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ESG - Hotelbetriebe im Wandel

In Zeiten steigender gesellschaftlicher und ökologischer Herausforderungen, mit dem Ende der Pandemie und mit neuen Regulierungen, ist das Thema Nachhaltigkeit in der Unternehmensführung unerlässlich geworden. Dies gilt ebenfalls für Hotellerie- und Tourismusbetriebe. Nachdem das Thema ESG (Environmental, Social, Governance) durch COVID-19 vorübergehend in den Hintergrund gerückt war, beeinflusst es die Branche nun verstärkt und wird zum entscheidenden Faktor für den Erfolg.

Das aktuelle Marktumfeld

1. Betreiberprofitabilität

Die Profitabilität von Hotelbetrieben steht vor Herausforderungen, die nicht zuletzt auf die hohe Inflation, gestiegene Betriebs- und Stromkosten und eine teilweise noch nicht erreichte Auslastung wie vor dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie zurückzuführen sind. Obwohl die durchschnittlichen Tagesraten gestiegen sind, reichen sie nicht immer aus, um die inflationsbereinigten Gewinne von 2019 zu erreichen.

2. Arbeitskräftemangel

Expert:innen prognostizieren bis 2035 einen zunehmenden Fachkräftemangel. Viele Unternehmen kämpfen damit, nicht nur qualifiziertes Personal, sondern auch generell Arbeitskräfte für unterschiedlichen Positionen zu finden. Um diesem Problem zu begegnen, könnte die Suche nach Arbeitskräften auch auf internationale Märkte ausgeweitet werden – mit möglichen Erleichterungen bei der Integration und bei Visa-Angelegenheiten.

3. Digitalisierung

Die Digitalisierung, der Einsatz von Vertriebstools und künstlicher Intelligenz stellen neue Herausforderungen aber auch Chancen zur Effizienzsteigerung und zur Verbesserung der Gästeerfahrung für Hotelbetreiber:innen und Eigentümer:innen dar. Der optimale Weg zur Integration digitaler Lösungen bleibt jedoch eine Herausforderung und beschäftigt die Unternehmen stärker denn je. Die Tourismusbranche sieht sich mit steigenden Anforderungen konfrontiert, die in zunehmendem Maße auf individuellen Bedürfnissen beruhen und eine erhebliche Menge an Informationen erfordern. Dies ist nicht nur auf veränderte Erwartungen der Gäste zurückzuführen, die ein modernes Datenmanagement voraussetzen, sondern auch auf die rasant wachsende Anzahl neuer Technologien. Durch die Integration von ESG-Kriterien in die Digitalisierungsstrategie können Hotelbetriebe nachhaltigere und kundenorientiertere Services anbieten.

4. Erhöhte Zinsen und Unsicherheit

Erhöhte Zinsen aus den letzten zwei Jahren haben den Transaktionsmarkt für Hotelimmobilien gewissermaßen eingebremst, da die aktuellen Renditen bei vielen Projekten nicht mehr ausreichen, um die Kapitalkosten zu decken. Der Markt steht aufgrund des signifikant und schnell gestiegenen Zinsniveaus sowie großer allgemeiner Unsicherheit im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise, hoher Inflation und zurückhaltenden Banken noch immer vor großen Herausforderungen. Eine mögliche Seitwärtsbewegung oder fallende Zinsen könnten den Markt wieder beleben. Der Ausblick für die kommenden Jahre ist ein heiterer - die langfristigen Zinsen beginnen bereits zu sinken, jedoch bisher nur gering.

EU-Taxonomie

Hotellerie- und Tourismusbetriebe stehen täglich vor der Herausforderung, sich nicht nur mit den oben genannten Aspekten auseinandersetzen zu müssen, sondern sie beschäftigen sich zusätzlich mit den oft aufgegriffenen Begriffen Nachhaltigkeit und EU-Taxonomie.

Ausgangsbasis der EU-Taxonomie ist das Pariser Klimaabkommen, mit dem Ziel die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C zu erreichen und zu diesem Zwecke die Förderung nachhaltiger Investitionen.

Die EU-Taxonomie definiert klare Kriterien für die Beurteilung von nachhaltigen Investitionen und betrifft damit nun auch Hotelbetriebe. Dazu gehören etwa die Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen, der Klimaschutz, die Anpassung an den Klimawandel, die nachhaltige Nutzung von Wasserressourcen und der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft. Für Hotelbetreiber bedeutet dies konkret die Vermeidung bestimmter Kunststoffprodukte, die Mülltrennung, die Reduzierung von Lebensmittelabfall und die Minimierung von Umweltverschmutzung.

Dieser Katalog bietet jedoch keine finale Determination und keine Aussagen über die finanzielle Performance. Er verpflichtet Unternehmen nicht direkt dazu, "grün" zu werden, setzt jedoch starke Anreize für eine nachhaltige Entwicklung. Um die Erfüllung dieser Kriterien zu überprüfen, werden technische Bewertungskriterien herangezogen, die sowohl den wesentlichen Beitrag zu einem oder mehreren Umweltzielen als auch die Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen anderer Umweltziele berücksichtigen. Zudem wird geprüft, ob sozialer Mindestschutz eingehalten wird, um eine umfassende und ausgewogene Nachhaltigkeitsstrategie zu gewährleisten.

Vielfach kritisiert wird die aktuell noch fehlende Vergleichbarkeit der Nachhaltigkeits-Berichterstattung. Der vorgegebene Spielraum ist bislang noch zu groß, weshalb weitere Reformen notwendig sind. Eine klare Darstellung von Best Practices kann die Implementierung erleichtern und zu einer branchenweiten Standardisierung beitragen.

Integration von ESG in Hotelbetreiberverträgen

Wie könnte man diese Ziele beispielweise aufgreifen und die Nachhaltigkeit in der Hotelbranche verankern? Eine Möglichkeit könnte die Integration von ESG-Kriterien in Hotelbetreiberverträge darstellen.

Durch die Anpassung dieser Verträge würde der Fokus von reinen "Best-Effort"- Zusagen auf feste Verpflichtungen zu nachhaltigem Verhalten verschoben werden. Diese Verträge sollen nicht nur die Rechte und Pflichten der Hotelbetreiber:innen und Eigentümer:innen in Bezug auf umweltfreundliches, sozial verantwortliches und ethisches Geschäftsverhalten definieren, sondern auch detaillierte Mechanismen für das Monitoring und die Messung der ESG-Leistungen festlegen. Dies würde zum wechselseitigen Datenaustausch und zur transparenten Kommunikation mit allen Beteiligten, einschließlich Angestellten und Gästen, führen. Dazu könnten Sanktionen bei Nichteinhaltung sowie Anreize für das Erreichen oder Übertreffen bestimmter Standards zwischen Liegenschaftseigentümern und Betreibern gehören. ESG-Reporting könnte ebenfalls integriert werden, um die Fortschritte und Einhaltung der ESG-Standards zu überwachen und die Glaubwürdigkeit zu stärken.

Fazit: Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil

Nachhaltigkeit und ESG bedeuten nicht nur moralische Verpflichtungen, sie bieten auch entscheidende Wettbewerbsvorteile in der Hotelbranche. Hotelbetreiber:innen als auch Immobilieneigentümer:innen sollten die Chancen erkennen, die sich aus einer verstärkten Nachhaltigkeitsorientierung ergeben, und diese in ihre Geschäftsstrategien integrieren. ESG wird in der Zukunft eine noch größere Rolle spielen und diejenigen, die frühzeitig handeln, werden besser auf die sich wandelnden Anforderungen des Marktes vorbereitet sein und können davon profitieren.
 

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