Die Grundstücksvermietung oder -verpachtung durch eine Körperschaft öffentlichen Rechts („KöR“) kann gem § 2 Abs 3 UStG im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art oder als fiktiver Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigen. Der fiktive Unternehmerbegriff im Umsatzsteuerrecht stellt dabei nicht darauf ab, ob die Vermietung und Verpachtung wirtschaftlichen Zwecken dient. Wesentlich ist, ob es sich bei der Vermietung und Verpachtung um einen zivilrechtlichen Bestandsvertrag iSd § 1009 ABGB handelt. Was den Bestandsvertrag charakterisiert, ist die Entgeltlichkeit. Das BMF verlangt hierfür einen Mietzins iHv mindestens den Betriebskosten und einem Entgelt für den Gebrauch des Grundstücks iHv 1,5 % der Anschaffungs- bzw Herstellungskosten (sog Mindestmiete). Mit jüngster Entscheidung hat der VwGH diese Ansicht des BMF mit Verweis auf stRsp des OGH widerlegt: Wegen Ersatz der Abnutzung durch den Gebrauch allein kann noch keine Entgeltlichkeit angenommen werden. Ein entgeltlicher Gebrauchsüberlassungsvertrag (Bestandsvertrag) liegt demnach nach Ansicht des VwGH vor, wenn das bedungene Entgelt zumindest 10 % des ortsüblichen Mietzinses ausmacht.
Eine Gemeinde vermietete eine durch sie errichtete Sport- und Freizeitanlage. Es wurde zur Umsatzsteuerpflicht optiert und auf die unechte Steuerbefreiung für Kleinunternehmer verzichtet.
Im Rahmen einer späteren Umsatzsteuerprüfung wurde die Miete der Sport- und Freizeitanlage als nicht umsatzsteuerbar angesehen. Nach Rechtsansicht des BMF (UStR 2000 Rz 265) muss neben den gebrauchsabhängigen Betriebskosten eine AfA-Komponente iHv mindestens 1,5 % der Anschaffungs- bzw Herstellungskosten inklusive Grund und Boden sowie aktivierungspflichtiger Aufwendungen und Kosten von Großreparaturen als Mietzins geleistet werden, damit die Gebrauchsüberlassung entgeltlich und somit umsatzsteuerbar ist (sog Mindestmiete). Die Miete der Sport- und Freizeitanlage lag laut Berechnung des Finanzamtes (aufgrund der Annahme von höheren Anschaffungs- und Herstellungskosten) jedoch unter dieser Grenze und berechtigte daher nach Ansicht des Finanzamtes nicht zum Vorsteuerabzug.
Der gegen diesen Bescheid beim BFG eingebrachten Beschwerde wurde stattgegeben. Begründend wurde vom BFG ausgeführt, dass der Mietzins die Betriebskosten um ein Vielfaches überstiegen hätte, sodass daher von einem entgeltlichen und somit umsatzsteuerbaren Mietverhältnis auszugehen sei. Das Finanzamt erhob gegen diese Entscheidung außerordentliche Revision an den VwGH.
Der VwGH teilt in seiner Entscheidung die Rechtsansicht des BMF (UStR 2000 Rz 265) nicht. Vielmehr entschied der VwGH unter Berufung auf die Rechtsprechung des OGH, dass für die Beurteilung der Entgeltlichkeit eines Gebrauchsüberlassungsvertrages zunächst darauf abzustellen ist, ob die vom Nutzungsberechtigten bezahlte Gegenleistung gebrauchsab- oder unabhängige Kosten darstellen. Werden Kosten übernommen, die dem Liegenschaftseigentümer auch ohne Gebrauch der Liegenschaft entstehen, so handle es sich um Entgelt – andernfalls um Ersatz der Betriebskosten.
Ohne Rücksicht auf diese Unterscheidung sei aber jedenfalls nicht von einer Entgeltlichkeit auszugehen, wenn die Gegenleistung im Verhältnis zum Wert des Gebrauchs des Grundstücks „praktisch nicht ins Gewicht fällt“. Nach OGH-Judikatur falle das Entgelt dann nicht ins Gewicht, wenn es 10 % des ortsüblichen Mietzinses nicht übersteigt. Demnach sei zur Beurteilung der Entgeltlichkeit der vereinbarte Mietzins dem ortsüblichen Entgelt gegenüberzustellen. Da sich das BFG in seinem Erkenntnis mit dieser Frage jedoch nicht befasste, wurde die Entscheidung des BFG durch den VwGH aufgehoben und zur neuerlichen Entscheidung an das BFG zurückverwiesen.
Der VwGH hat mit seiner nunmehr ergangenen Entscheidung die bisherige Ansicht der Finanzverwaltung (UStR 2000 Rz 265) zum Vorliegen eines entgeltlichen Bestandsvertrages verworfen, indem er zur Beurteilung der Entgeltlichkeit des Miet- oder Pachtverhältnisses nicht auf die von der Finanzverwaltung bisher geforderte Mindestmiete abstellt, sondern rein auf die zivilrechtlichen Vorgaben. Die fiktive Unternehmereigenschaft bei KöR im Fall der Vermietung und Verpachtung ist nach dieser Entscheidung daher bereits dann gegeben, wenn der Miet- oder Pachtzins mindestens 10 % des ortsüblichen Miet- oder Pachtzinses beträgt.
Darüber hinaus ist auch die Unterscheidung zwischen gebrauchsab- und unabhängigen Betriebskosten wesentlich. Zu Gebrauchskosten zählen zB Warmwasser, Heizung, Lift etc, während zB Grundsteuer, Bankgebühren, Versicherungskosten etc gebrauchsunabhängige Kosten darstellen. Die 10 %-Grenze kann auch durch ausschließlich gebrauchsunabhängige Kosten überschritten werden. Gebrauchsabhängige Kosten stellen hingegen kein Entgelt dar.
Es bleibt abzuwarten, ob diese Entscheidung auch Einzug in die Richtlinienmeinung der Finanzverwaltung findet.
Anna-Magdalena Gleixner ist Berufsanwärterin in der Steuerberatung bei Deloitte Wien. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Abgabenverfahrensrecht, Rechtsmittelverfahren und Finanzstrafrecht.