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OGH 9 ObA 125/22f: Abfertigung alt und Altersteilzeit
Die Berücksichtigung erfolgsabhängiger Vergütungsbestandteile bei der Berechnung der gesetzlichen Abfertigung
Überblick
Unlängst nahm der OGH in seiner Entscheidung 9 ObA 125/22f zum Verhältnis zwischen Altersteilzeit, der Gewährung von Ergebnis- und Erfolgsprämien sowie daran anknüpfend zur Berechnung etwaiger Ansprüche aus einer gesetzlichen Abfertigung Stellung. In diesem Zusammenhang wurden insbesondere die Fragen behandelt, inwiefern ein Anspruch auf vertraglich vereinbarte Ergebnis- und Erfolgsprämien auch in der „Freizeitphase“ einer Alterszeit zusteht und wie sich dies möglicherweise auf die Berechnung eines Abfertigungsanspruches auswirken könnte.
Sachverhalt
Der Kläger war über mehrere Jahrzehnte als Angestellter beim beklagten Arbeitgeber tätig, wobei für den Zeitraum ab dem 01.12.2017 bis zum 30.11.2020 eine Vereinbarung betreffend Altersteilzeit im Sinne des § 27 AlVG getroffen wurde. Für die Altersteilzeit wurde ein sogenanntes „Blockmodell“ mit einer Arbeitsphase bis zum 31.05.2019 und einer anschließenden Freizeitphase vereinbart. In dieser Vereinbarung wurde unter anderem festgelegt, dass die Abfertigung ALT auf Grundlage des monatlichen Bruttogehalts im letzten Monat des Arbeitsverhältnisses berechnet wird (entsprechend den gesetzlichen Voraussetzungen für die Förderung gemäß § 27 Abs. 2 Z 4 AlVG).
Der betreffende Dienstnehmer erhielt zudem seit 2009 jährliche Erfolgsprämien in unterschiedlicher Höhe. Diese über- bzw. außerkollektivvertraglichen Vergütungsbestandteile wurden ihm zuletzt für den Zeitraum von Januar bis Mai 2019 mit den Monatsgehältern Februar, März, Mai und November 2020 (somit also erst im darauffolgenden und letzten Arbeitsjahr) ausbezahlt. Während des Zeitraums vom 01.12.2017 bis zum 31.05.2019 (d.h. während der Arbeitsphase des Altersteilzeitmodells) bestand der Anspruch des Klägers auf die vertraglich vereinbarte Ergebnis- und Erfolgsprämie zu 100% (anstatt dass diese beispielsweise aufgrund der anschließenden Freizeitphase entsprechend der Teilzeitvereinbarung aliquotiert wurde). Ebendiese Ergebnis- und Erfolgsprämie wurde jedoch nicht mehr in die Berechnung des Abfertigungsanspruchs einbezogen.
Die dem Sachverhalt zugrundeliegende Rechtsfrage bezog sich daher somit insbesondere darauf, wie die Zuordnung einer über Jahrzehnte gewährten leistungsabhängigen Erfolgsprämie, welche im letzten Jahr vor der Beendigung des Dienstverhältnisses während der Freizeitphase eines Blockmodells der Altersteilzeit nicht mehr gewährt wurde, in die Berechnung der gesetzlichen Abfertigung einzufließen hat, selbst wenn sie erst im letzten Jahr des Arbeitsverhältnisses ausgezahlt wurde.
In seiner Klage forderte der betreffende Dienstnehmer die Zahlung der Ergebnis- und Erfolgsprämien sowie der Bonifikationen für den Zeitraum von Juni 2019 bis November 2020 (Freizeitphase) sowie einen Unterschiedsbetrag, der sich aus der ausgezahlten gesetzlichen Abfertigung und der gesetzlichen Abfertigung unter Berücksichtigung der zusätzlichen Entgelte ergeben hätte.
Rechtliche Beurteilung durch die Gerichte
Die Vorinstanzen wiesen die Klage in allen Punken ab und gaben dem Beklagten somit vollumfänglich recht. Das Berufungsgericht verwies dabei in Bezug auf die Auszahlung der zusätzlichen Entgelte auf die Vereinbarung zwischen den Parteien. Gemäß dieser Vereinbarung haben nur "ganzjährig Beschäftigte" Anspruch auf diese Leistungen. „Leistungsorientierte Entgelte“ können im Umkehrschluss folglich auch nur jenen Arbeitnehmer:innen zustehen, die tatsächlich (das ganze Jahr über) Leistungen für den Arbeitgeber erbracht haben. Der Ausschluss einzelner Arbeitnehmer:innen von möglichen Beteiligungen und Erfolgsprämien in der Freizeitphase eines Blockmodells sei daher gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin während der Arbeitsphase trotz Teilzeitverpflichtung den vollen Anteil an der Leistungsprämie erhalten hat und die Prämie als freiwillige und überkollektivvertragliche Leistung anzusehen ist. Die Voraussetzungen für den Ausschluss lägen demnach in casu vor und der klagende Dienstnehmer habe die entsprechende Erfolgsbeteiligung zurecht nicht erhalten. Auch der OGH bestätigte diese Rechtsansicht in oben genanntem Urteil und stellte somit einmal mehr klar, welche Entgeltbestandteile (wann) in die Berechnung einer gesetzlichen Abfertigung einzubeziehen sind.
Monatsentgelt für den letzten Monat als Grundlage für die gesetzliche Altersabfindung
Aus der Judikaturlinie des OGH lässt sich klar der Stellenwert der Privatautonomie bei Vereinbarungen zur Ausgestaltung einer Altersteilzeit erkennen. Demnach können die Parteien in aller Regel weitestgehend frei vereinbaren, wie die Rahmenbedingungen ausgestaltet werden sollen. Insbesondere kann der (öffentlich-) rechtliche Gesetzesrahmen (vgl. u.a. § 27 AlVG) in aller Regel nicht als Rechtsgrundlage zur Geltendmachung etwaiger weiterer Ansprüche gesehen werden.
Hinsichtlich der Grundlage für die Berechnung des Abfertigungsanspruchs gilt, dass im Regelfall jedenfalls das im letzten Monat des Arbeitsverhältnisses fällige Entgelt ausschlaggebend ist. Darüber hinaus können regelmäßig gezahlte Prämien (wie in dem vorliegenden Fall geschehen) nur dann für die Abfertigungsberechnung berücksichtigt werden, wenn sie im letzten Jahr des Arbeitsverhältnisses fällig sind und nicht, wenn der Anspruch nur für frühere Zeiträume besteht und bloß im letzten Jahr des Arbeitsverhältnisses ausgezahlt wird. Dasselbe gilt auch für Entgeltansprüche, die aus einem Zeitguthaben resultieren, wenn das Ende des Durchrechnungszeitraums vor dem letzten Jahr des Arbeitsverhältnisses liegt.
Fazit
Insbesondere in Fällen von laufenden Altersteilzeitvereinbarungen bei Dienstverhältnissen mit (überkollektivvertraglichen) Prämienmodellen, können sich aufgrund der jüngsten höchstgerichtlichen Judikatur zu diesem Thema einige Neuerungen ergeben. In diesem Zusammenhang ist trotz der weitreichenden Privatautonomie bei der Vereinbarung jedenfalls empfehlenswert, aktuelle sowie geplante Altersteilzeitmodelle auf die Vereinbarkeit mit der geltenden Rechtslage überprüfen zu lassen.