Artikel
Nachhaltigkeitsberichterstattung neu
CSRD – Richtlinie bringt erhebliche Erweiterung der Berichtspflichten
Am 21.4.2021 veröffentlichte die EU-Kommission ihren Vorschlag zur Überarbeitung der NFI-Richtlinie (2014/95/EU), welche die Anforderungen an Nachhaltigkeitsberichte im EU-Raum präzisieren und zum Teil auch neu definieren soll. Dieser Vorschlag, die sogenannten Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), kündigt tiefgreifende und umfassende Änderungen hinsichtlich der Berichterstattungsanforderungen sowie des Umfanges der berichtspflichtigen Unternehmen an und unterstreicht die Ambitionen der EU-Kommission eine nachhaltige europäische Wirtschaft zu schaffen.
Aktuelle Situation der nichtfinanziellen Berichterstattung
Die aktuell gültige NFI-Richtlinie, welche in Österreich als Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz umgesetzt worden ist, verpflichtet seit dem Jahr 2017 alle Unternehmen öffentlichen Interesses, die im Jahresdurchschnitt mehr als 500 ArbeitnehmerInnen beschäftigten, einen separaten nichtfinanziellen Bericht oder eine nichtfinanzielle Erklärung im Lagebericht aufzunehmen. Knapp 100 Unternehmen in Österreich, welche die zuvor genannten Kriterien erfüllen, haben gem. UGB nichtfinanzielle Informationen offenzulegen, die für das Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses, der Lage der Gesellschaft sowie der Auswirkungen ihrer Tätigkeit erforderlich sind und die sich zumindest auf Umwelt-, Mitarbeiter- und Sozialbelange, die Achtung der Menschenrechte sowie auf die Bekämpfung von Korruption und Bestechung beziehen.
Die ersten Jahre der verpflichtenden Berichterstattung zu nichtfinanziellen Informationen haben aber sehr schnell erkennen lassen, dass der Spielraum, den die gesetzlichen Rahmenbedingungen den Unternehmen geben, zu groß geraten ist. Dies hat zu einem äußerst heterogenen Bild der nichtfinanziellen Berichterstattung in Österreich, aber ich in den restlichen EU-Mitgliedsstaaten geführt. Ein fehlender Berichterstattungsstandard sowie die fehlende Verpflichtung, einen etablierten Standard wie jenen der Global Reporting Initiative (GRI) zu verwenden, führte dazu, dass die offengelegten, nichtfinanziellen Informationen nicht vollständig und selbst bei Unternehmen derselben Branche kaum vergleichbar waren. Außerdem führte eine fehlende Prüfpflicht dazu, dass die offengelegten nichtfinanziellen Informationen zum Teil nicht sehr zuverlässig waren. Zu guter Letzt zeigen sich gravierende Lücken zu jüngeren Regelungen, welche seitens der EU-Kommissionen im Nachhaltigkeitsbereich zum Beispiel betreffendder Offenlegungsverordnung, die sich an die Finanzmarkteilnehmer richtet, oder die Taxonomieverordnung, die ökologisch nachhaltige Tätigkeiten definiert und von allen Unternehmen, die unter die NFI-Richtlinie fallen, erstmals für den Berichtszeitraum 2021 zu berücksichtigen ist, erlassen wurden.
Diese Kritikpunkte an der aktuellen NFI-Richtlinie wurden übereinstimmend von allen Stakeholdern im Zuge einer Konsultation geäußert. Zudem wurde die Einschränkung der verpflichtenden Berichterstattung auf Unternehmen öffentlichen Interesses mit mehr als 500 MitarbeiterInnen im Jahresdurchschnitt kritisiert, da die Auswirkungen der Geschäftstätigkeit eines Unternehmens auf Nachhaltigkeitsbelange unabhängig von der Gesellschaftsform auftreten. Aus dem erhaltenen Feedback der Stakeholder sowie den Ergebnissen der Konsultationen erarbeitete die EU-Kommission einen Vorschlag zur Überarbeitung der NFI-Richtlinie, und zwar die eingangs erwähnte CSRD.
Inhalt der CSRD
Die erste Klarstellung der CSRD betrifft die Benennung der Berichterstattung als Nachhaltigkeitsbericht. Damit möchte die EU-Kommission dem möglichen Fehlschluss, den die Bezeichnung „nichtfinanzielle Berichterstattung“, und zwar, dass Nachhaltigkeit keine Auswirkungen auf die Finanzlage von Unternehmen hat, einen Riegel vorschieben. Diese kleine Änderung sowie der äußerst ambitionierte Zeitplan der Umsetzung zeigen aber bereits sehr deutlich, dass es der EU-Kommission ein besonderes Anliegen ist, nachhaltige Unternehmen und eine nachhaltige europäische Wirtschaft zu schaffen.
