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Update Whistleblowing: Das erwartet Unternehmen

Rechtstipp

Überblick

Nach längerer Säumigkeit wurde nun zur Umsetzung der EU Whistleblowing-Richtlinie (EU/2019/1937) das HinweisgeberInnenschutzgesetz (HSchG) endlich offiziell beschlossen und ist seit nunmehr 25.02.2023 in Kraft.

Das zentrale Element des HSchG ist der Schutz von Hinweisgeber:innen vor Vergeltungsmaßnahmen für berechtigte Hinweise im beruflichen Kontext.

Wer und was ist geschützt?

Das HSchG sieht die verpflichtende Einführung eines Meldesystems in Unternehmen und juristischen Personen des öffentlichen Rechts vor, über das Hinweisgeber:innen bestimmte Missstände aufzeigen können, ohne dass sie in der Folge Repressalien fürchten müssten. Geschützt sind im Grunde sämtliche Personen, die aufgrund ihrer dienstlichen Tätigkeit Kenntnis von Rechtsverstößen des betreffenden Unternehmens erlangen können, somit primär dessen eigene Mitarbeiter:innen, aber auch Mitarbeiter:innen von Lieferant:innen und Kund:innen. Allerdings gilt das HSchG u.a. nicht für die Verschwiegenheitspflichten der gesetzlich geregelten Gesundheitsberufe, Rechtsanwält:innen, Wirtschaftstreuhänder:innen, Notar:innen, Seelsorge- und Beichtgeheimnisse. Umfasst sind nach der Richtlinie etwa Rechtsverletzungen in Bereichen wie dem öffentlichen Auftragswesen, Finanzdienstleistungen, Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Produktsicherheit, Datenschutz, Umweltschutz oder Verbraucherschutz. Abweichend von der Richtlinie sind nach dem HSchG zudem auch diverse Korruptionstatbestände erfasst. Unternehmen können den Anwendungsbereich jedoch freiwillig ausdehnen, etwa zur Einbeziehung interner Richtlinien.

Zur Ermöglichung solcher Meldungen haben Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeiter:innen geeignete interne Meldesysteme einzurichten, die die Vertraulichkeit und den Schutz der Identität von Hinweisgeber:innen sicherstellen (der Schwellenwert gilt allerdings nicht für Unternehmen die im Bereich der Finanzdienstleistungen, Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Verkehrssicherheit und Umweltschutz tätig sind). Um kleinere Unternehmen in einem ersten Schritt zu entlasten, sind ab Inkrafttreten des HSchG zunächst nur Unternehmen ab 250 Mitarbeiter:innen verpflichtet binnen sechs Monaten interne Whistleblowing-Systeme einzuführen. Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeiter:innen sind spätestens ab 17.12.2023 zur entsprechenden Umsetzung verpflichtet.

Derartige Whistleblowing-Systeme sollen anonyme Meldungen zulassen. Mitarbeiter:innen bzw. Dritte, die das interne Whistleblowing-System betreuen, dürfen keiner sachfremden Einflussnahme ausgesetzt sein, wenn sie Hinweise entgegennehmen und weiterverfolgen. Sie müssen die Möglichkeit haben, unparteilich und unvoreingenommen vorzugehen. Dies sollte durch innerorganisatorische Vorkehrungen gewährleistet sein. In der Praxis hat es sich bewährt, dass Dritte (z.B. Rechtsanwält:innen) beauftragt werden, das Whistleblowing-System zu betreuen, um die geforderte Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit zu garantieren. Zudem hat dies den Vorteil, dass das System einer Einflussnahme durch Arbeitgeber:innen entzogen wird.

Grundsätzlich ist jeder Hinweis auf seine Stichhaltigkeit zu überprüfen. Einem Hinweis muss allerdings nicht nachgegangen werden, wenn er nicht in den gesetzlichen oder selbst gewählten Geltungsbereich des Systems fällt oder wenn aus ihm keine Anhaltspunkte für seine Stichhaltigkeit hervorgehen. Offenkundig falsche oder irreführende Hinweise sind zurückzuweisen.

