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(Steuer)Tipps zum Jahresende für kleine und mittlere Unternehmen

Gibt es Handlungsbedarf für Sie?

Nutzung des Zufluss-Abfluss-Prinzips beim Einnahmen-Ausgaben-Rechner

Mit gewissen Einschränkungen ist es möglich, durch Verschiebung bzw. Vorziehen der Zahlung von Einnahmen oder Betriebsausgaben, den Gewinn zu „gestalten“; zum Beispiel Vorziehen von Lieferantenzahlungen, Vorauszahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe der zu erwartenden Nachzahlung, Honorarvorauszahlung an die Steuberaterin bzw. den Steuerberater, entsprechendes Timing bei der Übermittlung von Ausgangsrechnungen an Kunden um Einnahmen noch ins laufende Jahr vorzuziehen oder ins Folgejahr zu verschieben. Analoges gilt auch beim Überschussrechner, insbesondere bei Ermittlung des Überschusses (der Einnahmen über die Werbungskosten) aus Vermietung und Verpachtung.

Investitionen noch vor dem Jahreswechsel

Für Anlagevermögen, das noch vor dem Jahresende angeschafft und auch in Betrieb genommen wird, ist eine steuerliche Halbjahres-Abschreibung möglich. Wirtschaftsgüter mit einem Anschaffungswert von nicht mehr als 800 Euro (GWG) können sofort abgeschrieben werden. Bei bestimmtem abnutzbaren Anlagevermögen besteht als Alternative zur linearen Abschreibung die Möglichkeit einer degressiven Abschreibung; hierbei ist ein fester, frei wählbarer Abschreibungssatz von bis zu 30% auf den jeweiligen Restbuchwert (unter Berücksichtigung der Halbjahres-Abschreibung) anzuwenden. Die degressive Abschreibung steht allen Gewinnermittlungsarten wie auch dem außerbetrieblichen Bereich offen. Für angeschaffte, hergestellte oder eingelegte Gebäude ist eine beschleunigte Abschreibung vorgesehen; im ersten Jahr bis zu 7,5% bzw. 4,5%, im darauffolgenden Jahr bis zu 5% bzw. 3%; ab dem zweitfolgenden Jahr 2,5% bzw. 1,5%. Die Halbjahres-Abschreibungsregelung ist dabei nicht anzuwenden, sodass auch bei Anschaffung oder Herstellung im zweiten Halbjahr die volle Jahresabschreibung zusteht.

Überprüfung von Abschreibungserfordernissen

In Vorbereitung auf die Bilanzierung sollte das Anlagevermögen kritisch auf mögliche Abschreibungserfordernisse durchgesehen werden. Dies betrifft sowohl die Werthaltigkeit als auch das Vorhandensein der Wirtschaftsgüter. Bei nicht mehr vorhandenen Wirtschaftsgütern ist der Restbuchwert auszubuchen.

Keine Gewinnverwirklichung bei unfertigen Erzeugnissen und noch nicht abrechenbaren Leistungen

Unfertige und fertige Erzeugnisse, Waren und noch nicht abrechenbare Leistungen sind in der Bilanz mit den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten anzusetzen, es unterbleibt somit eine Gewinnrealisierung. Darauf erhaltene Anzahlungen sind nicht ertragswirksam, sondern als Passivposten in der Bilanz zu erfassen.

Bewertung von Forderungen, Rückstellungen

Bestehende Forderungen sind zum Bilanzstichtag zu bewerten. Steuerlich anerkannt waren bis 31.12.2020 nur Einzelwertberichtigungen (keine pauschalen Wertberichtigungen) sowie unter bestimmten Voraussetzungen eine gruppenweise Bewertung (z.B. nach einzelnen Risikoklassen und Länderratings). Für Wirtschaftsjahre die nach dem 31.12.2020 beginnen (somit erstmals zum 31.12.2021) ist nunmehr auch steuerlich unter bestimmten Voraussetzungen eine pauschale Wertberichtigung von Forderungen zulässig; eine pauschale Wertberichtigung von Forderungsaltbeständen, die in früheren Wirtschaftsjahren entstanden sind, kann steuerlich verteilt auf fünf Jahre nachgeholt werden. Unverzinsliche Forderungen sind abzuzinsen. Für ungewisse Verbindlichkeiten und drohende Verluste aus schwebenden Geschäften sind entsprechende Rückstellungen zu bilden. Verbindlichkeitsrückstellungen durften bis 31.12.2020 nicht pauschal gebildet werden. Analog zur pauschalen Forderungswertberichtigung ist ab dem Jahr 2021 auch eine pauschale Bildung von Verbindlichkeitsrückstellungen unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich zulässig; Rückstellungsaltbestände können steuerlich verteilt auf fünf Jahre nachgeholt werden. Pauschale Drohverlustrückstellungen sind nachwievor ausgeschlossen.

