Der finale Wartungserlass 2023 wurde im Dezember letzten Jahres in die Umsatzsteuerrichtlinien aufgenommen. Die Anpassungen ergeben sich insbesondere durch die Einarbeitung diverser VwGH-Erkenntnisse bzw EuGH-Urteile und Aussagen aus den Leitlinien des Mehrwertsteuerausschusses sowie durch die Einarbeitung des Abgabenänderungsgesetzes 2023 und des CESOP-Umsetzungsgesetzes 2023. Nachfolgend werden ausgewählte Änderungen überblicksmäßig dargestellt.
In Rz 4 UStR wird nunmehr festgehalten, dass Token auch Gutscheine darstellen können, wobei dies einzelfallbezogen anhand der jeweiligen Qualifizierung und Verwendung zu prüfen ist. Token, die als solche noch nicht Teil eines geregelten Marktes in der EU sind und deren Merkmale noch nicht endgültig festgelegt sind, sind grundsätzlich keine Gutscheine.
In Rz 8 UStR wurden die in einer BMF-Information publizierten Aussagen zur entgeltlichen Überlassung von Dienstfahrrädern an Arbeitnehmer:innen aufgenommen. Demnach liegt eine entgeltliche Überlassung eines Dienstfahrrads an eine:n Arbeitnehmer:in sowohl im Fall der Gehaltsumwandlung als auch im Fall der „Gehaltserhöhung“ und der Vermietung vor. Diese ist als Vermietung iSd § 3a Abs 12 UStG zu beurteilen. Ob dem:der Arbeitgeber:in der Vorsteuerabzug für das Fahrrad zusteht, hängt davon ab, ob die 10%-Grenze der unternehmerischen Nutzung erreicht wird. Wird das Fahrrad gegen Entgelt zur ausschließlich privaten Nutzung überlassen, ist die 10%-Grenze erfüllt, und es liegt eine ausschließliche unternehmerische Nutzung (Vermietung) vor. Daneben ist ein Vorsteuerausschluss zu prüfen. Wird das Fahrrad neben Umsätzen, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führen (zB unecht steuerbefreite Tätigkeit), auch für Umsätze verwendet, bei denen ein solcher Ausschluss nicht eintritt (zB Vermietung des Fahrrads), hat der:die Unternehmer:in die Vorsteuerbeträge in abziehbare und nicht abziehbare Vorsteuerbeträge aufzuteilen. Diese Ausführungen gelten sinngemäß bei der Überlassung eines Elektrofahrzeugs an eine:n Arbeitnehmer:in, wobei bei der Prüfung des Vorsteuerabzugs die Angemessenheitsgrenzen zu beachten ist.
In Rz 75 UStR wird betreffend die unentgeltliche Überlassung von Dienstfahrrädern klargestellt, dass ein steuerbarer Verwendungseigenverbrauch nur dann vorliegt, wenn die 10%-Grenze der unternehmerischen Nutzung grundsätzlich erfüllt sind und auch kein Vorsteuerausschluss Rechtswirkungen entfaltet. Ein „freiwilliger Sozialaufwand“ liegt hier nicht vor.
In Rz 17 UStR wird ausgeführt, dass im Falle der Versicherung gegen das Risiko des Forderungsausfalls für den Fall der Zahlungsunfähigkeit des:der Abnehmer:in der im Schadensfall an den leistenden Unternehmer:die leistende Unternehmerin bezahlte Geldersatz als Entgelt für die versicherten, (ursprünglich) steuerbaren Umsätze zu beurteilen ist. Ab dem 1.1.2024 kann insoweit keine Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags nach § 16 UStG vorgenommen werden.
In Rz 236 UStR wird festgehalten, dass die stimmrechtliche Beteiligung iHv 50 % ausreichend sein kann, wenn die Willensdurchsetzung des Organträgers gegenüber der Organgesellschaft dadurch gesichert ist, dass der Organträger eine Mehrheitsbeteiligung am Kapital der Organgesellschaft hält und er deren einzigen Geschäftsführer stellt.