Arbeitsrechtliche Implikationen

Das zentrale Element des HSchG ist der Schutz von Hinweisgeber:innen vor Vergeltungsmaßnahmen für berechtigte Hinweise. Maßnahmen, die in Vergeltung eines berechtigten Hinweises durch Vorgesetzte und Arbeitgeber:innen erfolgt sind, sind rechtsunwirksam. Das HSchG schützt dabei insbesondere vor Maßnahmen wie Kündigung, Nichtverlängerung oder vorzeitige Beendigung eines befristeten Arbeitsvertrages aber auch vor Herabstufung oder Versagen einer Beförderung, etc.

Sollten Hinweisgeber:innen Maßnahmen wie Nötigung, Einschüchterung, Mobbing oder dergleichen erfahren, steht diesen Personen nicht nur die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes, sondern auch ein Schadenersatzanspruch zu.

In gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren, in denen Hinweisgeber:innen geltend machen, dass sie durch eine der eben dargestellten Maßnahmen benachteiligt worden sind, ist der Umstand, dass die Maßnahme als Repressalie aufgrund des gegebenen Hinweises gesetzt wurde, lediglich glaubhaft zu machen. Dem oder der Arbeitgeber:in obliegt anschließend die Glaubhaftmachung, dass ein anderer Grund für die Maßnahme ausschlaggebend war (z.B. wirtschaftliche Gründe).

Datenschutzrechtliche Besonderheiten

Der Entwurf des HSchG ermächtigt ausdrücklich zur Verarbeitung personenbezogener Daten der Hinweisgeber:innen sowie der vom Hinweis oder von Folgemaßnahmen betroffenen Personen zum Zwecke des HSchG. Geht das im Einzelfall umgesetzte Hinweisgebersystem daher nicht über den vom HSchG abgesteckten Rahmen hinaus, begründet diese Regelung eine gesetzliche Verpflichtung zur Datenverarbeitung. Darüberhinausgehende Verarbeitungen, etwa im Rahmen von erweiterten Meldetatbeständen, müssten dagegen auf "berechtigte Interessen" gestützt werden. Sonderbestimmungen gibt es zur Verarbeitung von "sensiblen" Daten sowie von Daten über (potenzielle) Straftaten.

(Personenbezogene) Daten die im Rahmen des Hinweisgebersystems und der allenfalls dadurch ausgelösten Ermittlungen (z.B. Folgemaßnahmen) verarbeitet werden, sind für fünf Jahre aufzubewahren und darüber hinaus so lange, als es für die Durchführung gerichtlicher oder verwaltungsbehördlicher Verfahren erforderlich und verhältnismäßig ist. Protokolldaten (etwa betreffend Änderungen, Abfragen und Übermittlungen) sind überdies noch drei Jahre länger aufzubewahren. Die grundsätzlich bestehenden Rechte von betroffenen Personen, etwa auf Auskunft oder Löschung, können so lange eingeschränkt werden, als deren Ausübung die Zweckerreichung des HSchG oder den Schutz von Hinweisgeber:innen beeinträchtigen würden.

Fazit

Im Wesentlichen setzt das HSchG somit lediglich die Vorgaben der Richtlinie um. Abweichend von der Richtlinie sind nach dem HSchG zudem auch diverse Korruptionstatbestände erfasst. Allerdings wurden andere strafrechtlich relevante Tatbestände wie z.B. Untreue oder Betrug nicht aufgenommen. Für die Umsetzung bleiben den Unternehmen ab Inkrafttreten des HSchG sechs (bzw. zehn) Monate Zeit. Im Hinblick auf die Auswahl, Beschaffung und Implementierung eines geeigneten Whistleblowing-Systems, könnte diese Umsetzungsfrist für viele Unternehmen allerdings knapp bemessen sein.

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