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Private Photovoltaikanlage beeinträchtigt schutzwürdige Interessen der Wohnungseigentümer:innen
Rechtstipp
Angesichts der aktuellen Energiekrise und Strompreise als Folge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine suchen immer mehr Menschen und Unternehmen alternative Energieerzeugungsquellen. Darunter fallen vor allem auch Photovoltaikanlagen. Doch deren Errichtung auf Hausdächern ist gegenüber den übrigen Wohnungseigentümer:innen nicht ohne weiteres durchsetzbar, wenn diese durch die übermäßige Inanspruchnahme der Dachfläche keine weitere Anlage installieren können.
Im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) ist geregelt, unter welchen Voraussetzungen die anderen Wohnungseigentümer:innen ihre Zustimmung zu einer Änderung am Wohnungseigentumsobjekt nicht verweigern dürfen und eine nicht erteilte Zustimmung durch gerichtliche Entscheidung ersetzt werden kann:
Die geplante Änderung darf weder eine Schädigung des Hauses noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Wohnungseigentümer:innen zur Folge haben. Werden auch Allgemeinteile des Hauses in Anspruch genommen, muss die Änderung zusätzlich verkehrsüblich sein oder einem wichtigen Interesse des:der änderungswilligen Wohnungseigentümer:in dienen, es sei denn, es handelt sich um eine sogenannte „privilegierte Maßnahme“. Für privilegierte Maßnahmen, wie etwa die Errichtung von Strom-, Gas-, Wasserleitungen oder Beheizungsanlagen, müssen diese zusätzlichen Voraussetzungen gerade nicht erfüllt sein.
Unlängst hatte der Oberste Gerichtshof (OGH) über die Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem Dach, sohin einem Allgemeinteil, zu entscheiden. Die betreffende Wohnungseigentümerin wollte die mangelnde Zustimmung ihrer Miteigentümer:innen gerichtlich ersetzen lassen. Die Anlage sollte ca 80 % der Dachfläche bedecken. Sie stützte ihr Begehren darauf, dass damit weder eine Schädigung des Hauses noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer:innen einhergehen würde. Eine Photovoltaikanlage sei außerdem eine privilegierte Maßnahme.
Erst- und Zweitgericht wiesen den Antrag ab. Entscheidend war dabei das Ausmaß der zu beanspruchenden allgemeinen Dachfläche im Ausmaß von 80 %. Dies, so die Gerichte, würde dazu führen, dass die übrigen Wohnungseigentümer:innen das Dach in Zukunft kaum noch hätten nutzen können, was wiederum eine gravierende Ungleichbehandlung und somit eine wesentliche Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen darstellen würde. Es kam somit gar nicht mehr darauf an, ob diese Maßnahme als privilegiert anzusehen war, weil es schon an der Grundvoraussetzung (der mangelnden Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen) fehlte.
Der angerufene OGH bestätigte diese Entscheidungen der Vorinstanzen. Die geplante Dimensionierung der Photovoltaikanlage beeinträchtigt schutzwürdige Interessen der übrigen Wohnungseigentümer:innen. Diesen würde in Zukunft insbesondere die Möglichkeit genommen, eine eigene (Gemeinschafts)-Photovoltaikanlage auf dem Dach montieren zu lassen und dadurch eine Verbesserung der Liegenschaft im Interesse aller Wohnungseigentümer:innen zu bewirken.
Selbst in Zeiten wie diesen ist daher ab einer gewissen Dimensionierung von Energiegewinnungsanlagen das Einvernehmen mit den übrigen Wohnungseigentümer:innen (gleich ob natürliche oder juristische Personen) zu finden. Entscheidend ist stets, ob genügend Raum/Platz etc. bleibt, um auch den übrigen Wohnungseigentümer:innen eine gleiche Nutzbarkeit zu gewährleisten