Betroffene Unternehmen und Standardsetzung
Der wohl wichtigste Aspekt der CSRD für viele Unternehmen im EU-Raum ist die massive Ausweitung des Umfangs an Unternehmen, die einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen sollen:
- Alle großen Kapitalgesellschaften (Umsatz > 40 Millionen, Bilanzsumme > 20 Millionen und Anzahl der MitarbeiterInnen > 250, wobei zwei von drei Merkmalen erfüllt sein müssen)
- Alle großen Banken und Versicherungen jedweder Rechtsform
- Kapitalmarktorientiere kleine und mittlere Unternehmen (KMUs)
- Ausländische Unternehmen, die an geregelten Kapitalmärkten in der EU notieren
Für Österreich bedeutet diese Regelung, dass ab dem Jahr 2023 der Umfang der Unternehmen, die einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen müssen, von knapp 100 auf über 2.000 steigen wird. Diese recht kurze Zeit bis zum Inkrafttreten hat aber bereits zu Widerstand geführt, sodass die EU-Kommission in einem Kompromiss mittlerweile eine stufenweise Einführung der CSRD vorsieht: 2024 für Unternehmen öffentlichen Interesses, 2025 für alle weiteren von der CSRD umfassten Unternehmen. In Anbetracht der Erarbeitung eines EU-Berichterstattungsstandards, mit welcher die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) beauftragt wurde und der erst mit Oktober 2022 vorliegen soll, ist eine Verschiebung der verpflichtenden Berichterstattung um ein bzw. zwei Jahre durchaus sinnvoll, um Unternehmen die notwendige Zeit zur Umsetzung der neuen Berichtspflichten entsprechend dem EU-Standard zu geben.
Dieser EU-Berichterstattungsstandards ist eine weitere wesentliche Änderung durch die CSRD. Er wird verpflichtend anzuwenden sein und zielt darauf ab, die offengelegten Nachhaltigkeitsinformationen vergleichbar zu machen, den Interpretationsspielraum hinsichtlich dessen, was zu berichten ist, zu reglementieren, um so für Stakeholder verlässliche, korrekte und vor allem vergleichbare Informationen zu generieren. Die Notwendigkeit von verpflichtend anzuwendenden Standards hat auch die IFRS Foundation erkannt und veranlasst, ebenfalls an einem Standard zur Nachhaltigkeitsberichterstattung zu arbeiten, wobei dieser mehr auf die Interessen der Investoren ausgerichtet sein wird, wohingegen der Standard der EFRAG die Informationsinteressen aller Stakeholder bedienen soll. Es besteht daher die Befürchtung, dass es letztlich zwei Standards mit unterschiedlichen Zielsetzungen geben wird. Mittlerweile hat man sich jedoch bei der Erstellung der Standards geeinigt, sich miteinander auszutauschen, damit es zu keinen gravierenden unterschiedlichen Auffassungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung kommt.
Prüfpflicht
Um die Verlässlichkeit weiter zu erhöhen, werden die Nachhaltigkeitsinformationen im Lagebericht zu veröffentlichen sein und die CSRD sieht erstmals auch eine Prüfpflicht des Nachhaltigkeitsberichtes vor. In einem ersten Schritt wird es eine verpflichtende Prüfung mit begrenzter Sicherheit (Plausibilitätsprüfung der veröffentlichten Informationen und Daten) sein. Nach einer kurzen Evaluierungsphase ist dann von einer Prüfung mit hinreichender Sicherheit auszugehen, wodurch das Prüfniveau der Nachhaltigkeitsinformationen jenes der Finanzinformationen erreicht. Die Anforderungen, die im Rahmen der Prüfung an die Nachhaltigkeitsinformationen gestellt werden, sind damit auf dem Niveau der Finanzinformationen. Es bedarf daher dokumentierter Prozesse, implementierter Kontrollen und eines entsprechenden Kontrollsystems, klarer Verantwortlichkeiten und festgelegter Strukturen, um die Richtigkeit der Informationen und Daten gewährleisten zu können. Für Unternehmen, die bisher noch keinen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht haben, ist es empfehlenswert, ehestmöglich mit dem Aufbau entsprechender Strukturen zu beginnen, um unliebsame Überraschung bei der Prüfung des Nachhaltigkeitsberichtes durch den Wirtschaftsprüfer zu vermeiden.
