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Arbeitsrechtliche Möglichkeiten im Zusammenhang mit der Corona-Krise

Angesichts des aktuellen Ausnahmezustandes aufgrund des Corona-Virus und der daraus resultierenden staatlichen Maßnahmen häufen sich nunmehr die Fragen zu arbeitsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten und einer staatlichen finanziellen Unterstützung für Unternehmen.

Innerbetriebliche Gestaltungsmöglichkeiten

In einem ersten Schritt sollten vor allem innerbetriebliche Gestaltungsmöglichkeiten abgewogen werden, insbesondere:

  • Abbau von Zeitguthaben bzw Urlaub oder eine Reduktion der Arbeitszeit: Bei diesen Maßnahmen ist das Einvernehmen mit dem Dienstnehmer herzustellen und es sollte aus Beweisgründen eine schriftliche Vereinbarung getroffen werden. Das nachweisliche Bemühen um einen Abbau ist grundsätzlich auch eine Voraussetzung für die Corona-Kurzarbeit. Bei Betrieben, die auf Basis des ersten COVID-19-Maßnahmenpaketes von Betretungsverboten oder Betriebsbeschränkungen betroffen sind, sind Arbeitnehmer verpflichtet, auf Verlangen des Arbeitgebers Urlaubsansprüche vergangener Jahre (Alturlaub) sowie offene Zeitguthaben zu verbrauchen; siehe hierzu im Detail auch im Beitrag zu den Änderungen durch das aktuelle COVID-19-Gesetzespaket in dieser Ausgabe.
  • Telearbeit („Homeoffice“): Telearbeit kann dann einseitig angeordnet werden, wenn eine vertragliche Grundlage dafür besteht, zB eine Versetzungsklausel oder eine Verpflichtung zur Verrichtung von Tätigkeiten im Homeoffice. Dies ist im Einzelfall anhand des Dienstvertrages zu beurteilen. Andernfalls muss Telearbeit nunmehr einvernehmlich vorab vereinbart werden.
  • Unbezahlter Urlaub (Aussetzung des Dienstverhältnisses): Bei Vereinbarung eines unbezahlten Urlaubes bleibt das Dienstverhältnis bestehen und die Bezüge ruhen währenddessen. Bei einer Dauer von bis zu einem Monat erfolgt keine Abmeldung bei der Pflichtversicherung und die SV-Beiträge sind demnach zu entrichten, wobei diese zur Gänze auf den Dienstnehmer überwälzt werden können.
  • Auflösung des Dienstverhältnisses: Bei Auflösung von Dienstverhältnissen im Einvernehmen oder durch Dienstgeberkündigung ist zu beachten, dass offene Ansprüche wie Urlaub, Zeitguthaben und gegebenenfalls die „Abfertigung alt“ ausbezahlt werden müssen. Zu beachten ist außerdem, dass sogenannte „Massenkündigungen“ vorab rechtzeitig beim AMS angezeigt werden müssen, ansonsten ist die ausgesprochene Kündigung bzw einvernehmliche Auflösung (auf Initiative des Dienstgebers) unwirksam. Von dieser Regelung sind vor allem Betriebe ab einer Anzahl von 20 Dienstnehmern bei beabsichtigten Beendigungen von mehr als fünf Dienstverhältnissen betroffen. Die diesbezügliche 30tägige Wartefrist kann auf Antrag beim AMS auch verkürzt oder erlassen werden. Bei einer Dienstgeberkündigung sind außerdem die normalen Kündigungsfristen einzuhalten (Vorsicht bei Dienstnehmern in Krankenstand). Eine mögliche Gestaltungsvariante könnte noch in einer einvernehmlichen Auflösung in Kombination mit einer Wiedereinstellungszusage liegen (auch hier Vorsicht bei Dienstnehmern in Krankenstand). Diesfalls muss zB eine „Abfertigung alt“ im Augenblick nicht ausbezahlt werden, wenn dies entsprechend vereinbart wird. VORSICHT: Die „Abfertigung alt“ wird fällig, wenn Dienstnehmer die Arbeit trotz Wiedereinstellungszusage nicht mehr antritt!
  • Corona-Kurzarbeit: Die bisher strengen Voraussetzungen für die geförderte Kurzarbeit wurden für die derzeitige Ausnahmesituation deutlich gelockert – siehe hierzu den eigenen Beitrag zur Corona-Kurzarbeit.

