Posted: 05 Jul. 2024 12 min. read

Pillar Two: Was ist für österreichische Geschäftseinheiten in 2024 noch zu tun?

Seit dem Inkrafttreten des Mindestbesteuerungsgesetzes („MinBestG“) am 31. Dezember 2023 ist bereits ein halbes Jahr vergangen, in dem (multi-)nationale Unternehmensgruppen Gelegenheit hatten, sich mit den neuen Regelungen vertraut zu machen. Die Bestimmungen des MinBestG sind erstmals für (Konzern-)Geschäftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2023 beginnen, somit insb. für (Konzern-)Geschäftsjahre die am 1. Jänner 2024 beginnen und dem Kalenderjahr folgen. Der Fokus lag in vielen Fällen bislang neben dem Scoping und einer eventuellen Anwendbarkeit der temporären CbCR-Safe Harbour Regelungen vor allem auf der Erhebung der relevanten Datenpunkte zur Ermittlung des Mindeststeuer-Gewinns/-Verlustes bzw der angepassten erfassten Steuern, um eine eventuelle Ergänzungssteuer abschätzen zu können.

Daneben sieht das MinBestG umfassende Compliance-Verpflichtungen vor, die von österreichischen Geschäftseinheiten betroffener Unternehmensgruppen zu beachten sind. Wenngleich für manche dieser Verpflichtungen, wie bspw die Einreichung des Mindeststeuerberichts (§ 69 MinBestG) oder der Abgabe einer Voranmeldung (§ 77 MinBestG), noch Zeit bleibt (bspw für den Mindeststeuerbericht im Übergangsjahr 18 Monate nach dem letzten Tag des Geschäftsjahres), besteht für andere Compliance-Verpflichtungen, die bis zum Ablauf des betroffenen Geschäftsjahres zu erledigen sind, Handlungsbedarf. Welche Maßnahmen sind daher vor Ablauf des Wirtschaftsjahres noch zu ergreifen? 

 

Prozessuale Umsetzung von Pillar Two

 

Sofern sich Unternehmensgruppen mit einer in Österreich ansässigen obersten Muttergesellschaft oder betroffenen Geschäftseinheit bislang nicht mit dem Thema Pillar Two auseinandergesetzt haben, ist jetzt der Zeitpunkt, die Auswirkungen auf den Konzern bzw die eigene Geschäftseinheit zu beurteilen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Hierzu zählt u.a. auch die Beurteilung, ob das Country-by-Country-Reporting für die Anwendbarkeit der Safe Harbour Regelungen qualifiziert ist, welche Anpassungen für die Ermittlung des Effektivsteuersatzes relevant sind, in welcher Form eine evtl Ergänzungssteuer eingehoben wird (NES, PES oder SES) und welche Compliance-Verpflichtungen zu erfüllen sind. Daneben sind aber auch die Auswirkungen auf laufende Geschäftsprozesse zu beachten (bspw Gründung neuer Gesellschaften, M&A Transaktionen).

Geschäftseinheiten, für die in Österreich lediglich die nationale Ergänzungssteuer zu berücksichtigen ist (dh die oberste Muttergesellschaft oder eine zwischengeschaltete Muttergesellschaft haben die PES im Ausland anzuwenden), sollten in einem ersten Schritt ehestmöglich im Konzern Rücksprache halten, wie das Thema Pillar Two in der Unternehmensgruppe gehandhabt wird. In vielen Fällen wird auf Basis einer zentralen Projektorganisation bereits eine Ersteinschätzung für die jeweiligen Steuerjurisdiktionen und damit ggf auch für Österreich getroffen worden sein. Diesfalls gilt es vor allem evtl steuerspezifischen Themen aber insbesondere lokale Compliance-Verpflichtungen zu prüfen und die Zuständigkeiten festzulegen.

Aufgrund der beträchtlichen Menge an zu verarbeitenden Daten gilt es idZ auch zu prüfen, wie bestehende Infrastrukturen und Prozesse (bspw bestehende IT-Systeme und Reporting Prozesse) genutzt werden können oder ggf anzupassen oder zu erweitern sind (bspw Ergänzung bestehender Reporting Packages, Implementierung spezifischer Pillar Two-Tax Tools).

