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Deloitte Studie ortet ungenutztes Arbeitskräftepotenzial bei Geflüchteten

  • Gute Absichten: Großteil der Unternehmen ist offen für Anstellung von Geflüchteten – tatsächliche Beschäftigtenzahlen sind aber verhältnismäßig niedrig
  • Neuer Beweggrund: Akuter Arbeitskräftemangel ist Hauptmotivation zur Beschäftigung von Geflüchteten
  • Große Unsicherheit: Komplexe rechtliche Rahmenbedingungen und hoher Aufwand schrecken Betriebe ab
  • Forderung nach gezielten Maßnahmen: Geflüchtete wünschen sich mehr Unterstützung auf persönlicher Ebene

Durch die prekäre Lage am Arbeitsmarkt rücken alternative Zielgruppen bei der Mitarbeitersuche immer mehr in den Fokus. Vor allem in der Beschäftigung von Menschen mit Fluchterfahrung bietet sich eine nachhaltige Antwort auf den Arbeitskräftemangel. Wie eine neue Deloitte Studie zeigt, schöpfen die heimischen Unternehmen dieses Potenzial aber noch nicht aus. Zwar sind viele Betriebe grundsätzlich bereit, geflüchtete Menschen einzustellen, doch die Unsicherheit aufgrund komplexer Rahmenbedingungen überwiegt.

Wien, 26. Jänner 2023 – Deloitte Österreich hat gemeinsam mit dem Social Business Sindbad rund 100 Unternehmensvertreterinnen und -vertreter zur Integration von Geflüchteten am Arbeitsmarkt befragt. Zusätzlich wurde im Rahmen einer Fokusgruppe Gespräche mit Geflüchteten geführt. Die Analyse zeigt: Trotz der prinzipiellen Offenheit beschäftigen nach wie vor nur wenige Betriebe Menschen mit Fluchthintergrund.

„Zwei Drittel der befragten Unternehmen stehen der Beschäftigung von Geflüchteten grundsätzlich positiv gegenüber“, betont Elisa Aichinger, Partnerin bei Deloitte Österreich. „Aber erst 43 % haben aktuell tatsächlich Menschen mit Fluchthintergrund eingestellt. Hier geht viel Potenzial verloren – vor allem, wenn man bedenkt, dass die Wirtschaft mehr denn je unter dem anhaltenden Arbeitskräftemangel leidet.“

Mitarbeitermangel ist Hauptmotivator

Grundsätzlich erkennen viele Unternehmen den wirtschaftlichen Hebel, der sich hier bieten würde. Denn mit der sich zuspitzenden Lage am Arbeitsmarkt hat sich auch der Motivationsfaktor für die Beschäftigung von Geflüchteten geändert: Wollte der Großteil der Unternehmen 2016 damit vordergründig noch einen Beitrag zur Integration leisten und Vielfalt fördern, steht mittlerweile bei 60 % der Betriebe der wirtschaftliche Aspekt im Fokus. Zum Vergleich: In der Umfrage vor fünf Jahren nannten lediglich 6 % den Arbeitskräftemangel als zentralen Beweggrund.

Der soziale Faktor ist dennoch von Bedeutung: Diversität im Unternehmen und das Wahrnehmen der gesellschaftlichen Verantwortung spielen bei einem Drittel der Betriebe weiter eine wichtige Rolle. „Viele Befragte sind der Meinung, dass die Wirtschaft ihren Beitrag zur Integration von Geflüchteten leisten sollte. Wie gut die Integration tatsächlich gelingt, hat auch unmittelbare Auswirkungen auf die Zukunft unseres Wirtschaftsstandortes. Die Unternehmen sind hier der entscheidende Erfolgsfaktor“, weiß die Deloitte Expertin.

Komplexe Rahmenbedingungen bremsen Integration

Bei der Anstellung von Geflüchteten stehen die Unternehmen vor zahlreichen Herausforderungen. Vor allem Unklarheiten hinsichtlich rechtlicher und regulatorischer Rahmenbedingungen (48 %), das Fehlen passender Bewerbungen (56 %) sowie der hohe Aufwand für die Integration und Schulungen (52 %) machen ihnen zu schaffen. Die Betriebe haben deshalb klare Wünsche: Eine einfachere Vermittlung von qualifizierten Personen (51 %), eindeutigere Regularien (52 %) und mehr Transparenz in Bezug auf die Qualifikationen (45 %) würden laut den Befragten die Integration am Arbeitsmarkt vereinfachen.

„Derzeit gibt es noch viel Unsicherheit, gerade in Bezug auf die rechtlichen Rahmenbedingungen. In diesem Zusammenhang braucht es einerseits einfachere sowie nachvollziehbare Regelungen und andererseits mehr Aufklärung“, erklärt Aichinger.

Dauerhaftes Engagement für erfolgreiche Integration

Menschen mit Fluchthintergrund stoßen am Arbeitsmarkt auf zahlreiche Hürden. Laut ihnen sind es vor allem unzureichende Sprachkenntnisse, fehlende Praxiserfahrung und hierzulande nicht anerkannte ausländische Ausbildungen, die es erschweren in Österreich Fuß zu fassen. Als Integrationsmaßnahmen wünschen sie sich vor allem solche, die sich auf die persönliche Ebene auswirken. Mentoring, Sensibilisierung ihrer Kolleginnen und Kollegen oder zusätzliche Feedbackgespräche zählen beispielweise dazu. Viele Unternehmen setzen darüber hinaus auch auf strukturelle Maßnahmen.

„Buddy-Systeme, strukturiertes Onboarding oder das Angebot von Deutschkursen kommen in den Betrieben am häufigsten zum Einsatz. Sie können Geflüchteten den Einstieg in ein Unternehmen erleichtern, gezielte Maßnahmen der Führungskräfte sowie eine sensibilisierte Belegschaft sind für den langfristigen Integrationserfolg aber essenziell. In der Praxis hat sich deshalb eine Mischung aus individuell zugeschnittenen und strukturellen Maßnahmen bewährt“, fügt Elisa Aichinger abschließend hinzu.

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