 

Entgeltfortzahlungsanspruch des Dienstnehmers

In einem zweiten Schritt gilt es zu prüfen, wie es betreffend Entgeltfortzahlung aussieht:

  • Entgeltfortzahlung bei behördlichen Maßnahmen: Bei behördlichen Maßnahmen nach dem Epidemiegesetz, wie insbesondere Absonderung (Quarantäne) und Betriebsschließungen hat der Dienstnehmer einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Zugleich besteht ein Rückerstattungsanspruch des Dienstgebers in der Höhe des regelmäßigen Entgelts, der SV-Dienstgeberanteile (und einen eventuellen Zuschlag nach dem Bauarbeiterurlaubs- und Abfertigungsgesetz) sowie des BV-Beitrages im System „Abfertigung neu“. Die Geltendmachung des Anspruches erfolgt mittels Antrag bei der die Maßnahme verhängende Bezirksverwaltungsbehörde binnen sechs Wochen ab Aufhebung der behördlichen Maßnahmen; siehe hierzu auch im folgenden Beitrag zu den sonstigen Unterstützungsmaßnahmen. ACHTUNG: Insofern keine Maßnahmen nach dem Epidemiegesetz vorliegen, was bei den meisten Schließungen ab dem 16.03.2020 der Fall ist, besteht für die Dauer der Schließung der Betriebsstätte kein Rückerstattungsanspruch!
  • Entgeltfortzahlung bei tatsächlicher Erkrankung (mit ärztlicher Krankmeldung): Bei tatsächlicher Erkrankung besteht ein Entgeltfortzahlungsanspruch des Dienstnehmers nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz bzw Angestelltengesetz. ACHTUNG: Unternehmen mit maximal 50 Dienstnehmern können bei länger als elf Tagen Krankenstand einen Zuschuss zur Entgeltfortzahlung bei der AUVA beantragen!
  • Entgeltfortzahlung bei Erkrankung wegen Ausreise oder Quarantäne in Länder mit Reisewarnung: Begibt sich der Dienstnehmer trotz Reisewarnung des Außenministeriums in eine betroffene Region und ist dadurch am Dienst verhindert, kann dieser den Entgeltfortzahlungsanspruch verwirken. Dies ist im Einzelfall zu prüfen.
  • Sonderbetreuungszeit: Werden Einrichtungen wie Schulen oder Kindergärten geschlossen, kann der Dienstgeber dem Dienstnehmer eine Sonderbetreuungszeit im Ausmaß von bis zu drei Wochen für die Betreuung von Kindern bis zum vollendeten 14. Lebensjahr gewähren. Dienstgeber haben in diesem Fall Anspruch auf Vergütung von einem Drittel des in der Sonderbetreuungszeit an die Dienstnehmer gezahlten Entgelts durch den Bund. Der Anspruch ist mit der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz gedeckelt und binnen sechs Wochen vom Tage der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen bei der zuständigen Abgabebehörde gelten zu machen. Diese Maßnahme gilt vorläufig bis 31.05.2020. Unabhängig davon gibt es die Möglichkeit, dass Dienstnehmer eine Freistellung aus wichtigen persönlichen Gründen für eine verhältnismäßig kurze Zeit in Anspruch zu nehmen, während der ebenfalls ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht. Diese Form der Freistellung ist grundsätzlich mit einer Woche beschränkt.

 

Arbeitspflicht und Ausblick

Dienstnehmer, die weder krank sind noch sich in behördlicher Quarantäne befinden, haben weiterhin ihrer Arbeitspflicht nachzukommen, sofern der Dienstgeber sie nicht aus eigenem Antrieb dienstfrei stellt (in diesem Fall besteht eine Entgeltfortzahlungspflicht ohne Ersatzanspruch gegenüber dem Bund). Erscheint der Dienstnehmer (zB aus Furcht vor einer Ansteckung) nicht zur Arbeit, besteht kein Entgeltfortzahlungsanspruch. Eine Verweigerung der Arbeitsleistung ist nur dann gerechtfertigt, wenn eine objektive Gefahr besteht sich mit dem Coronavirus anzustecken, zB wenn im unmittelbaren Arbeitsumfeld ein Erkrankungsfall bekannt wird (gilt nicht im Gesundheitsbereich).

In Anbetracht der Dynamik bleibt die weitere Entwicklung in diesen Bereichen und insbesondere die konkrete Abwicklung der Corona-Kurzarbeit abzuwarten. Wir halten Sie hierzu auf dem Laufenden bzw stehen Ihnen bei Fragen oder Anliegen jederzeit gerne zur Verfügung!

 

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