In Rz 759 UStR wird festgehalten, dass die Erzeugung, die Überprüfung und Validierung (mining und forging), die Ausgabe (Zurverfügungstellung) und das Ändern für den Eigengebrauch solcher Kryptowährungen entweder nicht steuerbar, wenn diese unentgeltlich zB über „airdrops“ erbracht werden, oder steuerbar und unecht steuerfrei sind, wenn das Entgelt unmittelbar mit dem betreffenden Umsatz in Zusammenhang steht und der:die Leistungsempfänger:in identifizierbar ist. Die Speicherung und Übertragung von solchen Kryptowährungen, wie sie über die digitalen Geldbörsen erfolgen, und der Umtausch von solchen Kryptowährungen gegen Fiatwährungen und umgekehrt werden als steuerbar behandelt, sind aber unecht steuerfrei. In den Rz 764c und 764d UStR wurden zudem Aussagen über die elektronischen Geldbörsen und über Zahlungsdienstleiter, die im eigenen Namen Geldbeträge einziehen und verwahren, aufgenommen.
In Rz 764 UStR wird iZm ausgelagerten Leistungen im Kreditkartengeschäft festgehalten, dass der Kernbereich des steuerfreien Überweisungsvorgangs in der Ausführung des Auftrags zur Übertragung einer Geldsumme von einem Bankkonto auf ein anderes bzw in der unmittelbaren Belastung und/oder Gutschrift auf einem Konto oder Umbuchungen zwischen den Konten besteht. Leistungen, mit denen dieser Kernbereich nicht erbracht wird, betreffen nicht die Vornahme der Zahlungen und Überweisungen selbst, sondern deren „Verarbeitungsprozess“. Damit Steuerfreiheit gegeben ist, muss die Leistung durch den Geldtransfer geprägt sein.
In Rz 1533 UStR wird aufgrund der in § 16 UStG ausdrücklich angeordneten ex-nunc-Wirkung der Rechnungsberichtigung die Zulässigkeit einer Rechnungsberichtigung auch in den Fällen anerkannt, in denen für die ursprüngliche Steuerfestsetzung bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist.
In Rz 1557 UStR wird festgehalten, dass ein Dokument dann als Rechnung anerkannt werden kann, wenn die Mehrwertsteuer ausgewiesen wird und jene Angaben enthalten sind („Rechnungsangaben“), die erforderlich sind, um feststellen zu können, ob die materiellen Voraussetzungen für das Recht auf Vorsteuerabzug erfüllt sind. Ergänzt wird diese Aussage um den Hinweis, dass ein Vertrag dann nicht als Rechnung iSd § 11 UStG gilt, wenn dies in diesem Vertrag ausdrücklich festgehalten wird. Diese Klarstellung dienst zur Vermeidung einer potentiellen Steuerschuld kraft Rechnungslegung.
In Rz 1734 UStR wird festgehalten, dass unter bestimmten Voraussetzungen der vom:von der Unternehmer:in zu Unrecht in Rechnung gestellte Umsatzsteuerbetrag iSd § 11 Abs 12 UStG nicht geschuldet wird. Voraussetzung für den Entfall der Steuerschuld ist, dass keine Gefährdung des Steueraufkommens vorliegt, weil die Leistung im betreffenden Steuerjahr ausschließlich an Endverbraucher:innen erbracht wurde, die hinsichtlich der ihnen in Rechnung gestellten Mehrwertsteuer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. In einem solchen Fall ist eine Berichtigung der Rechnung für den Entfall der Steuerschuld nicht erforderlich.
In Rz 1824 UStR wird klargestellt, dass eine gemäß § 11 Abs 12 UStG geschuldete Steuer vom:von der Leistungsempfänger:in von vornherein nicht als Vorsteuer abziehbar ist. Überdies wird angefügt, dass eine zu Unrecht geltend gemachte Vorsteuer ex tunc richtig zu stellen ist und keine Rechnungsberichtigung erfordert.
In Rz 1825 UStR war bis zum Wartungserlass 2023 vorgesehen, dass eine gemäß § 11 Abs 12 UStG geschuldete Umsatzsteuer als Vorsteuer abgezogen werden kann, wenn die Steuer in der Rechnung ausgewiesen war, ausgenommen dem:der Leistungsempfänger:in waren Umstände bekannt, woraus er schließen müsste, dass die ausgewiesene Umsatzsteuer vom:von der Leistenden nicht abgeführt wurde oder für den:die Leistungsempfänger:in erkennbar war, dass die ausgewiesene Umsatzsteuer höher als der Normalsteuersatz war. Diese Vereinfachung wurde durch den Wartungserlass 2023 ersatzlos gestrichen; ab 1.1.2024 berechtigt eine Rechnung mit unrichtigem Umsatzsteuerausweis, für die die Steuer kraft Rechnungslegung geschuldet wird, nicht mehr zum Vorsteuerabzug.
