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Die Pflicht zur Einrichtung eines Hinweisgebersystems

Rechtstipp

Die Whistleblowing-Richtlinie verpflichtet Unternehmen zur Einrichtung interner Whistleblowingkanäle bzw Hinweisgebersysteme. Österreich ist mit der Umsetzung dieser Richtlinie schon länger säumig. Nach Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens liegt jedoch der erste Entwurf des HinweisgeberInnenschutzgesetzes ("HSchG") vor. Obwohl Änderungen noch möglich sind, können sich Unternehmen bereits jetzt daran orientieren.

Wer und was ist geschützt?

Das HSchG sieht die verpflichtende Einführung eines Meldesystems in Unternehmen und juristischen Personen des öffentlichen Rechts vor, über das Hinweisgeber:innen bestimmte Missstände aufzeigen können, ohne dass sie in der Folge Repressalien fürchten müssten. Geschützt sind im Grunde sämtliche Mitarbeiter:innen, aber auch externe Personen wie etwa, Bewerber:innen, Mitarbeiter:innen von Lieferant:innen und Kund:innen. Umfasst sind bestimmte Rechtsverletzungen insbesondere in den Bereichen öffentliches Auftragswesen, Produktsicherheit, Datenschutz, Umweltschutz, Verbraucherschutz und diverse Korruptionstatbestände.

Zur Ermöglichung solcher Meldungen haben Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeiter:innen geeignete interne Meldesysteme einzurichten, welche die Vertraulichkeit und den Schutz der Identität von Hinweisgeber:innen sicherstellen. Derartige Whistleblowing-Systeme müssen auch anonyme Meldungen zulassen. Dabei ist jeder Hinweis grundsätzlich auf seine Stichhaltigkeit zu überprüfen. Einem Hinweis muss allerdings nicht nachgegangen werden, wenn er nicht in den (gesetzlichen oder selbst gewählten) Geltungsbereich des Systems fällt oder wenn aus ihm keine Anhaltspunkte für seine Stichhaltigkeit hervorgehen.

Arbeitsrechtliche Implikationen

Das zentrale Element des HSchG ist der Schutz von Hinweisgeber:innen vor Vergeltungsmaßnahmen für berechtigte Hinweise. Solche Maßnahmen sind rechtsunwirksam. Das HSchG schützt dabei insbesondere vor Maßnahmen wie Kündigung, Nichtverlängerung oder vorzeitige Beendigung eines befristeten Arbeitsvertrages aber auch vor Herabstufung oder Versagen einer Beförderung. Sollten Hinweisgeber:innen Maßnahmen wie Nötigung, Einschüchterung, Mobbing oder dergleichen erfahren, steht diesen Personen nicht nur die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes, sondern auch ein Schadenersatzanspruch zu. In Gerichts- und Verwaltungsverfahren müssen Hinweisgeber:innen erfahrene Benachteiligungen lediglich glaubhaft machen, dem:der Arbeitgeber:in obliegt sodann die Glaubhaftmachung, dass ein anderer Grund für die Maßnahme ausschlaggebend war (zB wirtschaftliche Gründe).

Datenschutzrechtliche Besonderheiten

Der Entwurf des HSchG ermächtigt ausdrücklich zur Verarbeitung personenbezogener Daten der Hinweisgeber:innen sowie der vom Hinweis oder von Folgemaßnahmen betroffenen Personen zum Zwecke des HSchG. Geht das im Einzelfall umgesetzte Hinweisgebersystem daher nicht über den vom HSchG abgesteckten Rahmen hinaus, begründet diese Regelung eine gesetzliche Verpflichtung zur Datenverarbeitung. Darüberhinausgehende Verarbeitungen, etwa im Rahmen von erweiterten Meldetatbeständen, müssten dagegen auf "berechtigte Interessen" gestützt werden. Sonderbestimmungen gibt es zur Verarbeitung von "sensiblen" Daten sowie von Daten über (potenzielle) Straftaten.

Zur Ermöglichung solcher Meldungen haben Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeiter:innen geeignete interne Meldesysteme einzurichten, welche die Vertraulichkeit und den Schutz der Identität von Hinweisgeber:innen sicherstellen. Derartige Whistleblowing-Systeme müssen auch anonyme Meldungen zulassen. Dabei ist jeder Hinweis grundsätzlich auf seine Stichhaltigkeit zu überprüfen. Einem Hinweis muss allerdings nicht nachgegangen werden, wenn er nicht in den (gesetzlichen oder selbst gewählten) Geltungsbereich des Systems fällt oder wenn aus ihm keine Anhaltspunkte für seine Stichhaltigkeit hervorgehen.Entgegen den bislang tendenziell eher kurzen gesetzlichen Speicherfristen sind personenbezogene Daten des Hinweisgebersystems nach dem derzeitigen Entwurf für 30 Jahre aufzubewahren und darüber hinaus so lange, als es für die Durchführung gerichtlicher oder verwaltungsbehördlicher Verfahren oder zum Schutz einer betroffenen Person erforderlich und verhältnismäßig ist. Protokolldaten sind überdies noch drei Jahre länger aufzubewahren. Die grundsätzlich bestehenden Rechte von betroffenen Personen, etwa auf Auskunft oder Löschung, können so lange eingeschränkt werden, als deren Ausübung die Zweckerreichung des HSchG oder den Schutz von Hinweisgeber:innen beeinträchtigen würden.

Fazit

Da gravierende Änderungen des HSchG nicht mehr zu erwarten sind, können sich Unternehmen bereits mit der Implementierung geeigneter Systeme und interner Prozesse auseinandersetzen. Dafür bleiben ab Inkrafttreten des HSchG sechs Monate Zeit. Für Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten besteht eine Schonfrist zur Umsetzung bis 18.12.2023. Im Hinblick auf die oftmals notwendigen Verhandlungen mit dem Betriebsrat sowie die Auswahl, Beschaffung und Implementierung eines geeigneten Systems, könnte diese Umsetzungsfrist für viele Unternehmen allerdings knapp bemessen sein. Daher gilt es keine Zeit zu verlieren, denn es drohen sonst Strafen von bis zu EUR 40.000.

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