IZm Pillar Two aufgesetzte Prozesse, Zuständigkeiten und Kontrollen sowie identifizierte Risiken sind sodann auch entsprechend zu dokumentieren und sollten in das Steuerkontrollsystem, insb in die Risiko-Kontroll-Matrix, in Prozessdokumentationen sowie etwaige Arbeitsanweisungen, Konzernhandbücher und -richtlinien aufgenommen werden.

 

Bestimmung der abgabenpflichtigen Geschäftseinheit bei mehreren österreichischen Geschäftseinheiten

 

Gemäß dem MinBestG ist lediglich eine einzige österreichische Geschäftseinheit als Abgabepflichtiger für PES, SES und NES und damit als zentrale Zahlstelle für die gesamte Unternehmensgruppe in Österreich vorgesehen. Dabei ist eine gewisse Rangordnung festgelegt, die es zunächst der obersten (in- oder ausländischen) Muttergesellschaft erlaubt, eine in Österreich gelegene Geschäftseinheit als Abgabepflichtigen auszuwählen und zu beauftragen. Sofern eine solche Beauftragung nicht erfolgt, wäre die oberste in Österreich gelegene Geschäftseinheit Abgabepflichtige bzw. mangels einer obersten in Österreich gelegenen Geschäftseinheit die wirtschaftlich bedeutendste Einheit. Diese Rangordnungsregelung erlaubt Unternehmensgruppen eine größtmögliche Flexibilität zur Bestimmung der abgabepflichtigen Einheit, die jedoch die Beauftragung durch die oberste Muttergesellschaft voraussetzt.

Der Nachweis dieser Beauftragung muss von der beauftragten Geschäftseinheit vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem das Geschäftsjahr endet, dem Finanzamt für Großbetriebe vorgelegt werden. Für Regel-Wirtschaftsjahre hat daher für 2024 eine entsprechende Beauftragung sowie eine Bekanntgabe gegenüber dem Finanzamt bis zum 31. Dezember 2024 zu erfolgen. In welcher Form die Bekanntgabe erfolgen soll ist derzeit noch offen.

 

Steuerumlagen für Pillar-Two-Zwecke

 

Da für Zwecke der österreichischen Anwendung im MinBestG nur ein Abgabepflichtiger festgelegt wird, kann es im Falle von zwei oder mehreren betroffenen österreichischen Geschäftseinheiten erforderlich sein, eine Ausgleichsvereinbarung über eine ggf zu leistende Ergänzungssteuer zu treffen. Damit soll die als Abgabepflichtige ernannte Geschäftseinheit nicht die gesamte (ggf nicht von ihr verursachte) wirtschaftliche Belastung einer in Österreich abzuführenden Ergänzungssteuer zu tragen haben. Das MinBestG sieht hier eine entsprechende Ausgleichsmöglichkeit „nach Maßgabe der gesellschaftsrechtlichen Erfordernisse“ vor. Es bleibt der Unternehmensgruppe also grundsätzlich selbst überlassen, ob und in welcher Form eine Umlage einer etwaigen Ergänzungssteuer erfolgen soll, wobei jedoch die gesellschaftsrechtlichen Anforderungen zu beachten sind, um eine verbotene Einlagenrückgewähr zu Gunsten des Anteilseigners zu vermeiden.

Da sich bei Nichterfüllung der Safe-Harbour Kriterien eine Ergänzungssteuer und damit verbunden ein evtl Ausgleichserfordernis zwischen mehreren österreichischen Geschäftseinheiten bereits für 2024 ergeben kann, empfehlen wir eine entsprechende Pillar Two-Steuerumlagevereinbarung bereits im Wirtschaftsjahr 2024 abzuschließen.

 

Pillar Two im Einzel- und Konzernabschluss 2024

 

Sofern nicht bereits unterjährige Reporting-Verpflichtungen bestanden haben bzw bestehen, müssen Unternehmensgruppen spätestens für den Einzel- und Konzernabschluss zum 31. Dezember 2024 in der Lage sein, - analog zur klassischen Steuerrechnung für Körperschaftsteuerzwecke – eine evtl Ergänzungssteuer für 2024 abzuschätzen und ggf erforderliche Rückstellungen bilden. Darüber hinaus sind Pillar Two spezifische Angaben im Anhang aufzunehmen bzw ist zu prüfen, ob bestimmte Angaben aus steuerlicher Sicht sinnvoll erscheinen (bspw die Offenlegung nicht aktivierter Steuerlatenzen). 

