer der Gesellschaft, der Geschäftsführer des neuen Gesellschafters wurde jedoch zusätzlich zum Geschäftsführer der Beschwerdeführerin bestellt. Der Schwerpunkt der Tätigkeit verlagerte sich im Zuge des Anteilsverkaufs hin zur „Vermittlung von Beteiligungen an Immobilienprojekten“. Im Zeitpunkt des Verkaufs im Jahr 2012 bestand bei der Beschwerdeführerin ein angelaufener Verlust iHv rd EUR 400.000. In den Jahren 2014 und 2015 wurden Gewinne erzielt und der Verlustvortrag wurde verrechnet.  Im Rahmen einer Betriebsrüfung für die Jahre 2014 bis 2016 nahm das Finanzamt einen Mantelkauf im Rahmen der Anteilsübertragung in 2012 an und versagte den Abzug der Verlustvorträge. Gegen diese Entscheidung erhob die Beschwerdeführerin nach abweisender Beschwerdevorentscheidung Beschwerde.

 

Entscheidung des BFG

 

Das BFG hatte demnach zu prüfen, ob die Identität der Beschwerdeführerin infolge einer wesentlichen Änderung der organisatorischen und wirtschaftlichen Struktur iZm einer wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage nach dem Gesamtbild der Verhältnisse nicht mehr gegeben war.

Da ein zusätzlicher Geschäftsführer bestellt wurde, lag gegenständlich jedenfalls eine Änderung der organisatorischen Struktur, das ist eine Änderung der faktischen Geschäftsführung einer Körperschaft, um 50 %, vor. Das BFG stellte zudem fest, dass A nach dem Gesellschafterwechsel nur noch formell Geschäftsführer war, nicht jedoch faktisch, womit im Ergebnis eine 100 % – und damit wesentliche –Änderung der wirtschaftlichen Struktur eingetreten war.

Eine wesentliche Änderung der Gesellschafterstruktur liegt vor, wenn sich mehr als 75 % der Vorstruktur ändert. Dies ist stets im Einzelfall zu beurteilen. Da gegenständlich nur 55 % der Anteile übertragen wurden, lag nach Ansicht des BFG keine wesentliche Änderung der Gesellschafterstruktur vor.

Eine Änderung der wirtschaftlichen Struktur liegt vor, wenn die aus Vermögen und Tätigkeit gebildete wirtschaftliche Einheit der Körperschaft verloren geht. Dies kann auch der Fall sein, wenn eines der identitätsstiftenden Merkmale sich wesentlich ändert (zB Vermögen oder Tätigkeit). Gegenständlich betraf die wirtschaftliche Tätigkeit stets die gleiche Branche und der Unternehmensgegenstand hatte sich vom Ankauf, Entwicklung und Verkauf von Immobilien zur Vermittlung von Immobilienprojekten geändert. Die Änderung des Unternehmensgegenstandes war nach Ansicht des BFG nur unwesentlich. In derartigen Fällen kann von wesentlicher Änderung der wirtschaftlichen Struktur nur gesprochen werden, wenn sich zusätzlich erhebliche Veränderungen im Bereich des Betriebsvermögens ergeben, was gegenständlich nach Ansicht des BFG auch nicht der Fall war.

Im Gesamtbild der Verhältnisse hatte sich nach Ansicht des BFG daher nur eines von drei Strukturmerkmalen wesentlich geändert, der Mantelkauftatbestand war nicht erfüllt und die steuerlichen Verluste waren abzugsfähig.

 

Fazit

 

Der Mantelkauftatbestand ist nach Ansicht des BFG nur dann erfüllt, wenn sämtliche wesentlichen Strukturänderungen gemeinsam vorliegen. Ausreichend ist nicht eine bloße Änderung der Strukturmerkmale, vielmehr müssen diese sich wesentlich ändern, damit der Mantelkauftatbestand erfüllt ist. Es ist stets das Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. Liegt bereits eine der drei Strukturänderungen nicht oder nicht wesentlich vor, ist der Mantelkauftatbestand nicht erfüllt.

Zu beachten ist, dass gegen die Entscheidung des BFG eine Amtsrevision eingebracht wurde, die Entscheidung des VwGH bleibt daher abzuwarten. 

 

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Mag. Clemens Prinz, BSc (WU)

Mag. Clemens Prinz, BSc (WU)

Senior Manager Steuerberatung | Deloitte Österreich

Clemens Prinz ist Steuerberater bei Deloitte Wien. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Konzernsteuerrecht, M&A und Umgründungssteuerrecht.