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Ferienjobs und Praktika aus arbeits- und lohnabgabenrechtlicher Sicht

Fallstricke und Stolperfallen bei der Beschäftigung von Ferialarbeiter:innen, Praktikant:innen und Volontär:innen

Überblick

In Österreich nutzen viele Jugendliche und junge Erwachsene vor allem in den Sommermonaten die Möglichkeit, ein (Pflicht-)Praktikum zu absolvieren, erste berufliche Erfahrungen zu sammeln oder ihr Einkommen aufzubessern. Aus lohnabgabenrechtlicher Sicht gilt dabei der Grundsatz, dass Praktikum nicht gleich Praktikum ist. Abhängig davon, ob „Praktikant:innen“ in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit tätig werden, oder ob tatsächlich der Ausbildungszweck im Vordergrund steht, liegt – unabhängig von der Bezeichnung – entweder ein Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten (insb. arbeitsrechtliche Ansprüche wie das kollektivvertragliche Mindestentgelt etc.) oder aber ein „echtes“ Praktikum vor. Dieser Beitrag soll eine übersichtliche Einordnung über die verschiedenen Beschäftigungsvarianten bieten.

Das „echte“ Praktikum im Verhältnis zum klassischen Ferialjob aus arbeitsrechtlicher Perspektive

„Das Praktikum" als solches ist arbeitsrechtlich nicht definiert, sondern ist vielmehr abhängig von der tatsächlichen Ausgestaltung entweder als echtes Dienstverhältnis oder aber als Volontariat bzw. Ausbildungsverhältnis zu qualifizieren. Eine klare Unterscheidung ist dabei essenziell, da im Fall eines Dienstverhältnisses arbeitsrechtliche Ansprüche (z.B. Urlaub, kollektivvertragliche Entgeltansprüche, Entgeltfortzahlung bei Krankheit etc.) bestehen, die für echte Praktika im Regelfall nicht vorgesehen sind. Ob das Praktikum nach schul- oder studienrechtlichen Regeln vorgegeben oder freiwillig ist, ist arbeitsrechtlich grundsätzlich nicht von Bedeutung. Auch die Bezeichnung als Volontariat, Ausbildungsvertrag oder Praktikum ist unerheblich. Entscheidend für die Beurteilung sind ausschließlich die tatsächlichen Umstände, wobei von der Judikatur unter anderem die untenstehenden Abgrenzungskriterien herausgearbeitet wurden, die nunmehr auch in der Praxis zur Abgrenzung herangezogen werden können.

Arbeitsverhältnis 

Praktikum / Volontariat 

Persönliche Arbeitspflicht  Grundsätzlich keine Arbeitspflicht 
Weisungen hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort, Arbeitsabfolge  Keine bzw. weniger Bindung an Arbeitszeit, Arbeitsort oder Arbeitsabfolge 
Arbeitsleistung steht im Vordergrund  Ausbildungszweck steht im Vordergrund 
Erbringung von „verwertbaren“ Arbeitsleistungen (zB Servieren im Gasthaus, Sortieren von Karteikarten im Rahmen eines Schulpraktikums etc.)  Keine Erbringung „verwertbarer“ Arbeitsleistungen 

 

 

Lohnabgabenrechtliche Auwirkungen

Abhängig von der Frage, ob ein „echtes“ Praktikum oder ein Dienstverhältnis iSd § 4 Abs 2 ASVG vorliegt, treffen den Dienstgeber unterschiedliche Beitrags- und Meldepflichten im Bereich der Sozialversicherung. Im Falle eines Dienstverhältnisses nach § 4 Abs 2 ASVG ist der Ferialpraktikant wie sonstige Dienstnehmer zur Sozialversicherung anzumelden. Es gelten in diesem Fall dieselben Regeln wie für „reguläre“ Dienstnehmer. Ergibt sich aus der Beurteilung des Sachverhalts demgegenüber, dass tatsächlich ein Praktikum bzw. ein Volontariat vorliegt und besteht kein Anspruch auf ein „Taschengeld“, hat auch keine Anmeldung bei der ÖGK zu erfolgen. Unabhängig davon besteht jedoch auch bei Volontären gem § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG eine Teilversicherung in der Unfallversicherung, weshalb die Beschäftigung jedenfalls bei der zuständigen Landesstelle der AUVA anzumelden und ein geringer Unfallversicherungsbeitrag (2024: 17 Cent pro Kalendertag) zu entrichten ist. Diese Melde- und Beitragspflicht an die AUVA entfällt wiederum, wenn es sich um ein Pflichtpraktikum (das heißt ein Praktikum, das aufgrund schul- oder studienrechtlicher Vorschriften verpflichtend geleistet werden muss), da das Praktikum diesfalls bereits durch die Unfallversicherung für Schüler und Studierende abgedeckt ist.

Besteht ein Anspruch auf ein Taschengeld unter der Geringfügigkeitsgrenze, sind die Praktikant:innen als geringfügig Beschäftigte noch vor Dienstantrit bei der ÖGK anzumelden. Besteht ein Anspruch auf ein Taschengeld über der Geringfügigkeitsgrenze, sind die Volontär:innen bzw. Praktikant:innen ebenfalls bei der Österreichischen Gesundheitskasse anzumelden und es kommt zu einer Vollversicherungspflicht (mit den jeweiligen beitragsrechtlichen Konsequenzen).

Ist das (Ferial-)Praktikum als Dienstverhältnis anzusehen, treffen den Dienstgeber auch im Bereich der Lohnsteuer dieselben Verpflichtungen wie bei „regulären“ Dienstnehmer:innen (d.h. insbesondere Abfuhr der Lohnsteuer, Führung eines Lohnkontos etc.). Dasselbe gilt nach der Verwaltungspraxis auch dann, wenn tatsächlich ein „echtes“ Praktikum vorliegt und ein Taschengeld bezahlt wird.

Aus praktischer Sicht ist bei der Vereinbarung eines Taschengeldes zudem zu berücksichtigen, dass dies auch als ein Indiz für ein Dienstverhältnis (zur Abgrenzung siehe oben) gewertet werden könnte. Bei der Gewährung eines Taschengelds sollten daher aus Dienstgebersicht die sonstigen Merkmale eines Volontariats bzw. Praktikums (inbs. keine Arbeitsverpflichtung, Ausbildungszweck im Vordergrund etc.) klar dargelegt werden können. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass einige Kollektivverträge Sonderregeln im Zusammenhang mit Praktika vorsehen, weswegen jedenfalls vorab eine Einzelfallprüfung zu erfolgen hat.

Fazit

Je nach Branche und abhängig von der genauen Ausgestaltung eines solchen „Praktikums“, treffen den Dienstgeber mitunter weitreichende lohnabgaben- und arbeitsrechtliche Verpflichtungen. Zu prüfen gilt im Einzelfall daher jedenfalls vor Beginn einer solchen Beschäftigung, wie das „Praktikum“ in seiner tatsächlichen Ausgestaltung rechtlich zu qualifizieren ist. Nur wenn tatsächlich ein „echtes“ Praktikum bzw. Volontariat vorliegt, kann dieses Verhältnis auch anders als reguläre Dienstverhältnisse behandelt werden.

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