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Sozialversicherungspflicht für Gewinnausschüttungen an Gesellschafter-Geschäftsführende

Für Zwecke der Sozialversicherung zählen zu den Einkünften aus sonstiger selbständiger Arbeit neben den Bezügen für die Geschäftsführungstätigkeit auch Gewinnausschüttungen.

Die Beitragspflicht ergibt sich aus § 25 Abs. 1 GSVG. Danach gelten
als Einkünfte einer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit, auch
die Einkünfte als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer und die Einkünfte einer zu einer Geschäftsführerin bestellten Gesellschafterin oder eines zu einem
Geschäftsführer bestellten Gesellschafter. 

Mit der Erkenntnis des VwGH 2011/08/077 stellte dieser klar, dass auch Gewinnausschüttungen in die Beitragsgrundlage einzubeziehen sind. Gewinnausschüttungen unterlagen daher bereits in der Vergangenheit der Beitragspflicht nach dem GSVG. Unabhängig davon erfolgte dazumal durch die SVS kein Einbezug der Gewinnausschüttung in die Beitragsgrundlage, weil schlicht und ergreifend die dafür benötigten Daten nicht vorlagen.

Durch die im Jahr 2016 eingeführte Meldeverpflichtung für Gewinnausschüttungen wurde dieser Mangel behoben. Gewinnausschüttungen an GSVG-pflichtige Gesellschafter-Geschäftsführende sind seitdem verpflichtend in der KESt-Erklärung (Ka1) zu melden.

In Ermangelung einer Rechtsgrundlage für den Datenaustausch zwischen der Finanzbehörde und der SVS, führte diese Meldeverpflichtung aber immer noch nicht zum Einbezug der Gewinnausschüttungen in die Beitragsgrundlage.

Diese Lücke wurde nun durch Anpassung der auf § 229a GSVG basierenden Verordnung zur Datenübermittlung BGBl. II 107/1998 mit BGBl 38/2020 geschlossen. Danach erfolgt eine Meldung an die SVS für nach dem 01.01.2019 zugeflossene und in der KESt-Erklärung eingetragene Gewinnausschüttungen. Gewinnausschüttungen bis 31.12.2018 werden nach derzeitigem Stand der Umsetzung der VO nicht der SVS gemeldet.

Nachfolgend informieren wir stark vereinfacht, die aktuelle Sichtweise der SVS berücksichtigend, unter welchen Voraussetzungen für Gewinnausschüttungen eine Beitrags- und Meldepflicht nach dem GSVG/FSVG besteht und veranschaulichen an einigen praktischen Fällen, die Komplexität der Fragestellung.

Wer ist nach GSVG/FSVG beitragspflichtig bzw. meldepflichtig?

Gesellschafter-Geschäftsführende können den folgenden Versicherungstatbeständen unterliegen:

  • Gesellschafter-Geschäftsführende einer wirtschaftskammerzugehörigen GmbH (§ 2 Abs. 1 Z 3 GSVG)
    Diese GmbH ist daher im Besitz eines Gewerbescheins.
  • Gesellschafter-Geschäftsführende einer nicht wirtschaftskammerzugehörigen GmbH (§ 2 Abs. 1 Z 4 GSVG)
    Darunter fallen die sogenannten „Neuen Selbständigen“ (=Auffangtatbestand).
  • Gesellschafter-Geschäftsführende einer nicht wirtschaftskammerzugehörigen GmbH, deren Tätigkeit unter das FSVG (= freiberuflich tätige GmbH) fällt (§ 2 Abs. 2 FSVG)
    Darunter fallen zum Beispiel Gesellschafter-Geschäftsführende von Ziviltechniker-GmbHs oder Ärzte-GmbHs, die in der Pensionsversicherung im FSVG pflichtversichert sind.

Die Beitragspflicht der Gewinnausschüttungen setzt das Vorliegen einer Pflichtversicherung voraus.

Die Meldeverpflichtung sieht eine Datenübermittlung aber nur für Ausschüttungen von GSVG-pflichtigen Gesellschafter-Geschäftsführenden vor.

Nachdem vorstehend angeführte Pflichtversicherungstatbestände an unterschiedliche Rechtsfolgen anknüpfen, kann die Klärung der Frage einer bestehenden Beitragspflicht und Meldepflicht für Gewinnausschüttungen nur mit richtiger Einordnung der bestehenden Pflichtversicherung vorgenommen werden. Nachfolgend werden grob die Beitrags- und Meldeverpflichtungen der einzelnen Versicherungstatbestände gegenübergestellt.

Gesellschafter-Geschäftsführende einer wirtschaftskammerzugehörigen GmbH

Beitragspflicht für Ausschüttungen

Unabhängig von der Höhe des Entgelts bzw. unabhängig davon ob überhaupt laufende Geschäftsführerbezüge ausbezahlt werden (Achtung: keine Kleinunternehmerbefreiung möglich), besteht immer eine Beitragspflicht.

