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Der krisenresistente Wirtschaftsstandort Österreich

Harald Breit ist CEO von Deloitte Österreich und befasst sich in dieser Rolle intensiv damit, was einen erfolgreichen Wirtschaftsstandort ausmacht und wie dieser mit nachhaltigen Maßnahmen für künftige Generationen gesichert werden kann. Aus Anlass der heurigen Wirtschaftsgespräche beim Europäischen Forum Alpbach haben wir mit ihm über die Auswirkungen der Corona-Krise auf den Wirtschaftsstandort Österreich sowie über die aktuelle Lage des Arbeitsmarktes gesprochen.

Wie schlägt sich aktuell nach eineinhalb Jahren Corona-Krise der Wirtschaftsstandort Österreich im Europavergleich?

Anfang des Jahres 2021 hat unsere Standortumfrage „Deloitte Radar“ gezeigt, dass die heimischen Wirtschaftsvertreterinnen und -vertreter pandemiemüde und deutlich weniger zuversichtlich waren als im Sommer 2020. Die Stimmung war spürbar gedämpft. Nun, gegen Ende dieses Sommers, zeichnet sich ein deutlich anderes Bild ab – die Wirtschaftsdaten sehen wieder gut aus. Die Unternehmen haben trotz der anhaltenden COVID-19-Pandemie angepackt und an einem Strang gezogen. Es ist erstaunlich, wie schnell sich unsere Wirtschaft erholt, wenn solch ein großer Einsatz seitens der Unternehmen gezeigt wird. Insbesondere der heimische Mittelstand, das Rückgrat unserer Wirtschaft, hat am Aufschwung gearbeitet – und das mit Erfolg. Sie haben die Corona-Krise als Chance genutzt und die richtigen Schritte gesetzt.

 

Insbesondere der heimische Mittelstand hat am Aufschwung gearbeitet – und das mit Erfolg. Die Unternehmen haben die Corona-Krise als Chance genutzt und die richtigen Schritte gesetzt.

Foto Harald Breit
Harald Breit, CEO Deloitte Österreich

Welche Maßnahmen braucht es denn, um den Standort Österreich für die Zeit nach der Pandemie zu wappnen?

Die Corona-Pandemie hat am Wirtschaftsstandort zweifellos ihre Spuren hinterlassen. Sie hat aber auch klar aufgezeigt, wo wir dringend besser werden müssen. Womit Österreichs Wirtschaft ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken kann, ist vor allem der Bereich der Digitalisierung: Ob im Schulbereich, in der öffentlichen Verwaltung oder im Gesundheitswesen – in all diesen Bereichen gilt es besonders rasch und umfassend zu agieren.

Die Senkung der Lohnnebenkosten würde aus Sicht der Unternehmen ebenfalls unmittelbar zu einer rascheren Erholung des Standortes beitragen. Daneben spielen die Förderung von Investitionen sowie die weitere Flexibilisierung des heimischen Arbeitsmarktes eine große Rolle.

Apropos Arbeitsmarkt – wie sieht die aktuelle Lage in Österreich aus?

Im internationalen Vergleich liegt der österreichische Arbeitsmarkt bei der Wettbewerbsfähigkeit eher im Mittelfeld, vor allem was seine Flexibilität betrifft. Die pandemiebedingte Kurzarbeit war sicher eine sehr effektive Maßnahme, um Arbeitsplätze kurzfristig zu sichern. In den letzten Monaten ging die Arbeitslosenquote deutlich zurück.

Allerdings macht der fortwährende Fachkräftemangel der heimischen Wirtschaft zu schaffen. Hier gibt es dringenden Handlungsbedarf, um dem Mangel nachhaltig entgegenzuwirken. Es gibt nicht die eine allumfassende Lösung, jedoch wären die verstärkte Förderung von Ausbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen in Unternehmen, die Förderung von mehr Diversität beim Einstieg von Frauen in männerdominierten Berufen sowie der erleichterte Zugang zum Arbeitsmarkt für Arbeitskräfte in Mangelberufen sinnvolle Maßnahmen zur Bewältigung des Fachkräftemangels.

Wie wird sich der Wirtschaftsstandort Österreich in naher Zukunft, sprich im Herbst, weiterentwickeln?

Aktuell steigen die Corona-Zahlen leider wieder an – unsere Bundesregierung wird darauf vermutlich wieder mit strengeren Maßnahmen reagieren müssen. Ein erneuter großflächiger Lockdown sollte im Sinne der wirtschaftlichen Entwicklung unbedingt vermieden werden. Es ist von großer Bedeutung, dass Österreichs Wirtschaft weiterhin wächst, damit Arbeitsplätze geschaffen werden und auf lange Sicht die Neuverschuldung reduziert werden kann.

Die Unternehmen haben in den letzten eineinhalb Jahren viel dazu beitragen, dass mit vernünftigen Maßnahmen der laufende Betrieb möglichst gut aufrechterhalten werden konnte. Ein guter Mix aus Maßnahmen ohne Lockdowns und mit Augenmaß sollte im Mittelpunkt der Gesundheitspolitik der nächsten Monate stehen – dann kann die Wirtschaft weiter mit Nachdruck für den Aufschwung arbeiten.

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