In Rz 1828 UStR wird ergänzt, dass in Fällen einer mangelhaften Rechnung der Vorsteuerabzug auch ohne entsprechende Rechnungsberichtigung möglich ist, wenn die Finanzverwaltung über sämtliche Daten für den Nachweis der materiellen Voraussetzungen verfügt.
In Rz 1877 UStR wird festgehalten, dass der Vorsteuerabzug für den Erwerb eines Gegenstands, mit dem ein betrügerischer Umsatz bewirkt wurde, auch dann zur Gänze zu versagen ist, wenn der Betrug nur einen Teil der Mehrwertsteuer betraf.
In Rz 1929 UStR werden Aussagen zur Nutzungsüberlassung eines Wohngebäudes an eine der Körperschaft nahestehende Person iZm verdeckten Ausschüttungen aufgenommen, wobei bei derartigen Konstellationen drei Fälle unterschieden werden, bei denen es zu einer Versagung des Vorsteuerabzugs kommen kann. Die genannten Fälle sind die bloße Gebrauchsüberlassung ohne unternehmerische Tätigkeit, die fremdunübliche Nutzungsüberlassung besonders repäsentativer Wohngebäurde sowie die Vermietung betrieblich nutzbarer Gebäude um weniger als 50 % der „Renditemiete“.
In Rz 4006 UStR wird ausgeführt, dass bei der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet gemäß der VO BGBl 1996/401 idgF neben der Papierform nun auch die Nachweisführung in elektronischer Form, etwa durch Übermittlung eines PDF, möglich ist. Unter dem Gesichtspunkt der administrativen Vereinfachung wurde im Rahmen der Nachweisführung die Erstellung von Sammelbestätigungen zugelassen, wobei Umsätze bis zu einem Monat zusammengefasst werden können.
In Rz 4296 UStR wird klargestellt, dass bei Anwendung der Dreiecksgeschäftsregelung eine ordnungsgemäße Rechnung auch die Angabe „Steuerschuldnerschaft des Abnehmers“ erfordert, da der:die Abnehmer:in nicht wirksam als Schuldner:in der Mehrwertsteuer bestimmt werden kann, wenn die vom:von der (Zwischen-)Erwerber:in ausgestellte Rechnung nicht diese Angabe enthält. Der ausdrückliche Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts in der Rechnung kann zudem nicht nur in der Amtssprache Deutsch, sondern zB auch in englischer Sprache erfolgen. Wurde eine den Vorschriften entsprechende Rechnung nicht fristgerecht ausgestellt, liegt kein Dreiecksgeschäft vor.
Verena Gabler ist Partner im Bereich Steuerberatung und leitet die Tax Management Consulting Abteilung bei Deloitte Österreich. Die Umsatzsteuer-Spezialistin hat sich auf die Prozessberatung spezialisiert und unterstützt ihre Klienten bei der Entwicklung und Implementierung von Steuerkontrollsystemen. Dabei begleitet sie ihre Klienten bei der Analyse und Reduktion von steuerlich relevanten Risiken, der Optimierung von Prozessen und der Erhöhung des Automatisierungsgrades der Steuerfunktion durch den Einsatz von steuerrelevanter Software.
Julian Kuderer ist als Steuerberater und Senior Manager im Bereich Indirect Tax bei Deloitte Wien tätig. Er berät national und international tätige Klienten in sämtlichen Fragen des Umsatzsteuerrechts. Sein Schwerpunkt liegt ua in den Bereichen grenzüberschreitende Transaktionen und deren umsatzsteuerliche Auswirkungen, Digitalisierung und Telekommunikation sowie Kammerumlage 1. Weiters ist er auch im Knowledge Management tätig und beschäftigt sich mit den neuesten Entwicklungen im Bereich der Umsatzsteuer. Er ist zudem Fachvortragender und Autor zahlreicher Fachpublikationen.