Meldepflicht für Ausschüttungen

Da eine GSVG-pflichtige Gesellschafter-Geschäftsführerin oder ein GSVG-pflichtiger Gesellschafter-Geschäftsführer vorliegt, besteht eine Meldeverpflichtung.

Zu beachten ist jedoch, dass § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG immer eine direkte Beteiligung voraussetzt. Eine Beteiligung über eine Holding führt im Regelfall zur Pflichtversicherung § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG (neuer Selbständiger).

Gesellschafter-Geschäftsführende einer nicht wirtschaftskammerzugehörigen GmbH (Neue Selbständige)

Beitragspflicht für Ausschüttungen

Die Beitragspflicht knüpft an die Pflichtversicherung an. Ausschüttungen allein können keine Versicherung als Neuer Selbständiger begründen.

Eine Pflichtversicherung liegt nur dann vor wenn:

  • im Ausschüttungsjahr entweder die Versicherungsgrenze (2022 EUR 5.830,20) überschritten wurde oder eine Überschreitungserklärung vorliegt,
  • eine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführerin oder Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH vorliegt,
  • aufgrund dieser Geschäftsführertätigkeit § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG relevante Einkünfte vorliegen (dieser Umstand wird mit der KESt-Erklärung erklärt)

Wesentlich ist, dass eine bestehende Pflichtversicherung der Gesellschafter-Geschäftsführerin oder des Gesellschafter-Geschäftsführers aufgrund einer anderen Tätigkeit, keine Auswirkung auf die Beurteilung der Beitragspflicht für Ausschüttungen hat.

Meldepflicht für Ausschüttungen

Die Meldeverpflichtung setzt eine Pflichtversicherung voraus und orientiert sich daher an den Voraussetzungen, die auch für die Beitragspflicht bestehen. Lediglich im Fall des nachträglichen Überschreitens der Versicherungsgrenze eines Jahres besteht eine Diskrepanz zwischen Melde- und Beitragspflicht, da die KESt-Erklärung im Zeitpunkt der Ausschüttung einzureichen ist. Die nachträgliche Änderung des Pflichtversicherungstatbestandes einer Gesellschafter-Geschäftsführerin oder eines Gesellschafter-Geschäftsführers führt zu keiner Änderung der KESt-Erklärung.

Somit kann eine Beitragspflicht und eine Meldeverpflichtung nur einzelfallbezogen beurteilt werden.

Gesellschafter-Geschäftsführende, deren Tätigkeit dem FSVG unterliegt (=freiberuflich tätige GmbH)

Nach § 2 Abs. 2 FSVG sind Gesellschafter-Geschäftsführende von bspw. Ziviltechniker-GmbHs, Ärzte-GmbHs, in der Pensionsversicherung pflichtversichert.

Beitragspflicht für Ausschüttungen

Durch den Verweis von §§ 3 und 19 FSVG auf § 25 GSVG ist eine Beitragspflicht für Ausschüttungen gegeben.

Meldepflicht für Ausschüttungen

Für § 2 Abs. 2 FSVG pflichtversicherte Gesellschafter-Geschäftsführende besteht keine Meldeverpflichtung. Die VO sieht eine Meldeverpflichtung nur für GSVG-pflichtige Gesellschafter-Geschäftsführende vor.

Somit besteht zwar eine Beitragspflicht aber keine Meldeverpflichtung in der KESt-Erklärung. Eine Meldung der Ausschüttung an die SVS müsste selbständig vorgenommen werden. Eine unterlassene Meldung kann eine Verwaltungsstrafe iHv EUR 440,00 nach sich ziehen.

Wie wirkt sich die Ausschüttung auf die Beitragsgrundlage aus?

In die Beitragsgrundlage fließt die Bruttoausschüttung ein, das ist die Ausschüttung vor Abzug der Kapitalertragsteuer. Der zeitliche Einbezug in die Beitragsgrundlage erfolgt im Jahr des Zuflusses der Ausschüttung, unabhängig davon, aus welchem Jahresgewinn die Ausschüttung stammt. Gedeckelt ist die Beitragsgrundlage mit der allgemeinen Höchstbeitragsgrundlage.

Stellen SV-Beiträge für Ausschüttungen Betriebsausgaben dar?

Nicht abschließend geklärt ist die Abzugsfähigkeit der aufgrund von Gewinnausschüttungen anfallenden GSVG-Beiträge. Gewinnausschüttungen sind Einkünfte aus Kapitalvermögen, auf die der besondere Steuersatz anwendbar ist. § 20 Abs. 2 EStG normiert ein Abzugsverbot für Aufwendungen in Zusammenhang mit diesen Einkünften.

