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Stellt § 188 InvFG 2011 eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit dar?

Der VwGH stellt ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH, welches Fragen zum Vorliegen einer Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit enthält

Konkret möchte der VwGH vom EuGH wissen, ob es eine unzulässige Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit darstellt, wenn ausländische Investmentgesellschaften, die einer inländischen Körperschaft vergleichbar sind, in Österreich von der Rückerstattung der KESt ausgenommen werden, wenn sie materiell einem OGAW (Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren) entsprechen und daher im Inland nicht als Körperschaft tätig sein dürften, weil für derartige Gebilde in Österreich nur die Rechtsform als transparentes Sondervermögen vorgesehen ist (Besteuerung und KESt-Rückerstattung nur bei Anteilsinhaber:innen).

The Austrian Administrative High Court submitted a request for a preliminary ruling to the European Court of Justice addressing the existence of a restriction on the free movement of capital. In particular, the Administrative High Court questioned whether it constitutes a restriction of the free movement of capital if foreign investment companies which are comparable to a domestic corporation are exempt from the refund of withholding tax in Austria if they are materially equivalent to a UCITS (Undertakings for Collective Investments in Transferable Securities) and are therefore not allowed to operate as a corporation in Austria, because only the legal form of a transparent investment fund is allowed for such entities in Austria (taxation and withholding tax refund on the level of the unitholders).

 

Sachverhalt und bisherige Verfahrensverlauf


Der zugrundeliegende Fall betrifft eine in den USA ansässige Investmentgesellschaft, die als Teil eines amerikanischen "Trusts" wirtschaftliche Eigentümerin eines eigenständigen Teilvermögens ist. Die Investmentgesellschaft investiert vorwiegend in europäische börsenotierte Aktien und unterliegt in den USA einer Finanzmarktaufsicht.

Im Jahr 2013 wurden aufgrund von Portfoliobeteiligungen an zwei österreichischen börsenotierten Aktiengesellschaften Dividenden an die amerikanische Investmentgesellschaft ausgeschüttet. Die ausschüttenden Gesellschaften behielten die 25%ige KESt als Quellensteuer ein und führten sie an das Finanzamt ab.

Die Investmentgesellschaft stellte zunächst im Namen ihrer Anteilsinhaber:innen einen Antrag auf Herabsetzung der KESt nach dem Doppelbesteuerungsabkommen. Das Finanzamt setzte die KESt auf 15% herab und erstattete den Differenzbetrag zur einbehaltenen KESt zurück.

In der Folge beantragte die Investmentgesellschaft die Rückerstattung der verbleibenden Quellensteuer im eigenen Namen. Sie vertrat die Ansicht, dass unter Berücksichtigung des Unionsrechts auch Rechtsträgern aus Drittstaaten die Möglichkeit zur Beantragung einer Rückzahlung von entrichteten Quellensteuern offenstehe.

Das BFG gewährte die Rückerstattung der KESt, da die Investmentgesellschaft nach einem Typenvergleich einer österreichischen Körperschaft entspreche. Das Finanzamt erhob gegen diese Entscheidung Revision.

 

Fazit


Für den VwGH ist fraglich, ob es eine unzulässige Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit darstellt, wenn ausländische Investmentgesellschaften, die zwar einer inländischen Körperschaft vergleichbar sind, jedoch materiell einem inländischen Publikumsfonds entsprechen, welcher nur transparent ‑ dh nur auf Ebene der Anteilsinhaber:innen, nicht aber der Fondsgesellschaft ‑ besteuert wird, von der Rückerstattung der KESt ausgenommen werden.
Die Entscheidung des EuGH wird mit Spannung erwartet. Wir werden Sie diesbezüglich auf dem Laufenden halten.
 

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