Inhaltliche Anforderungen und Klarstellungen
Neben weiteren neueren inhaltlichen Anforderungen, wie der Berichterstattung zu sogenannten „intangible resources“, d.h. Human-, Sozial-, Beziehungs- und intellektuelles Kapital eines Unternehmens (was genau dazu berichtet werden soll, wird aktuell von der EFRAG erarbeitet), klaren Zielen im Nachhaltigkeitsbericht, die mit einem 1,5°C-Ziel des Paris Agreement vereinbar sind, und entsprechender Maßnahmen, um diese Ziele zu erreichen, hat die EU-Kommissionen sich auch um eine Klarstellung im Zusammenhang mit der Wesentlichkeitsanalyse bemüht. Mit einer Wesentlichkeitsanalyse werden jene Nachhaltigkeitsthemen bestimmt, die für ein Unternehmen wesentlich sind und über welche es Bericht erstatten muss. Im Zuge der NFI-Richtlinie wurde oftmals diskutiert, welche Risikoperspektive bei der Wesentlichkeitsanalyse relevanter ist: entweder die Risiken, die von Unternehmen auf die Nachhaltigkeitsbelange ausgehen, d.h. inside-out-Perspektive, oder die Risiken, die von außen auf das Unternehmen einwirken, d.h. outside-in-Perspektive. Hier wurde seitens der EU-Kommission der Begriff der „doppelten Wesentlichkeit“ definiert, d.h. es sind beide Perspektiven für die Nachhaltigkeitsberichterstattung zukünftig relevant, um die Wesentlichkeit eines Themas zu bestimmen. Zudem sind weiterhin unverändert die Interessen aller Stakeholder bei der Bestimmung der Wesentlichkeit und somit letztlich drei unterschiedliche Ebenen bei der Wesentlichkeitsanalyse zu berücksichtigen. Der Prozess, wie ein Unternehmen seine wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen bestimmt, ist dabei nachvollziehbar zu dokumentieren und sollte so aufgesetzt werden, dass die richtigen Themen identifiziert werden, da dies Ausgangspunkt zur Ableitung der Strategie im Nachhaltigkeitsbereich sind, welche wiederum sinnvoll in die Gesamtstrategie des Unternehmens einzubetten ist.
TaxonomieVO
Abschließend sind auch noch die Verpflichtungen, die aus der TaxonomieVO resultieren, zu erwähnen, da diese alle Unternehmen treffen, die unter die CSRD fallen werden. Für Nichtfinanzunternehmen (als Abgrenzung zum Finanzsektor) sieht Artikel 8 der TaxonomieVO vor, dass Unternehmen die nachhaltigen Anteile an Umsätzen, Investitions- und Betriebskosten offenlegen müssen, die gem. TaxonomieVO als nachhaltig gelten. Um festzustellen, ob eine Geschäftstätigkeit im Sinne der TaxonomieVO nachhaltig ist, muss die wirtschaftliche Tätigkeit einen Beitrag zu einem von sechs Umweltzielen leisten und dabei keines der anderen fünf Umweltziele wesentlich schädigen. Um dies zu erheben, gibt es für verschiedene wirtschaftliche Tätigkeiten sogenannte technische Bewertungskriterien, die eine wirtschaftliche Tätigkeit bei deren Einhaltung als nachhaltig einstuft, sowie „Do No Significant Harm“ Kriterien, die zu berücksichtigen sind, da keines der Umweltziele geschädigt werden darf. Zudem gibt es noch den Begriff des Mindestschutz, welcher den Unternehmen auferlegt, dass die Einhaltung von Menschen- und Arbeitnehmerrechten im Zuge der Unternehmenstätigkeit gewährleistet werden müssen. Für Unternehmen ist damit ein nicht zu unterschätzender Aufwand verbunden, da die Bestimmung der Taxonomie-KPIs recht umfangreiche Evaluierungen und Datenerhebungen bedeuten.
Fazit
Mit der CSRD kommen auf knapp 2.000 Unternehmen in Österreich umfangreiche Offenlegungsanforderungen zu, die die Schaffung entsprechender Unternehmens- und Reportingstrukturen erfordern. Unternehmen, die sich bisher noch nicht mit Nachhaltigkeitsinformationen auseinandergesetzt haben, ist zu empfehlen, sich ehestmöglich mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung vertraut zu machen, um von den Erfordernissen aus der CSRD nicht überrascht zu werden. In diesem Zusammenhang empfiehlt es sich, ehestmöglich mit den Vorbereitungen für den Nachhaltigkeitsbericht zu beginnen, eine Wesentlichkeitsanalyse unter Einbeziehung relevanter Stakeholdergruppen durchzuführen und sich bei der Berichterstattung der GRI Standards zu bedienen, da die EFRAG sich bei der Erarbeitung des EU-Standards stark auf GRI Standards stützt.
Weiters empfiehlt sich, sich mit der TaxonomieVO im Detail auseinanderzusetzen, seine eigenen wirtschaftlichen Geschäftstätigkeiten zu definieren und mit den Anforderungen aus den technischen Bewertungskriterien sowie den „Do No Significant Harm“-Kriterien abzustimmen.
Die CSRD ist, kurz gesagt, ein Paradigmenwechsel in der Berichterstattung großer österreichischer Unternehmen und erfordert entsprechenden Einsatz bei der Umsetzung, die auch nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollte, da die CSRD auch einen Strafrahmen für die Nichteinhaltung der Vorgaben vorsieht. Und dieser Strafrahmen soll gemäß CSRD wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Wie die jüngsten Erfahrungen schon zeigen, haben Unternehmen, die sich dem Thema „Nachhaltigkeit“ umfassend und erfolgreich widmen, Vorteile am Kapitalmarkt, beim Rekrutieren von neuen Mitarbeitern und im Wettbewerb zu anderen Unternehmen. Eine erfolgreiche Implementierung der CSRD kann somit auch als große Chance für Unternehmen angesehen werden. Gerne unterstützen wir Sie dabei.
Empfohlene Artikel
Nachhaltigkeitsberichterstattung
NaDiVeG, GRI, SASB etc.
GRI Standards
Der erste richtige Standard in der Nachhaltigkeitsberichterstattung