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Einführung des Bestellerprinzips in Österreich
Rechtstipp
Von einigen politischen Parteien wird es bereits seit Längerem gefordert. Bei unseren deutschen Nachbarn ist es schon seit 2015 in Geltung. Nunmehr wird es ab 2023 auch bei uns in Kraft treten: das Bestellerprinzip. Worum handelt es sich hierbei und was ändert sich für Maklerinnen und Makler, Eigentümerinnen und Eigentümer, Mieterinnen und Mieter und Hausverwalterinnen und Hausverwalter?
Das Bestellerprinzip im Immobilienmaklerrecht
Derzeit sind Immobilienvermittelnde zumeist als Doppelmaklerinnen und Doppelmakler tätig. Während die Eigentümerin oder der Eigentümer einer Immobilie zumeist den konkreten Vermittlungsauftrag erteilt, muss auch die Interessentin oder der Interessent mit der Maklerin oder dem Makler einen Vertrag schließen, welcher sie oder ihn dazu verpflichtet, im Falle des Geschäftsab-schlusses (Kauf- oder Mietvertrag) die Provision zu zahlen.
Der Abschluss des Maklervertrags durch die Interessentin oder den Interessenten erfolgt dabei in aller Regel durch Anklicken der entsprechenden Buttons in E-Mails, die von Maklerinnen und Makler mitsamt umfangreichen Informationen zu gesetzlichen Rücktrittsrechten versendet werden. Exposees bzw konkretere Informationen werden von Maklerinnen und Makler dabei (aus nachvollziehbarem Selbstschutz) erst nach Abschluss des Vertrages und nach einer ausdrücklichen Erklärung der Interessentin oder des Interessenten versendet, dass sie oder er das „vorzeitige Tätigwerden“ der Maklerin oder des Maklers wünscht und insofern auf ihr oder sein Rücktrittsrecht verzichtet.
Im Bereich der Vermittlung von Mietwohnungen wird dieses Prinzip der Provisionszahlung durch die Interessentin oder den Interessenten nunmehr durchbrochen. Die geplante Novelle des Maklergesetzes (Einfügung eines § 17a) sieht Folgende wesentliche Neuerungen vor:
Mietende Person als erster Auftraggeber: Wenn – wie es aktuell den Regelfall darstellt – die vermietende Person den Vermittlungsauftrag für eine konkrete Wohnung erteilt, kann künftig nur mehr von ihr eine Provision verlangt werden. Mit der mietenden Person kann nur dann rechtswirksam eine Provisionsvereinbarung geschlossen werden, wenn diese „als erster Auftraggeber“ an die Maklerin oder den Makler herantritt.
Nur Mietwohnungen: Diese Neuerung betrifft lediglich die Vermietung von Wohnungen. Im Rahmen des Verkaufs wird die Doppelvertretung weiterhin möglich sein. Eine weitere Ausnahme betrifft Dienstwohnungen. Wenn ein Dienstgeber Wohnungen anmietet, um sie seinen Dienstnehmenden als Dienstwohnungen zur Verfügung zu stellen, darf ihm eine Provision verrechnet werden.
Verbot von Umgehungen: Detaillierte Regelungen sollen die Umgehung des Bestellerprinzips verhindern. So wird die mietende Person auch dann nicht provisionspflichtig, wenn sie zwar als erster einen Vertrag mit der Maklerin oder dem Makler schließt, aber
- zwischen Vermieterin oder Vermieter und Maklerin oder Makler ein wirtschaftliches oder sonstiges Naheverhältnis besteht (zB Unternehmensbeteiligung, Verwaltungsvertrag, etc)
- die Vermieterin oder der Vermieter mit der Maklerin oder dem Makler schon zusammenwirkt aber von dem Abschluss eines Maklervertrags extra Abstand nimmt, um die mietende Person provisionspflichtig zu machen,
- oder die Maklerin oder der Makler die Wohnung (zwar ohne Maklervertrag), aber mit Einverständnis der vermietenden Person inseriert hat.
Als provisionsbegründend für die mietende Person bleibt also im Wesentlichen nur jener Fall, in dem sie einer Maklerin oder einem Makler ihre konkreten Vorstellungen schildert und sie oder ihn mit der Suche einer dementsprechenden Mietwohnung beauftragt.
Dokumentationspflichten: Immobilienmaklerinnen und Immobilienmakler müssen künftig jeden Maklervertrag über die Vermittlung eines Wohnungsmietvertrags unter Beifügung des Datums schriftlich oder auf einem dauerhaften Datenträger festhalten. Bei Geltendmachung eines Provisionsanspruchs gegenüber der mietenden Person muss die Maklerin oder der Makler zudem darlegen, dass keiner der oben beschriebenen Ausschussfälle vorliegt. Hier weist das Gesetz deutliche Unschärfen auf, die sicherlich im Rahmen des Begutachtungsverfahrens thematisiert und allenfalls noch konkretisiert werden. Es ist derzeit nämlich weder klargestellt, wie lange die Maklerin oder der Makler die Verträge aufbewahren muss – schon aus steuerlichen Gründen empfiehlt sich wohl für zumindest 7 Jahre – noch ist spezifiziert, wie der Umstand dargelegt werden soll, dass kein Ausschlussfall vorliegt (zB. kein Vertrag mit der vermietenden Person besteht). Diese Anforderung an die Maklerin oder den Makler zu stellen, ist eine wesentliche Abweichung von dem im österreichischen Prozessrecht geltenden Grundsatz, dass niemand fehlende Umstände / negative Tatsachen beweisen muss.
Rechtsfolgen bei Verstoß - Rückforderung: Eine entgegen den oben genannten Bestimmungen geschlossene Provisionsvereinbarung ist unwirksam. Eine darauf basierende Zahlung kann samt Zinsen (idR 4%) zurückgefordert werden. Die Verjährungsfrist beträgt dabei grundsätzlich 30 Jahre. Unklar ist auch, ob die Verjährungsfrist in Einzelfällen kürzer sein kann: Ein Verstoß gegen diese neuen Bestimmungen kann nämlich in bestimmten Fallkonstellationen auch gleichzeitig auch einen Verstoß gegen § 27 MRG bedingen. Diese Norm behandelt verbotene Zahlungen im Miet-recht (zB verbotene Ablösen) – hierauf gestützte Rückforderungsansprüche verjähren in 10 Jahren.
Verwaltungsstrafe: Zusätzlich zu der drohenden Rückforderung der Provision durch die mietende Person können auch Verwaltungsstrafen von bis zu EUR 3.600 verhängt werden. Bei Verstoß gegen die Dokumentations- und Offenlegungspflichten drohen Strafen bis EUR 1.500.
Der Gesetzesentwurf befindet sich derzeit in Begutachtung. Es wird damit gerechnet, dass die neue Regelung spätestens im Frühjahr 2023 tatsächlich in Kraft tritt.