Da die Beitragspflicht ihren Ursprung in der Geschäftsführerfunktion hat, sollte das Abzugsverbot nicht zur Anwendung gelangen. Die Sozialversicherungsbeiträge müssten daher als Betriebsausgaben, der selbständigen Erwerbstätigkeit als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer abzugsfähig sein. Diese Ansicht wird auch großteils in der Literatur vertreten.

Spezialfälle bzw. Gestaltungsmöglichkeiten

Nachstehend werden die aus unserer Sicht relevantesten Sonderfälle aber auch Zweifelsfragen behandelt.

  • Versteinerung Beitragsgrundlage bei Pensionsantritt
    Soweit die (Nach-)Meldung der Ausschüttungen Zeiträume betrifft, für die iZm einem Pensionsfeststellungsverfahren vorläufige Beitragsgrundlagen „versteinert“, sprich endgültig festgesetzt wurden, erfolgt auch aufgrund der Ausschüttungen keine Änderung bzw. Erhöhung der Beitragsgrundlage mehr.
  • Geschäftsführende mit ASVG Pflichtversicherung
    Durch einen Wechsel vom GSVG ins ASVG kann eine Beitragspflicht für eine Ausschüttung vermieden werden. Dies ist jedoch nur bis zu einer Beteiligungshöhe von 49,99 % möglich und setzt insbesondere einen Dienstvertrag und das Nichtvorliegen einer Sperrminorität voraus.
    Eine derartige Konstellation müsste jedenfalls einzelfallbezogen beurteilt werden, da die Höhe der ASVG-Beiträge nicht unbeachtlich ist. Bei niedrigen Bezügen bzw. älteren Versicherten kann ein Wechsel aufgrund der geringeren Beiträge durchaus attraktiv sein.
  • Höchstbeitragsgrundlage GSVG und Ausschüttung
    Die Vorschreibung von Sozialversicherungsbeiträgen erfolgt jährlich nur bis zur Höchstbeitragsgrundlage (=HBGL) (2022: EUR 79.380,00). Ausschüttungen in Jahren, in welchen bereits die HBGL erreicht wurde oder das Zusammenfassen von Ausschüttungen in einem Jahr, führen zu keiner oder einer Reduktion der Beiträge aufgrund der Überschreitung der Höchstbeitragsgrundlage.
  • Handelsrechtliche Geschäftsführung vs. Gewerberechtliche Geschäftsführung
    Das Zurücklegen der handelsrechtlichen Geschäftsführung und die Übernahme der Funktion als reine gewerberechtliche Geschäftsführerin oder reiner gewerberechtlicher Geschäftsführer führt zu einer Versicherung nach dem ASVG als echte Dienstnehmerin oder echter Dienstnehmer. Eine Ausschüttung wäre demnach nicht beitragspflichtig.
  • Gesellschafterinnen und Gesellschafter mit Werkvertrag oder ohne Tätigkeit für die GmbH
    Für eine (reine) Gesellschafterin oder einen (reinen) Gesellschafter liegt nach dem Wortlaut des § 25 Abs. 1 GSVG für Ausschüttungen keine Beitragspflicht vor. Soweit es sich um eine Gesellschafterin oder einen Gesellschafter handelt, die oder der als neue Selbstständige oder neuer Selbständiger oder Einzelunternehmerin oder Einzelunternehmer mit Gewerbeschein, zwar keine Geschäftsführerin oder Geschäftsführer ist, aber im Werkvertrag für die GmbH tätig ist, sollte mangels Geschäftsführereigenschaft ebenfalls keine Beitrags- und Meldeverpflichtung bestehen. Zu dieser Fallkonstellation gibt es allerdings von der SVS bisher noch keine abschließende Aussage.
  • Ausschüttung als Einlagenrückzahlung
    Einlagenrückzahlungen führen weder zu einer Meldepflicht noch zu einer Beitragspflicht.
  • Aktuelle Lücke für Gesellschafter-Geschäftsführende ohne Einkommensteuer-Veranlagung
    Für Gesellschafter-Geschäftsführende ohne bescheidmäßig festgesetzte Einkünfte aus selbständiger Arbeit oder Gewerbebetrieb kommt es trotz Meldung in der KESt-Erklärung derzeit zu keiner Nachbemessung von Sozialversicherungsbeiträgen. An der Schließung der Lücke wird gearbeitet.

Fazit

Aufgrund des nunmehr funktionierten Datenaustausches zwischen der Finanzbehörde und der Sozialversicherungsanstalt werden Ausschüttungen seit dem 1.1.2019 bei Ermittlung der Beitragsgrundlage berücksichtigt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass jede Gewinnausschüttung automatisch sozialversicherungspflichtig ist. Die Klärung einer bestehenden Beitrags- und Meldeverpflichtung hat einzelfallbezogen zu erfolgen. Wir unterstützen Sie gerne bei Fragen in diesem Zusammenhang.

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