Im Zuge dessen empfehlen wir auch frühzeitig Rücksprache mit dem Wirtschaftsprüfer zu halten, um die für 2024 geplante Vorgehensweise vorab abzustimmen und die für die Durchführung der erforderlichen Prüfungshandlungen notwendigen Analysen und Unterlagen festzulegen.

 

Monitoring der Compliance-Verpflichtungen außerhalb Österreichs

 

Für international tätige Unternehmensgruppen ergeben sich iZm Pillar Two nicht nur Verpflichtungen in Österreich. Oft sind Geschäftseinheiten auch in Ländern ansässig, die die Pillar Two-Regelungen samt NES umgesetzt haben. Demnach ergeben sich auch in den jeweiligen Ländern entsprechende Compliance-Verpflichtungen, die von Registrierungs- und Mitteilungspflichten über Vorauszahlungen bis hin zu zusätzlichen Erklärungspflichten reichen können. Da die Verwaltungsvorschriften von den Ländern individuell zu regeln sind, können sich hier auch unterschiedliche Fristigkeiten ergeben. 

Darüber hinaus gilt es zu beachten, dass den Ländern bei der Umsetzung einer nationalen Ergänzungssteuer gewisse Freiräume zukommen, sodass sich Abweichungen bei der Berechnung des Effektivsteuersatzes bzw einer allfälligen Ergänzungssteuer im Vergleich zur PES ergeben können (bspw maßgeblicher Rechnungslegungsstandard, abweichende Ermittlung des Substanzfreibetrags). Ebenso gilt es zu prüfen, ob die temporären CbCR-Safe Harbour Regelungen auch für Zwecke der NES anwendbar sind (und nicht nur auf Ebene der UPE für Zwecke der PES).

Die Entwicklungen in den relevanten Ländern sollten daher sorgfältig verfolgt werden (Deloitte's Global Pillar Two Legislative Tracker), um die erforderlichen Berechnungen korrekt vorzunehmen sowie die entsprechenden Compliance-Verpflichtungen ggf kurzfristig, aber fristgerecht wahrnehmen zu können. 

 

Weitere Auslegungsbehelfe iZm Pillar Two

 

Sowohl im Ausland als auch in Österreich unterliegen die Regelungen iZm Pillar Two ständiger Veränderung. So wurde bspw im Juni 2024 seitens der OECD eine neue Agreed Administrative Guidance erlassen. Ebenso hat das österreichische BMF eine erste Runde an FAQs iZm dem MinBestG veröffentlicht. Es gilt daher auch derartige Entwicklungen laufend zu monitoren und bei Implementierung von Pillar Two in der Unternehmensgruppe bzw bei der betroffenen Geschäftseinheit zu berücksichtigen.

 

Fazit

 

Obwohl für die ersten Steuererklärungen, die iZm Pillar Two einzureichen sein werden, noch Zeit ist, haben Unternehmensgruppen bzw betroffene Geschäftseinheiten noch zahlreiche To Dos die iZm Pillar Two im zweiten Halbjahr 2024 erledigt werden müssen.

Bei Fragen zu den einzelnen Regelungen im Detail sowie weiterführenden Fragestellungen zur Betroffenheitsanalyse und Umsetzung in Ihrem Unternehmen stehen Ihre Ansprechpersonen bei Deloitte selbstverständlich gerne zur Verfügung.

 

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Ihr Kontakt

Mag. Karin Andorfer

Mag. Karin Andorfer

Partner Steuerberatung | Deloitte Österreich

Karin Andorfer ist Partnerin in der Steuerberatung bei Deloitte in Wien. Sie ist Steuerberaterin und betreut zahlreiche nationale und internationale Klienten in verschiedenen Branchen. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen insbesondere in den Bereichen der nationalen und internationalen Steuerberatung sowie im Bereich Transfer Pricing / Verrechnungspreise.

Stefanie Miklos, MSc (WU) LLB (WU)

Stefanie Miklos, MSc (WU) LLB (WU)

Senior Managerin Steuerberatung | Deloitte Österreich

Stefanie Miklos ist Steuerberaterin bei Deloitte Wien. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der laufenden steuerlichen Beratung nationaler und internationaler Unternehmen und Konzernen vor allem im Bereich der betrieblichen Steuern sowie in der Unterstützung bei Sonderprojekten und im Rahmen von Außenprüfungen. Ein weiterer Fokus ihrer Tätigkeit liegt in der Umsetzung von Projekten und der steuerlichen Beratung zu Fragestellungen iZm Pillar Two.