Nutzung des Gewinnfreibetrages

Für natürliche Personen mit betrieblichen Einkünften, die mittels Bilanzierung oder Einnahmen-Ausgaben-Rechnung erfasst werden, steht ein Gewinnfreibetrag (GFB) zu. Der GFB beträgt 13% des Gewinns bis 175.000 Euro; für Gewinne, die diesen Betrag übersteigen, beträgt der GFB 7% des Gewinns bis 350.000 Euro; für darüber hinaus gehende Gewinne beträgt der GFB 4,5% des Gewinns bis 580.000 Euro; für Gewinne darüber steht kein GFB mehr zu.
Bis zu einem Gewinn von 30.000 Euro steht der GFB automatisch zu (Grundfreibetrag); für Gewinne über 30.000 Euro steht der GFB nur dann zu, wenn bis zum Jahresende Investitionen in begünstigte(s) Sachanlagevermögen und/oder Wertpapiere getätigt werden (investitionsbedingter Gewinnfreibetrag).

Begünstigt sind abnutzbare körperliche Wirtschaftsgüter mit einer Nutzungsdauer von mindestens vier Jahren (ausgeschlossen sind jedoch u.a. gebrauchte Wirtschaftsgüter, PKW/Kombi, GWG) sowie bestimmte begünstigte Wertpapiere, die dem Anlagevermögen mindestens vier Jahre gewidmet werden.

Wird eine Betriebsausgabenpauschalierung in Anspruch genommen, steht nur der Grundfreibetrag zu.

Verlustabzüge

Verluste aus kapitalistischen Mitunternehmerbeteiligungen sind bei natürlichen Personen nicht ausgleichsfähig, insoweit dadurch ein negatives steuerliches Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht. Derartige Verluste sind nur als Wartetastenverluste für künftige Gewinne (oder Einlagen) aus derselben Einkunftsquelle vortragsfähig. Ein Gesellschafter ist als kapitalistischer Mitunternehmer anzusehen, wenn er Dritten gegenüber nicht oder eingeschränkt haftet (insb. Kommanditist, atypisch stiller Gesellschafter) und keine ausgeprägte Mitunternehmerinitiative entfaltet (z.B. nicht oder weniger als 10 Wochenstunden in der Geschäftsführung tätig ist).

Vortragsfähige Verluste von natürlichen Personen sind zu 100% mit dem Gesamtbetrag der Einkünfte verrechenbar.

Ab dem Jahr 2016 können Verluste von Einnahmen-Ausgaben-Rechnern zeitlich unbegrenzt vorgetragen werden.

Nutzung der Einkommensteuer-Progressionsstufen

Das steuerpflichtige Einkommen bildet die Bemessungsgrundlage für die Steuerberechnung. Auf das Einkommen wird der Einkommensteuertarif angewendet. Der Tarif ist progressiv gestaltet. Dies bedeutet, dass das Einkommen gleichsam in einzelne Teile zu zerlegen und mit ansteigenden Steuersätzen, beginnend mit 0% für die ersten 11.000 Euro bis zu 55% für über 1.000.000 Euro hinausgehende Einkommensteile, zu besteuern ist.
Bei der Planung der jährlichen Gewinne bzw. des steuerpflichtigen Einkommens sollten „Ausreißer“ nach oben in höhere Progressionsstufen möglichst vermieden werden; dadurch reduziert sich nämlich die durchschnittliche Steuerbelastung bezogen auf einen Mehrjahreszeitraum.

Durch die 100%-ige Verlustverrechnung (siehe Vorabsatz) können die Vorteile der Steuerfreiheit von Einkommensteilen bis 11.000 Euro bzw. der niedrigeren Progressionsstufen des Einkommensteuertarifs nicht voll genutzt werden und gehen dann auch Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen ins Leere. In derartigen Situationen kann es daher geboten sein, das steuerpflichtige Einkommen bis zum Jahresende zu erhöhen (z.B. durch Vorziehen von Einnahmen oder Hinausschieben von Ausgaben beim Einnahmen-Ausgaben-Rechner oder Verschiebung von Investitionen ins nächste Jahr).

Spenden aus dem Betriebsvermögen

Spenden an begünstigte Spendenempfängerinnen und -empfänger sind bis zu 10% des Gewinns des laufenden Wirtschaftsjahres absetzbar; bei den Veranlagungen 2020 und 2021 ist hinsichtlich der 10%-Grenze auf die höhere Grenze aus der Veranlagung 2019 bzw. dem jeweiligen Veranlagungsjahr abzustellen. Die begünstigten Spendenempfängerinnen und -empfänger müssen in einer dafür vorgesehenen BMF-Liste eingetragen sein (ausgenommen freiwillige Feuerwehren und Landesfeuerwehrverbände); diese Liste ist auf der Homepage des BMF abrufbar. Daneben sind Geld- und Sachspenden in Katastrophenfällen steuerlich ohne Betragsbegrenzung als Betriebsausgaben abzusetzen, wenn sie mit einem Werbeeffekt verbunden sind.

