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Quo vadis Steiermärkisches Zweitwohnsitz- und Wohnungsleerstandsabgabegesetz?

Nach langjährigen politischen Diskussionen hat im Oktober 2022 der steiermärkische Landesgesetzgeber auf die zunehmenden Spekulationen im Zusammenhang mit Grund und Boden entsprechend reagiert und das Steiermärkische Zweitwohnsitz- und Wohnungsleerstandsabgabegesetz ("StZWAG") erlassen und die Ferienwohnungsabgabe abgeschafft. Die Gemeinden wurden hiezu ermächtigt, leerstehende Wohnungen zu besteuern. Erklärtes Ziel der Politik war und ist es, eine Wohnraummobilisierung, positive Lenkungseffekte für und eine Entspannung am Wohnungsmarkt zu erreichen, sowie monetäre Anreize zur Vermeidung von Wohnungsleerstand zu schaffen.

Die kompetenzrechtliche Grundlage ist grundsätzlich für die Wohnungsleerstandsabgabe nicht existent. Für die Einhebung einer Zweitwohnsitzabgabe besteht jedoch eine explizite finanzverfassungsrechtliche Grundlage in § 16 FAG 2017 iVm § 8 Abs 1 F-VG. Der ständigen Rechtsprechung des VfGH folgend kommt den Bundesländern finanzverfassungsrechtlich die Befugnis zu, in den Schranken des F-VG neue Steuern zu erheben und haben die Möglichkeit somit über § 16 FAG 2017 hinaus neue Abgaben einzuheben. Voraussetzung ist, dass dies nicht durch die Bundeskompetenz eingeschränkt wird. Man spricht auch vom sogenannten Abgabenerfindungsrecht der Bundesländer. Die Schranken dieses „Erfindungsrechtes“ liegen insofern recht eng, zumal die Abgabe vom Besteuerungsgegenstand nicht denselben Regelungsgegenstand mit einer bereits bestehenden Bundesabgabe haben kann.

Mit dem StZWAG können somit die Gemeinden in der Steiermark aufgrund eines Beschlusses des Gemeinderats eine Wohnungsleerstandsabgabe und/oder eine Zweitwohnsitzabgabe einheben. Ob eine Abgabe eingehoben wird oder nicht, liegt zur Gänze im Ermessen der Gemeinde, was bisher auch zu teils in heftigen (politischen) Debatten gemündet hat und nicht selten zur gänzlichen Verhinderung in Gemeinderäten geführt. Die Wohnungsleerstandsabgabe wie auch die Zweitwohnsitzgabe eine ausschließliche Gemeindeabgabe ist, obliegt der Gemeinde nicht nur die Einhebung der Abgabe, sondern ihr fallen auch sämtliche Erträge nach § 6 Abs 1 Z 5 F-VG zur Gänze zu.

Der Abgabengegenstand umfasst sämtliche Wohnungen, an denen an mehr als 26 Kalenderwochen im Jahr keine Meldung als Hauptwohnsitz oder sonstiger Wohnsitz (Anknüpfung an das ZMR) vorliegt. Ein Wohnsitz einer Person ist dort begründet, wo sie eine Wohnung innehat - unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass sie die Wohnung beibehalten und benützen wird. Die Abgabenpflicht gilt nur für Wohnzwecke ausgestattete Wohnungen, die nicht bewohnt werden, da weder ein Haupt- noch ein sonstiger Wohnsitz an der jeweiligen Wohnungsadresse gemeldet ist, und diese daher iSd Gesetzes "leer stehen". Zumal das StZWAG an die formale Meldung (ZMR) anknüpft, ist die tatsächliche Nutzung der Wohnung für die Abgabenpflicht gänzlich außer Acht zu lassen.

Der Abgabensatz wird von den Gemeinden abhängig vom Verkehrswert der Liegenschaften in den Gemeinden festgelegt und durch Verordnung des Gemeinderats festzulegen, wobei das Gesetz eine Höchstgrenze vorgibt. Dabei ist auf den Verkehrswert der Liegenschaften in der Gemeinde stets Bedacht zu nehmen. Die maximale Abgabenhöhe für eine Wohnung mit 100 m2 beträgt EUR 1.000 pro Jahr. Die Höhe der Abgabe wird gemäß § 11 StZWAG nach der Nutzfläche der Wohnung und den Kalenderwochen im Jahr, an denen kein Wohnsitz gemeldet ist, bemessen.

Das Gesetz sieht auch zahlreiche Ausnahmetatbestände vor. Nicht von der Abgabe umfasst sind beispielsweise:

  • Bauten mit bis zu drei Wohnungen, in denen die Eigentümer:innen des Baus in einer der Wohnungen ihren Hauptwohnsitz haben;
  • Wohnungen, die anlässlich notwendiger Instandsetzungsarbeiten nicht länger als 26 Kalenderwochen im Jahr leerstehen;
  • betrieblich bedingte Wohnungen einschließlich solcher land- und/oder forstwirtschaftlicher Betriebe;
  • Vorsorgewohnungen für Kinder, höchstens jedoch eine Vorsorgewohnung pro Kind in der Steiermark;
  • Wohnungen, die von den Eigentümer:innen aus gesundheitlichen oder altersbedingten Gründen nicht mehr als Wohnsitz verwendet werden;
  • Wohnungen für die das Bundesdenkmalamt mit Bescheid die Denkmaleigenschaft festgestellt hat;
  • Wohnungen, die aufgrund behördlicher Anordnungen nicht vermietbar sind.

Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen gegenüber des StZWAG weiterhin. Im Jahr 1985 wurde bereits in Wien eine landesgesetzliche Leerstandsabgabe eingeführt. Dies wurde allerdings vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig eingestuft, da jene einen Übergriff auf das Gebiet der Wohnraumbewirtschaftung darstellte und gleichheitssatz- sowie kompetenzwidrig sei. Diese verfassungsrechtlichen Bedenken sollen durch die niedrige Abgabenhöhe in der Steiermark reduziert werden. Spannend bleibt, ob der Verfassungsgerichtshof erneut reagieren wird.

Das erklärte Ziel, dadurch eine Entlastung des Wohnungsmarkts zu bewirken, sei im Jahr 2024 dahingestellt. Das spekulative Leerstehenlassen von Wohnungen soll(te) durch die Wohnungsleerstandsabgabe somit unterbunden werden. In anderen Worten: Ziel der Einhebung einer Abgabe ist es, Vermieter dazu zu bewegen, ihre leerstehenden Immobilien zu vermieten, um dem durch Spekulationen drohenden Wohnungsnotstand entgegenzuwirken. Es sollen zudem auch die raumplanerischen Bestrebungen der Gemeinden unterstützt werden, um leistbaren Wohnraum als Existenzgrundlage für Menschen zur Verfügung zu stellen. Im Hinblick auf das Konjunkturpaket der Bundesregierung bleibt abzuwarten, ob das Instrument der Wohnungsleerstandsabgabe zahnlos bleibt, zumal die geringe Höhe für Spekulanten wohl kaum einen Anreiz schaffen kann.
 

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