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Deloitte Studie: Trotz Corona-Krise gute Karten für Wirtschaftsstandort Österreich

Heimische Führungskräfte sind kritisch bei Umsetzung der Unterstützungspakete, sehen aber Zukunft des Standortes positiv

Die laufende Analyse des Wirtschaftsstandortes Österreich ist für Deloitte von großer Bedeutung. Der Deloitte Radar analysiert jährlich die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreich auf Basis internationaler Rankings und ExpertInneneinschätzungen. Im Vorjahr wurden im Deloitte Unternehmensmonitor erstmals auch die Stimmungen und Trends in heimischen Unternehmen erforscht. Bedingt durch COVID-19 musste der Deloitte Radar heuer abgesagt werden. Aber wie geht es dem Wirtschaftsstandort Österreich in der COVID-19-Krise? Um das herauszufinden, hat Deloitte im Mai 2020 eine Umfrage unter 211 heimischen Top-Führungskräften durchgeführt.

Die Ergebnisse zeigen: Die Alpenrepublik hat die Lockdown-Phase sehr gut bewältigt. Der Re-Start wird hingegen deutlich differenzierter bewertet. Die Unternehmen haben klare Vorstellungen hinsichtlich der Maßnahmen zur Förderung der Standortattraktivität: Sie fordern neben der Senkung der Lohnnebenkosten vor allem Investitionsförderungen im Nachhaltigkeitsbereich, eine umfassende Digitalisierung der Verwaltung und des Schulsystems sowie eine verstärkte geographische Flexibilisierung des Arbeitsmarktes.

Die Key Findings der Studie auf einen Blick:

  • Bestnoten für Lockdown: 92 % der Führungskräfte loben rasche politische Entscheidungen zu Beginn der Corona-Krise
  • Durchwachsener Neustart: Mehr als die Hälfte der Unternehmen fühlt sich bei Re-Start vom Staat noch nicht gut unterstützt
  • Maßnahmen zur Ankurbelung: 90 % wollen Senkung der Lohnnebenkosten, mehr als 80 % sind für umfassende Digitalisierung
  • Deloitte empfiehlt dringend Fokus auf drei Potenziale: Reduktion von Kosten, Investitionen in Bildung und Innovation sowie Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit

Bestnoten für Lockdown, durchwachsener Neustart

Die Beurteilung des Krisenmanagements am Standort Österreich ist tendenziell positiv – vor allem zu Beginn des COVID-19-Ausbruchs. Der Großteil der Befragten ist mit den Maßnahmen der Bundesregierung in der Anfangsphase sehr zufrieden: 92 % benoten die raschen politischen Entscheidungen rund um den Lockdown mit „Sehr gut“ bis „Gut“. Die Qualität des Gesundheitssystems wird von 94 % gelobt.

Aber es gibt auch eine Schattenseite: An rascher finanzieller und administrativer Unterstützung für Betriebe mangelte es laut den Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmern teilweise bereits zu Beginn. Diese Unzufriedenheit hat in der Re-Start-Phase weiter zugenommen. Mehr als die Hälfte der Unternehmen fühlt sich aktuell vom Staat noch nicht gut unterstützt.

Generell wird das Hochfahren der Wirtschaft ab Mai 2020 von den Führungskräften differenzierter gesehen: Die raschen politischen Entscheidungen werden nur mehr von 62 % mit „Sehr gut“ oder „Gut“ bewertet, die Akzeptanz in der Bevölkerung ist in dieser Phase nach Einschätzung der Befragten von 94 % auf 53 % gesunken.

Hochfahren ist erfahrungsgemäß immer schwieriger als Herunterfahren – das spiegelt sich in den Umfrageergebnissen wider. Die überaus guten Werte in der Lockdown-Phase weisen jedoch auf das grundsätzliche Vertrauen hin, das den politischen Akteuren entgegengebracht wird. Das darf jetzt nicht verspielt werden: Die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes muss schnell, unbürokratisch und nachhaltig gestärkt werden.

 

Maßnahmen zur Ankurbelung des geschwächten Standortes

Zur Beurteilung der Wettbewerbsfähigkeit braucht es eine Analyse der Vor- und Nachteile des Wirtschaftsstandortes. Dabei identifizieren die Unternehmensvertreterinnen und –vertreter bekannte Handlungsfelder: Mit der Unternehmensbesteuerung sind lediglich 24 % zufrieden, bei der Digitalisierung des Bildungssystems fällt die Benotung nur bei 6 % „Sehr gut“ bis „Gut“ aus.

Bei aller Kritik haben die Befragten auch klare Vorteile Österreichs hervorgehoben – allen voran die rege Forschungs- und Entwicklungstätigkeit, die starke Infrastruktur, das stabile Umfeld sowie die hohe Lebensqualität. Auf diese bekannten Stärken muss gesetzt werden – aber es braucht auch ein Anpacken bei jahrelangen Baustellen.

Die Führungskräfte haben klare Vorstellungen, welche Maßnahmen das Hochfahren der Wirtschaft jetzt am besten unterstützen können. So sehen 90 % die Senkung der Lohnnebenkosten als zentralen Hebel. Auch die Digitalisierung der Verwaltung (86 %) und des Schulsystems (82 %) stehen ganz oben auf der Prioritätenliste. Eine weitere Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und hier vor allem die Mobilität der Arbeitskräfte ist für 84 % ein wichtiges Thema. Viele sehen außerdem ein Zeitfenster für Investitionsförderungen via Investitionsfreibetrag (80 %) sowie spezielle Förderungen von Umwelttechnologien (78 %).

Der Standort hat gute Voraussetzungen, um die Krise besser als viele andere Länder zu meistern. Dafür gilt es drei Potenziale zu heben: Reduktion von Kosten, Investitionen in Bildung und Innovation – und bei allen Maßnahmen ein klarer Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit. Das kann Österreich zu einem Vorreiter in Europa machen.

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