Umsatzsteuer Kleinunternehmer*innenregelung

Die Kleinunternehmer*innengrenze liegt ab dem Jahr 2020 bei 35.000 Euro (netto, ohne Umsatzsteuer) pro Jahr; bestimmte steuerfreie Umsätze (wie z.B. aus ärztlicher Tätigkeit) sind bei der Ermittlung der Kleinunternehmer*innengrenze nicht zu berücksichtigen. Ein einmaliges Überschreiten der Kleinunternehmer*innengrenze in fünf Jahren um bis zu 15% ist möglich. Die Nutzung der Kleinunternehmer*innenregelung ist insbesondere dann von Vorteil, wenn keine größeren Vorsteuerbeträge aus bezogenen Leistungen angefallen sind bzw. künftig anfallen und ihre Kunden nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind.

Registrierkasse

Mit Ende des Jahres ist ein signierter Jahresbeleg auszudrucken, zu prüfen und mindestens sieben Jahre aufzubewahren. Die verpflichtende Überprüfung des Jahresbelegs kann manuell mit der BMF-Belegcheck-App oder automatisiert durch die Registrierkasse (bis spätestens 15. Februar des Folgejahres) durchgeführt werden. Zu beachten ist auch, dass das vollständige Datenerfassungsprotokoll zumindest quartalsweise (und damit auch zum Jahresende) auf einem externen Datenträger zu sichern und ebenfalls mindestens sieben Jahre aufzubewahren ist.

Neue Selbständige

Für „neue Selbständige“ besteht eine Pflichtversicherung in der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft, wenn die Versicherungsgrenze von 5.710,32 Euro im Jahr 2021 überschritten wird. Bei Feststellung der Pflichtversicherung erst nach Vorliegen des Einkommensteuerbescheides wird ein 9,3%-iger Strafzuschlag vorgeschrieben; dieser fällt nicht an, wenn das Überschreiten der Versicherungsgrenze binnen acht Wochen ab Ausstellung des maßgeblichen Einkommensteuerbescheides gemeldet wird.

Betriebsausgabenpauschalierung für Kleinunternehmer*innen (neu ab 2020)

Für Kleinunternehmerinnen und Kleinunternehmer (Umsatzgrenze netto 35.000 Euro) gibt es im Rahmen der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung eine neue Pauschalierungsmöglichkeit für Steuerpflichtige, die Einkünfte aus selbständiger Arbeit oder gewerbliche Einkünfte erzielen (gilt nicht für Gesellschafter-Geschäftsführer). Die pauschalen Betriebsausgaben können mit 45% (max. 18.900 Euro) bzw. bei Dienstleistungsbetrieben mit 20% (max. 8.400 Euro) von den Betriebseinnahmen abgezogen werden; daneben sind nur noch die bezahlten Beiträge zur Pflichtversicherung abziehbar. Der GFB-Grundfreibetrag steht auch bei dieser Pauschalierung zu. Ob diese neue Kleinunternehmer*innen-Pauschalierung im Vergleich zur vollständigen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung oder zur Basispauschalierung steuerlich vorteilhaft ist, ist immer im Einzelfall zu beurteilen.

Gastgewerbepauschalierung geändert ab 2020

Im Zuge des Wirte-Pakets zur Abfederung der Auswirkungen der COVID-19 Pandemie wurde die Gastgewerbepauschalierung geändert und der Anwendungsbereich erweitert. Die Ausgabenpauschalierung können alle Unternehmer in Anspruch nehmen, welche eine Berechtigung für das Gastgewerbe während des gesamten Jahres besitzen, deren Umsatz im vorangegangenen Jahr netto 400.000 Euro nicht überschritten hat und die auch nicht verpflichtend oder freiwillig eine doppelte Buchhaltung führen. Das Grundpauschale (15%), das Mobilitätspauschale (6%/4%/2%) und das Energie- und Raumpauschale (8%) sowie die jeweils maßgeblichen Höchstbeträge dieser Pauschalien wurden ab dem Jahr 2020 kräftig erhöht.

Steuerliche Behandlung von Covid-19-Förderungen

Es ist auch zu beachten, dass die meisten Covid-19-Förderungen bei der Berechnung der Einkommensteuer-Bemessungsgrundlage gewinn-(überschuss-)erhöhend zu berücksichtigen sind; mit Ausnahme der Vergütung für den Verdienstentgang für Selbständige nach Epidemiegesetz und der Zuschüsse (inkl. Comeback-Bonus) aus dem Härtefallfonds zur Abgeltung des Nettoeinkommensentgangs bzw. der Einkommensverluste.

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